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Am 14. Juni machen die Landkreis-Apotheker dicht

„Haben die Schnauze voll“: Das kommt beim Apotheker-Protesttag auf die Mühldorfer Patienten zu

Mühldorf - Zwei Apotheker, die voll hinter dem Protesttag am 14. Juni stehen: Florian Sedlmeier (links) von der St. Martins-Apotheke in Ampfing sowie Thomas Leitermann von der Mühldorfer Inn-Apotheke.
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Zwei Apotheker, die voll hinter dem Protesttag am 14. Juni stehen: Florian Sedlmeier (links) von der St. Martins-Apotheke in Ampfing sowie Thomas Leitermann von der Mühldorfer Inn-Apotheke.

Apotheken in Not, Patienten in Gefahr: So lautet einer der Slogans, mit denen bundesweit die Apotheker auf ihre Lage aufmerksam machen. Zum Protesttag am 14. Juni schließen auch im Landkreis Mühldorf die Apotheken. Damit müssen Kunden rechnen.

Mühldorf – „Wenn wir protestieren, dann verweigern wir nicht die Arbeit wie andere, die beispielsweise die Weichen nicht mehr schalten und den Verkehr lahmlegen.“ Thomas Leitermann war nicht nur jahrelang Vorsitzender der Landesapothekerkammer, sondern ist aktuell Apotheker-Sprecher im Landkreis Mühldorf. Und in dieser Funktion ruft er zur großflächigen Teilnahme am Apotheker-Protesttag der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) am 14. Juni auf. Fast alle Kollegen werden teilnehmen und ihre Geschäfte schließen, ist sich der Inhaber der Inn-Apotheke in der Mühldorfer Oderstraße sicher: „Die Kollegen haben die Schnauze voll.“

Notdienstapotheken im Einsatz

Dass man die Patienten trotzdem in Gestalt der Notdienstapotheken nicht im Regen stehen lasse, ist Thomas Leitermann wichtig zu betonen. Es werde so sein wie bei einem Sonn- oder Feiertag. „Vielleicht dauert es etwas länger, bis man bedient wird, vielleicht wird auch die Ware knapp. Aber es ist jemand da.“ Die Menschen sollten vorbereitet sein und vor allem solche mit Dauer-Medikation ihre Vorräte im Blick haben.

Eben weil es den Apothekern nach eigener Aussage um die optimale Patientenversorgung geht, soll mit dem Protesttag ein Zeichen an die Politik, aber auch an die Krankenkassen gehen. „Wir können mit den uns zur Verfügung gestellten Mitteln einfach nicht mehr langfristig arbeiten“, bekräftigt Leitermann und verweist auf die über die Jahren sinkenden Kosten, die die Apotheken dem Gesundheitswesen bereiten; aktuell seien es 1,9 Prozent. Zum Vergleich weist Leitermann auf die 4,9 Prozent hin, mit der die Krankenkassen zu den Kosten beitragen, „obwohl in Apotheken die Hälfte mehr Leute als bei den Kassen arbeiten.“

„Wir wollen wirtschaftlich nicht abgehängt werden“

Das Problem sei auch, dass die Patienten die immer teurer werdenden Medikamente und die Einnahmen der Apotheker in einen Topf werfen. Weit gefehlt! Thomas Leitermann schüttelt mit dem Kopf. Mit der von der Politik 2004 geänderten Medikamentenpreisversorgung erhalten die Apotheker anstatt einer prozentualen Beteiligung lediglich ein Schachtel-Honorar in Höhe von rund acht Euro. Bis auf eine minimale Anhebung vor einigen Jahren um ein paar Cent habe sich daran auch nichts geändert. Inflation hin oder her. „Wir wollen nicht von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt sein“, sagt Leitermann.

Unterdessen „bedienen“ sich die Krankenkassen und zahlen aufgrund „marginalster“ Formfehler – fehlt beispielsweise der Vorname des Arztes auf dem Rezept – nicht. Da könne man als Apotheker schon mal auf einer fünfstelligen Summe sitzen bleiben. Hohe Löhne für die Mitarbeiter in einem leer gefegten Personalmarkt müsse man aber dennoch zahlen.

Kaum Zeit für die Familie

Davon kann auch Florian Sedlmeier ein Lied singen. Der Inhaber der Ampfinger St. Martins-Apotheke bezahle mittlerweile einen Headhunter, der Fachpersonal teuer aus dem Ausland vermittelt. Sedlmeier hat die Apotheke erst 2020 übernommen, jedoch fragt er sich jetzt bereits bei den „drastischen Entwicklungen der letzten Jahre“, wie das in den nächsten Jahrzehnten weitergehen soll.

„Unsere Apotheke bleibt geschlossen.“ Apotheker Florian Sedlmeier neben dem Plakat zum bundesweiten Protesttag.

„Meine Frau meinte, dass ein Apotheker eigentlich keine Familie haben kann“, flachst Sedlmeier, der für seine beiden kleinen Kinder eigentlich immer weniger Zeit hat. Abgesehen von der Personalnot steckt er – genauso wie jeder seiner Kollegen – mindestens sechs zusätzliche Arbeitsstunden pro Woche, allein um die Lieferengpässe zu managen. Wer honoriert die Nachtschichten? Und wenn dann tatsächlich wie zuletzt Antibiotika oder Grippemedikamente für Kinder fehlen, sei das Geschrei laut.

Damit sich die Apotheker gegenseitig bei Medikamenten aushelfen oder diese selbst herstellen, gebe es auf der anderen Seite jedoch wieder große bürokratische Hürden zu überwinden, fügt Kollege Thomas Leitermann hinzu. Wird dann ein Medikament mal in Eigenregie in den integrierten Laboren hergestellt, bleibe die Frage offen, ob die Krankenkassen den höheren Preis zu zahlen bereit sind. „Sie sehen, es geht immer nur ums Geld“, glaubt Thomas Leitermann.

Bessere Patientenversorgung mit mehr Spielraum

Dann geht es Apothekern wie Sedlmeier und Leitermann auch darum, in der Versorgung ihrer Patienten dauerhaft mehr Handlungsspielraum zu haben, beispielsweise – wie es während Corona möglich war – einen Hersteller außerhalb der geltenden Rabattverträge zu nehmen. Das sei gerade mit Blick auf die Lieferproblematik eine wesentliche Forderung. Neben einer Reihe anderer.

Dass nun endlich der letzte Tropfen das Fass zum Überlaufen gebracht hat und die Apotheker laut protestieren, mag durch das Verhalten des Bundesgesundheitsministers beschleunigt worden sein: Ewig habe es gedauert, bis die Standesvertretung einen Termin bekommen hat, nur um vom Minister auf den Herbst vertröstet zu werden, erzählt Leitermann. Und fügt etwas resigniert hinzu: „Die Cannabis-Legalisierung oder das Gendern beim Satz ‚Zu Risiken und Nebenwirkungen‘ waren einfach wichtiger.“

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Zu den Risiken und Nebenwirkungen kann man im Sinn der Apotheker durchaus den bundesweiten Protesttag zählen. Thomas Leitermann und Florian Sedlmeier werden am Mittwoch, 14. Juni, vor ihren Geschäften stehen und Aufklärungsarbeit leisten. Auch wenn es dann keinen Hustensaft geben mag, für einen lehrreichen Blick hinter die Kulissen des Arzneimittelgeschäfts könnte sich der Ausflug zur örtlichen Apotheke lohnen.

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