Ein Lager im Garten von Schloss Adlstein
Mittelalter live: Mit dem „Inn-Gsindl“ 700 Jahre zurück in die Vergangenheit
Die Gruppe „Inn-Gsindl“ aus Mühldorf zeigt im Schlossgarten von Neumarkt-St. Veit, wie das Leben hier im Mittelalter aussah, inklusive Handwerkskunst, Rollbraten über dem Lagerfeuer und Stadtführung mit Historiker Daniel Baumgartner.
Neumarkt-St. Veit – Unter dem bunten Herbstlaub der Bäume im Schlossgarten hat die Mittelaltergruppe „Inn-Gsindl“ bereits ihre fünf Zelte aufgebaut, in denen sie zwei Nächte verbringen werden. In der Mitte steht ein großer Baldachin, unter dem die Mitglieder in ihrer selbstgenähten Kleidung gemütlich zusammensitzen und ihren handwerklichen Tätigkeiten nachgehen, so wie die einfachen Leute im 14. Jahrhundert.
Statt Handy: spinnen, weben, nähen und ratschen
Statt auf ein Display zu blicken werden Wolle gesponnen, Ledertaschen genäht, Stoffe gewebt, Holzschalen geschnitzt, geredet und gelacht. Über dem offenen Feuer drehen sich langsam die Rollbraten am Spieß, um die Gemeinschaft am Abend zu sättigen. Trotz des herbstlichen Wetters tragen die meisten statt Jacken echte Felled, die Schuhe sind teils aus Holz oder aus Leder.
Das „Inn-Gsindl“ gibt es seit 2007
Lea und Irena Lauxen sind Gründer dieser Gruppe, die es schon seit 2007 gibt und circa 20 Mitglieder fasst. Beide haben Geschichte in Regensburg studiert. Gerade erst haben sie für ein Geschichtsprojekt authentische Textilien, wie sie zur Römerzeit üblich waren, hergestellt.
Auch für das „Inn-Gsindl“ werden alle Stoffe, vom Weben über das Färben bis zum Nähen, selbst produziert. „Wir versuchen zu rekonstruieren, wie hat’s damals genau ausgesehen und was ist auch tragbar“, erzählt Lea Lauxen. Als Teenager begannen die Schwestern mit ihren Freunden eigene Kostüme zu nähen, um bei Mittelalterfesten hautnah dabei zu sein. Dabei ist das gemeinschaftliche Tauschen üblich, erklären sie: „Ich näh dir eine Tunika und du machst mir dafür einen Gürtel.“
Ein Wochenende zum Entschleunigen
Christoph Skorupa ist erst seit einem Jahr dabei: „Es ist einfach dieses Gemeinschaftsgefühl. Da merkt man, was man alles schafft, zusammen“ - „und verbringt das Wochenende sehr entschleunigt“, fügt Irena Lauxen hinzu. „Für mich ist es ein Ausgleich“, sagt Andreas Wolf, im wirklichen Leben Ingenieur. Sein außergewöhnliches Kostüm stellt den Großkrieger Ragnar Kiranson aus dem 5. Jahrhundert, aus der Kampftruppe der „Münchner Barbaren“ dar.
Hedy Skorupa, ehemalige Optikerin, nimmt als Gast teil. Eigentlich gehört sie zu den Wasserburger Landsknechten. Auch sie tauscht regelmäßig die moderne, schnelle Welt gegen das ruhige Mittelalter: „Besser als jedes Wellness Wochenende!“
Das „Inn-Gsindl“ im Schlossgarten von Neumarkt-St. Veit




Den Höhepunkt bildet am Nachmittag die Mittelalterführung von Historiker Daniel Baumgartner durch Neumarkt, der auch manchmal in das Gewand eines reichen Bürgers des Mittelalters schlüpft. Anschaulich erklärt er die Historie wichtiger Gebäude, wie etwa Schloss Adlstein, sowie Ereignisse, die die Gründung von Neumarkt bezeugen. „Ich staune immer wieder, was ich in Neumarkt alles entdecke“, sagt eine Teilnehmerin nach der gelungenen Stadtführung.