Wertschöpfung vor Ort
Goldgräber-Stimmung bei Windkraft und Solarenergie: Mühldorfs Kommunen sollen mitmischen
Vom Bau einer Freiflächen-Photovoltaikanlage profitieren Grundstücksbesitzer und Investor. Wenn es nach Landrat Max Heimerl ginge, dann könnten auch die Gemeinden ein Stück vom Gewinn abhaben. Bei der Bürgerversammlung in Niederbergkirchen erklärte er das Konzept.
Niederbergkirchen – „Es herrscht Goldgräberstimmung“, begann Max Heimerl mit Blick auf die Errichtung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen und auch Windkraftanlagen. Die Errichtung solcher Anlagen sollte, ginge es nach dem Willen Heimerls, am besten zentral koordiniert werden. „Landkreiswerk“ heißt der Titel dieses Konzeptes, worüber der Mühldorfer Kreistag in seiner Sitzung am kommenden Freitag (27. Oktober) beraten will.
„Ziel des Regionalwerks ist es, Kapazitäten und auch Kompetenzen zu bündeln und so Energieprojekte schneller, kooperativer und effektiver auf den Weg zu bringen“, sagte Heimerl und berichtete von einem Treffen von Gemeindevertretern in Aschau, bei dem dieses Regionalwerk vor einer Woche vorgestellt wurde.
Hintergrund der Überlegungen: Nicht nur Landwirte, die Flächen zur Verfügung stellen, und Investoren sollten von den Erträgen von Solar- und Windparks profitieren, sondern auch Gemeinden. „Man kann Gewinne machen“, verdeutlichte Heimerl. Und zwar nicht nur mit Solarstrom, sondern auch mit Windrädern. „Je schlechter der Standort, umso größere Subventionen fließen“, sagte Heimerl, der offen zugab, dass Windräder nirgends schön seien und auch „künstlich wirtschaftlich gemacht“ würden. Aber die Technologie sei da, man dürfe der Windkraft nicht hinterherlaufen, sondern könne jetzt noch den Bau solcher Anlagen kommunal steuern und beeinflussen. Eine Planungshoheit, die wegfallen würde, wenn Standorte erst einmal als privilegiert gelten, weil die Klima-Ziele bei der Erzeugung von regenerativer Energie vor Ort nicht erreicht werden.
Finanzielle und organisatorische Synergien schaffen
Wie es dazu in einer Presseerklärung aus dem Landratsamt Mühldorf heißt, sieht das Konzept den Aufbau eines sogenannten „Landkreiswerks“ vor. „Durch die gemeinsame Projektierung und Planung von Erneuerbare-Energie-Projekten im Landkreis können finanzielle und organisatorische Synergien geschaffen werden. Zudem bleibt die Wertschöpfung in den Kommunen, wodurch auch die Akzeptanz vor Ort erhöht wird. Die Kommunen können ihre Pläne und Konzepte untereinander und mit den Netzbetreibern abstimmen“, wird darin Wirtschaftsförderer Tom Perzl zitiert. Langfristig können die Kommunen und ihre Bürger mit günstigem, erneuerbarem Strom versorgt werden.
Das Wichtigste ist die Flächensicherung
Das Wichtigste sei die Flächensicherung, betonte Heimerl bei der Bürgerversammlug in Niederbergkirchen, um im nächsten Schritt darauf Projekte zu entwickeln. Dazu zähle, neben der Ermittlung geeigneter Flächen, die Flächensicherung durch Pachtverträge mit den Eigentümern, die Einholung von Genehmigungen und sonstiger Gutachten. Die Finanzierung und die Errichtung der Anlagen eines Projekts solle dann aber aufgrund der besseren Finanzierbarkeit in separaten Gesellschaften erfolgen.
40 Freiflächenanlagen und drei Windparks in zehn Jahren möglich
Nach der Entwicklung eines Projekts im Landkreiswerk, werden, so der Plan, die Rechte an die Gesellschaft verkauft, wodurch im Landkreiswerk die angefallenen Kosten gedeckt werden und gegebenenfalls darüber hinaus ein Gewinn erzielt wird, der allen beteiligten Gebietskörperschaften zugutekommt. „Für den Bürger und Unternehmen könnte vor Ort kostengünstiger Strom angeboten werden“, machte Heimerl deutlich, der ein Rechenexempel folgen ließ.
Der Landkreis könne sich mit 150.000 Euro pro Jahr einbringen. Je nach Beitragssatz pro Einwohner, Heimerl kalkulierte mit fünf Euro, seien unter Berücksichtigung der Beteiligung von ausreichend vielen Gemeinden zusätzlich 150.000 bis 300.000 Euro möglich. Mit einer halben Million Euro pro Jahr, so führte Heimerl weiter aus, könnten 40 Freiflächenanlagen und drei Windparks in zehn Jahren projektiert werden. Man stehe in den Startlöchern, es fehle lediglich am Grundsatzbeschluss des Kreistags, der die Richtung vorgeben soll.
Man könne schon jetzt ohne eine Baugenehmigung Windräder in sogenannten Vorranggebieten bauen, lediglich Gutachten zum Immissionsschutz seien noch nötig. In diesem Zusammenhang verwies er auf ein aktuelles und kontrovers diskutiertes Projekt im sogenannten Eiglwald, einem Areal an der Landkreisgrenze, das sich zu zwei Dritteln auf Traunsteiner Seite und zu einem Drittel auf Mühldorfer Seite, bei Oberneukirchen, befindet. Windmessungen seien bereits durchgeführt, artenschutzrechtliche Gutachten in Auftrag gegeben worden. Heimerl: „Es sind dort viele Grundstückseigentümer betroffen, aber man kann schon jetzt davon ausgehen, dass auf Traunsteiner Seite Windräder entstehen werden. Die Frage stellt sich: Ist man dabei oder nicht? Will ich die Windräder nicht nur anschauen, sondern auch davon profitieren?“
Niederbergkirchens Bürgermeister Werner Biedermann hat sich bereits dahingehend geäußert, dass man sich dem Beitritt zum Regionalwerk nicht verschließen werde. Knapp 6000 Euro im Jahr seien für die Gemeinde zu verschmerzen. Über einen Beitritt berät und beschließt der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung im November.
Kein großes Interesse an Nahwärmeversorgung in Niederbergkirchen
Um den Bedarf an einer Nahwärmeversorgung in der Gemeinde Niederbergkirchen zu ermitteln, wurden an die Haushalte im Bereich der Alois-Wiesböck-Straße, im Dachsweg, in der Ettichinger Straße sowie in der Friedrich-Siller-Straße, der Rohrbacher Straße sowie für den Schmidkapellenweg Fragebögen ausgeteilt.
Insgesamt wurden 125 Haushalte befragt und es gingen 58 Rückmeldungen ein, in denen ein grundsätzliches Interesse an einem Anschluss an ein Fernwärmenetz bekundet wurde. Das Institut für Systemische Energieversorgung an der Technischen Hochschule in Landshut hat diese Informationen ausgewertet und kam zum Ergebnis, dass die Nachfrage zu gering sei, um ein Wärmenetz wirtschaftlich in die Tat umzusetzen.
Wie dazu Bürgermeister Werner Biedermann bemerkte, sei Nahwärme auf Basis von Hackschnitzel offensichtlich eher unattraktiv. „Mein Ansinnen wäre ohnehin eine Biogasanlage, die als Genossenschaft betrieben werden, und sowohl Strom als auch Wärme liefern könnte!“