„Da mache ich nicht mit!“
Die Stadt Neumarkt-St. Veit soll eine Drehleiter bekommen: Doch wer soll das bezahlen?
Lange Diskussionen wegen einer Drehleiter: Der Neumarkter Stadtrat will eine anschaffen. Kostenpunkt: fast eine Million. Doch wer soll das bezahlen? Wie das Gremium entschieden hat und was die Feuerwehr dazu sagt.
Von Jan-Alexander Dalhoff
Neumarkt-St. Veit – Bürgermeister Erwin Baumgartner (UWG) schilderte zum Beginn der jüngsten Stadtratssitzung den aktuellen Sachverhalt: „In der letzten Feuerbeschau sind speziell Gebäude mit einem dritten Obergeschoss begutachtet worden. Bei einigen dieser Objekte stellte sich heraus, dass ein zweiter baulicher Rettungsweg fehlt.“
Außerdem habe die Überprüfung durch das Landratsamt Mühldorf ergeben, dass die Baugenehmigungen aus den 70er und 80er Jahren vermutlich deswegen erteilt worden seien, weil die Feuerwehr zu damaligen Zeit eine sogenannte Anhängeleiter mit einer Höhe von 18 Metern vorgehalten hatte. „Diese Anhängeleiter ist zwischenzeitig und vor einigen Jahren außer Dienst gestellt worden und wurde veräußert“, erklärte Baumgartner. „Daher empfiehlt die Kommunalaufsicht die Beschaffung der Drehleiter!“
Mehr als eine halbe Million Euro Kosten für die Stadt
Doch eine solche kommt der Kommune teuer zu stehen, wie im Folgenden klar wurde. Von circa 900.000 Euro war die Rede, abhängig von Art und Größe. Auch wenn mit Zuschüssen vom Freistaat und Landkreis zu rechnen ist, würde die Stadt trotzdem auf einen Eigenanteil von rund circa 600.000 Euro kommen.
Nach dieser Schilderung begann eine heftige Diskussion. Es wurde über einzelne Formulierungen im Beschluss debattiert und ob es ein gebrauchtes oder neues Fahrzeug sein sollte. Auslöser war der Beschlussvorschlag der Stadt, der eine Steuererhöhung vorsah, um das Gerät überhaupt finanzieren zu können. Die Finanzierung, so der Vorschlag, könnte durch die Anhebung der Grundsteuer B um 30 Prozent und der Gewerbesteuer um 40 Prozent erreicht werden.
Einigkeit im Stadtrat: Schnellstmöglich handeln
Im Grundsatz waren sich alle Stadträte einig, dass so schnell wie möglich gehandelt werden müsse, da sonst die gesetzlichen Hilfsfristen zur Rettung nicht eingehalten werden können und Gefahr im Verzug bestehe. Christian Perau (UWG) meinte: „Ich tat mich schwer im Vorfeld eine Entscheidung zu treffen bei solchen Summen, aber die aktuelle Lage schaut anders aus.“ Aktuell sehe die Lage so aus, dass entsprechendes Hubrettungsgerät aus Gangkofen, Mühldorf, Töging oder Vilsbiburg alarmiert werden müsse. Diese haben allerdings eine Anfahrtszeit von 20 bis 30 Minuten ab Alarmierung.
Von Roennebeck: „Da mache ich nicht mit!“
Bei der Diskussion ging es auch darum, ob die Anschaffung bereits als Beschluss gefasst werden sollte. Stadträtin Rosina Maria von Roennebeck (CSU) rechnete die Mehrkosten für Bürger vor, wenn man entsprechende Steuersätze anheben würde und ließ ihrem Frust freien Lauf. „Jetzt die Steuer erhöhen und eventuell später nach der neuen Grundsteuerreform noch einmal, das mache ich nicht mit!“
Baumgartner spricht von 7,70 Euro pro Kopf
Bürgermeister Erwin Baumgartner argumentierte: „Wenn man es auf die Einwohner umlegen würde, wäre es pro Kopf 7,70 Euro pro Jahr.“ Geschäftsstellenleiter und Kämmerer Thomas Menzel argumentierte: „Es betrifft die Allgemeinheit und kommt ihr zugute. Für jeden Hausbesitzer und Gewerbetreibenden genauso.“
Georg Wimmer (CSU) war strikt gegen eine Steuererhöhung. Peter Hobmeier (UWG) reagierte verärgert über das Vorgehen des Stadtratskollegen Ulrich Geltinger (SPD), der den Antrag eingereicht hatte, und meinte: „Man hätte vielleicht erst diskutieren sollen, bevor man offiziell einen Antrag stellt.“
Entweder Steuerschraube oder Schulden
Dem Vorschlag von Thomas Döring (Grüne), die Finanzierung oder die Höhe der Hebesätze aus dem Beschluss zu nehmen, erteilte man anfangs noch eine Absage. Baumgartner argumentierte immer wieder: „Wir wollen eigentlich nur euch im Stadtrat dazu sensibilisieren, was es heißt, wenn wir bei solchen Summen eine Drehleiter anschaffen müssen, dass diese auch irgendwie finanziert werden muss. Wir haben da nicht viel Spielraum. Unser Haushalt ist knapp bemessen und uns bleibt nur die Möglichkeit über die Steuerschrauben etwas zu erreichen oder durch Fremdkapital, sprich Darlehen!“
Diskussion über Gebraucht- oder Neufahrzeug
„Mit dem Kauf einer Drehleiter kommen auch noch Verpflichtungen auf die Feuerwehr und die Stadt zu und auch Folgekosten“, stellte Michael Kulhanek (CSU) fest. Er könne da nur zustimmen. Ob das Rettungsgerät am Ende dann ein Neu- oder Gebrauchtfahrzeug sein wird, in dieser Frage will er sich auf die Leute der Feuerwehr verlassen.
Ferdinand Rothkopf (CSU) fand die Diskussion unpassend: „Es ist einfach ein schlechter Zeitpunkt, über eine Steuerhöhung zu beraten:“
Geltinger scheitert mit Änderungsantrag
Ulrich Geltinger (SPD) hatte noch einen Änderungsantrag eingereicht, bei einem Kauf eines Gebrauchtfahrzeuges auf Steuererhebungen zu verzichten. Er schlug stattdessen einen Nachtragshaushalt zur Finanzierung vor. Dieser Antrag wurde aber bei nur einer Pro-Stimme abgelehnt.
Die Besucher, darunter viele Kameraden der Feuerwehr, waren zum Schluss dann doch erleichtert, nachdem der Stadtrat mit 13:3 Stimmen die Anschaffung befürwortet hatte. Allerdings wurden bei den Hebesätzen die zuvor noch diskutierten Prozentpunkte gestrichen.
Feuerwehr will ihre Hausaufgaben machen
Bei aller Euphorie und großer Erleichterung über den Beschluss, sei es noch ein weiter Weg, bis ein Hubrettungsgerät bei der Feuerwehr Neumarkt stationiert wird, so Tobias Wegner, der Kommandant der Feuerwehr Neumarkt-St. Veit. „Auch wenn die Stadtverwaltung schnell ein Fahrzeug beschaffen könnte, so ist es noch lange nicht einsatzbereit, denn wir müssen auch entsprechendes Personal ausbilden“, meinte der Kommandant nach der Sitzung: „Wir sind froh, dass sich der Stadtrat für eine Anschaffung eines Hubrettungsgerät entschieden hat. Doch nun heißt es für uns, die Hausaufgaben zu machen. Wir haben zwar einen Feuerwehrbedarfsplan, aber das heißt nicht, dass jetzt schon klar ist, was wir speziell für ein Fahrzeug brauchen, und mit welcher Ausrüstung. Das muss nun geklärt werden.“
