Tradition am Josefitag
Deswegen zieht es die Sepperl am 19. März auf den Wendelstein
Ein ganzer Bus voller Sepperl: Es ist am Josefitag zur Tradition geworden, dass Josefs, Josefas und Josefines aus dem nördlichen Landkreis Mühldorf eine Fahrt in die Berge unternehmen. Stets ist der Wendelstein Ziel ihrer Tagesfahrt. Und das hat einen besonderen Grund.
Niederbergkirchen – Um 7.10 Uhr geht‘s los mit dem Bus in Richtung Berge. Der Wendelstein ist das Ziel, wenn der Bus von Schönberg aus erst einmal die Nachbargemeinden abfährt und die weiteren Ausflügler zusteigen lässt. Was die meisten Mitfahrer gemein haben: Sie heißen Sepp, Josef, Josefa oder einfach Bepperl. Sie alle feiern am Dienstag, 19. März, Namenstag.
Der Wendelstein ist das Ziel
Das tun sie seit einigen Jahren stets mit dem ein und demselben Ziel in 1838 Metern Höhe. „Das hat 2016 begonnen. Von Schönberg aus sind wir mit dem Kleinbus nach Brannenburg gefahren, um dann die Zahnradbahn zum Berggipfel zu besteigen“, erinnert sich Josef Gebler aus Schönberg. Hintergrund: Am Josefitag, dem Tag seines Namenspatrons, lockt der Wendelstein mit einem besonderen Angebot. Alle Sepperl haben nur an diesem einen Tag nämlich freie Fahrt auf den Wendelstein. „Natürlich dürfen am Josefitag auch Personen mitfahren, die nicht Sepperl heißen. Aber die müssen die Fahrt mit der Bahn halt zahlen“, sagt Gebler.
Alte Bekannte in 1838 Metern Höhe
Und die Fahrt ist teuer: Immerhin 42 Euro sind das in diesem Jahr, ein Betrag, den sich sämtliche Josefs sparen. „Es gilt übrigens auch der Josef als Zweitname“, weiß Gebler. So sei bislang auch der ehemalige Sprecher der Schönberger Vereine August Brams zu einem Freiticket gekommen, weil dessen Zweitname eben Josef laute, weiß Gebler.
Das gesparte Geld investieren die Seppen aus dem nördlichen Landkreis schon seit mehreren Jahren lieber in einen Bus, der sie nach Brannenburg chauffiert. Denn aus dem Kleinbus ist schon nach dem ersten Ausflug ein größerer Reisebus geworden. „Als wir nämlich am Wendelstein angekommen sind, haben wir festgestellt, dass da einige Josefs aus unserer Gegend da waren. Aus Niederbergkirchen. Also haben wir uns dazu entschlossen, das zukünftig zusammen zu machen“, verrät Gebler.
Sepp Schnürer, ehemaliger Sportvereinsvorstand des SV Niederbergkirchen war damals ebenfalls auf die Idee gekommen, die Freifahrt mit der Zahnradbahn zu nutzen. Und er möchte den Ausflug nicht mehr missen: „Da kommen die Josefs von beiden Seiten auf den Wendelstein. Mit der Zahnradbahn und mit der Seilbahn. Oben am Gipfel ist dann die große Zusammenkunft. Und man trifft immer wieder auch dieselben Leute, die man vom Vorjahr schon kennt“, schwärmt Schnürer.
Volksfeststimmung am Berg
Musik, Gstanzl, Hochzeitslader, Weißwürst: Der Tag werde auf den Hütten am Berg tatsächlich wie ein Feiertag begangen, berichtet Schnürer weiter. Freilich sind es zumeist Personen, die sich auch unter der Woche Zeit nehmen können, ihren ganz besonderen Namenstag zu begehen, Rentner, die sich nicht mehr freinehmen müssen. „Aber als ich noch gearbeitet habe, hab ich mir halt Urlaub genommen“, sagt Josef Gebler. Seit 2018 ist er Rentner, muss also niemanden mehr fragen, wenn er ins Mangfallgebirge aufbricht. Der jüngste Josef, der mal mitgefahren ist, war gerade Mal fünf Jahre alt, erinnert sich Sepp Schnürer, „der Opa, auch ein Sepp, hatte seinen Enkel mitgenommen. Den Kleinen hat‘s aber nicht so recht interessiert“, sagt Schnürer.
Anders ein Mühldorfer TV-Sender. Der Macher von Mühldorf TV, ebenfalls sein Josef, hat sich vor sechs Jahren mal angeschlossen und über den Ausflug einen Film gedreht.
Frühmorgens geht‘s los in die Berge
Am nächsten Dienstag (19. März) sind es immerhin 23 Personen, die in den Bus steigen werden. Der hält ab frühmorgens in den Gemeinden rund um Schönberg, damit die Ausflügler zusteigen können „Ein paar wenige Plätze haben wir noch frei“, sagt Gebler. „Und die müssen auch nicht alle Sepperl heißen!“
Wer Lust hat, sich der Reisegruppe anzuschließen, kann sich noch bei Josef Gebler unter der Telefonnummer 08637/7244 melden.
Seit 1969 kein Feiertag mehr in Bayern – dafür anderswo
Früher war der Josefitag am 19. März ein Feiertag. Papst Pius IX. hat den Heiligen Josef im Jahr 1870 zum Patron der gesamten Kirche erklärt. Seit 1621 steht der Josefstag als Fest im römischen Kalender. Was nur wenige wissen dürften: Der Josefstag wird gerne bundesweit als dezentraler Aktionstag von Einrichtungen der Jugendsozialarbeit in katholischer Trägerschaft genutzt.
In einigen Bundesländern in Österreich, etwa in Vorarlberg, Kärnten, Tirol und in der Steiermark, ist am 19. März immer noch schulfrei. Auch in überwiegend katholisch geprägten Kantonen in der Schweiz ist der Josefitag noch heute ein Feiertag, ebenso in Liechtenstein, in Kolumbien und in den spanisch autonomen Gemeinschaften Murcia und Valencia.
In Bayern wurde der 19. März als Feiertag jedoch abgeschafft, das war 1969 der Fall. Doch wird der Heilige Josef seit 1955 als „Josef, der Arbeiter“ von der römisch-katholischen Kirche als Patron der Arbeiter verehrt. Seitdem wird Josef auch am 1. Mai von der Kirche gefeiert. Und das ist ja auch ein Feiertag – auch wenn es an diesem Tag keine Freifahrten für die Bepperln auf den Wendelstein gibt.
