Bürgerversammlung Niederbergkirchen
„Stinksauer“: Breitband-Ausbau bringt den Bürgermeister auf die Palme
Die Schülerzahlen steigen, nicht aber die Bandbreiten für das Internet: Bei der Niederbergkirchener Bürgerversammlung blickte Bürgermeister Werner Biedermann zufrieden zurück auf das vergangene Jahr. Aber es trieb ihm wegen des Glasfaserausbaus auch die Zornesröte ins Gesicht.
Niederbergkirchen – „Ich bin mittlerweile stinksauer!“ Biedermann konnte seine Wut nicht zurückhalten, als er bei seinem Rechenschaftsbericht auf den Breitbandausbau in seiner Gemeinde zu sprechen kam. Nachdem im vergangenen Jahr die maßgebende Förderichtlinie für den Breitbandausbau aus seiner Sicht völlig überraschend eingestellt worden sei, liege nun eine neue Förderrichtlinie vor, die den Gigabitausbau vorgesehen hätte.
Gerade noch so in die Förderung geschlüpft
Im Markterkundungsverfahren sei daraufhin festgestellt worden, dass 411 Adressen förderfähig wären. Eine Förderzusage habe man für das zweite Quartal 2024 erwartet, ein entsprechender Ausbauvertrag im selben Jahr. Als Umsetzungszeit waren drei bis fünf Jahren genannt. „Und heute Mittag erreichte uns dann die Mitteilung, dass Niederbergkirchen gerade noch in das Verfahren aufgenommen wird, Niedertaufkirchen allerdings nicht mehr, weil der Fördertopf mit seinen drei Milliarden Euro total überzeichnet ist!“
Verwaltung macht sich viel Arbeit - letztlich umsonst?
Verärgert ist Biedermann deswegen, weil es nicht das erste Mal gewesen sei, dass sich die Verwaltung jede Menge Arbeit macht, um die optimalen Fördersätze abzuschöpfen und dabei stets alle drei VG-Gemeinden mit ins Boot genommen habe, damit noch zusätzliches Geld generiert werden konnte. „Warum wird so ein Topf mit nur drei Milliarden Euro befüllt?“
In Berlin werden kostenlose Kindergartenplätze angeboten, aber beim Gigabit-Ausbau fehlt das Geld, so Biedermann, der den Sinn des Länderfinanzausgleichs infrage stellte. „Sollten wir unsere Kindergartenplätze auch kostenlos anbieten, damit dann mehr Geld nach Bayern fließt?“ In Indien gebe es ein besseres Netz als in Deutschland, fuhr Biedermann fort. „Doch hier sind wir in Sachen Breitband Entwicklungsland.“ Eigentlich sei die Zeit reif, dass man den Netzausbau endlich mal fertigbringt, bevor man seine Kraft in neue Technologien investiert.
Kindergarten war eine Punktlandung
Wie man Sachen richtig angeht, dafür zeugte dann aber der Rechenschaftsbericht des Bürgermeisters, der zum Beispiel den Anbau des bestehenden Kindergartens, der 2021 fertiggestellt wurde, als Glanzstück herausgestellt hat. „Der Anbau wurde mit einer Punktlandung abgeschlossen. Die Baumaßnahme befand sich genau im Zeitfenster und hat nicht einen Euro mehr gekostet als berechnet wurde. Und das als öffentliche Hand!“ 1,5 Millionen Euro seien gut investiertes Geld für die „Kinder, die Zukunft der Gemeinde“. 1,1 Millionen Euro seien als Förderung geflossen.
Schülerzahlen steigen drastisch an
Und Betreuungsplätze braucht die Gemeinde, in der im Übrigen auch die Grundschule gut ausgelastet ist. Vier Klassen werden aktuell in Niedertaufkirchen und Niederbergkirchen unterrichtet, von insgesamt 80 Schülern sprach Biedermann – Tendenz steigend. Mit Blick auf die Geburtenrate werde die Schülerzahl in den nächsten Jahren auf 120 bis 125 ansteigen.
Froh sei er, dass vor etlichen Jahren eine Wassergenossenschaft gegründet wurde, die sich um das Leitungsnetz im Ort kümmert. Mehrere Wasseranschlüsse seien hergestellt worden, zwei Druckminderungsanlagen werden ebenfalls erneuert. Aufgrund der Kostensteigerungen sei mit einer Erhöhung der Gebühren zu rechnen, die aktuell bei 0,75 Euro pro Kubikmeter liegen. Biedermann rechnet auch mit einer Erhöhung des Abwasserpreises, der aktuell bei 3,20 Euro liegt.
Die Installation von Durchflussmessgeräten (20.000 Euro) und der größere Aufwand für den Betrieb des Kanalsystems werde sich auch hier auf die Gebühren auswirken. In Zeiten von trockenen Sommermonaten mahnte Biedermann ein Umdenken in der Gesellschaft an. Ein Pro-Kopf-Verbrauch von 200 Litern am Tag sei einfach zuviel. Auch Maßnahmen zur Regenrückhaltung auf dem eigenen Grundstück regte er an.
Niederbergkirchen packen selbst an und sparen so Geld
Dass die Niederbergkirchener gerne selbst anpacken, damit es bei notwendigen Maßnahmen nicht zu Kostenexplosionen kommt, ist kein Geheimnis. Weil der Bauhof am Ende die Asphaltierung des Weges entlang der Schule selbst in die Hand genommen hatte, reduzierten sich die dafür veranschlagten Kosten von 200.000 auf 75.000 Euro. „Geld, das woanders ebenso sinnvoll eingesetzt werden kann“, so Biedermann, der auch den Ausbau der Gemeindeverbindungsstraße „Kinninger Straße“ verkündete. Die Gesamtkosten gab er mit 700.000 Euro an, 407.000 Euro sei der voraussichtliche Eigenanteil der Gemeinde. Als Nächstes sollen diverse Kiesstraßen asphaltiert werden.
Gute Finanzen, aber Wagenbauer warnt vor Größenwahn
Finanziell ist die Gemeinde den Aufgaben der nächsten Jahre gewachsen. Das wurde beim Haushaltsbericht des Geschäftsleiters der Verwaltungsgemeinschaft Rohrbach, Georg Wagenbauer, deutlich. Das Haushaltsvolumen in diesem Jahr liegt mit 4,67 Millionen Euro nur unwesentlich unter den Zahlen von 2022 (5,04 Millionen Euro). Von den 180.000 Euro Schulden können 2023 rund 22.500 Euro getilgt werden. Um die Investitionen zu tätigen, muss die Gemeinde zwar in den Rücklagentopf greifen, doch dieser ist gut gefüllt, von 2,74 Millionen Euro werden laut Haushaltsplan am Ende des Jahres 2,37 Millionen Euro übrig bleiben.
Konsequent war der Schuldenabbau der vergangenen acht Jahre: 2015 lag die Pro-Kopf-Verschuldung noch bei 448 Euro, 2023 wird sie auf 129 Euro sinken. Man kann also selbstbewusst in die Zukunft blicken, doch Wagenbauer mahnt weiter zur Sparsamkeit: Die Gemeinde ist solide aufgestellt, aber wir dürfen nicht größenwahnsinnig werden. Wir steuern schwierigen Zeiten entgegen, wir müssen und genau überlegen, wofür wir das Geld ausgeben!“