Richter fällt hartes Urteil
Weil er einem Liebesbetrüger sein Bankkonto überließ: Mühldorfer muss 15.000 Euro abstottern
Ein aus Westafrika stammender Mühldorfer wurde in einem Betrugsfall zum klassischen Bauernopfer: Der Amtsrichter fällte jetzt ein knallhartes Urteil. Zum Abstottern der Strafe wird der Mann lange arbeiten müssen. Die Hintergründe.
Mühldorf – Wegen Geldwäsche in zwei Fällen musste ein 32-Jähriger aus Westafrika auf der Anklagebank des Amtsgerichts Mühldorf Platz nehmen. Der Mann lebt und arbeitet seit gut drei Jahren mit Visum und Aufenthaltserlaubnis in Mühldorf. Er hatte sich insgesamt 15.000 Euro von zwei Frauen auf sein Bankkonto überweisen lassen. Aus Sicht des Angeklagten war es ein Freundschaftsdienst, von dessen kriminellen Hintergründen er nichts gewusst haben will.
Angeklagter wollte einem Freund helfen
Wie sein Anwalt, Dirk Grönemeyer aus Mühldorf, dem Vorsitzenden Richter Christoph Warga erklärte, habe sein Mandant nur einem Freund helfen wollen. Dieser habe Probleme mit seinem eigenen Bankkonto gehabt – dessen Freundin wollte ihm angeblich Geld überweisen. „Afrikaner unterstützen sich gegenseitig“, erklärte der Verteidiger. Dass dieser Freund allerdings bereits einschlägig straffällig war, erfuhr der jetzt Angeklagte erst im Nachhinein.
Das Geld, einmal 10.000 Euro im August 2021 und einmal 5.000 Euro im November 2021, stammte von zwei Frauen, denen von Hintermännern wiederum eine (Online-)Liebesbeziehung vorgespielt wurde. Weil die Frauen glaubten, ihrem „vermeintlichen Partner Geld als kostenloses Darlehen zur Verfügung zu stellen, welches sie im Anschluss wieder zurückerhalten wollten, tätigten sie die Überweisungen“, verlas der Staatsanwalt aus der Anklageschrift.
Zweite Überweisung war ihm verdächtig
Nach Eingang des Geldes auf dem Konto hob es der Angeklagte noch am gleichen und am darauffolgenden Tag am Automaten ab. Diese Stückelung war nötig, um den jeweiligen Abhebungshöchstbetrag einzuhalten. Die Banknoten gab es sofort an den Freund weiter, der ihn zur Bank begleitet hatte. „Bei der zweiten Überweisung hat er festgestellt, dass das Geld eine andere Absenderin hatte“, führte der Verteidiger aus. Er habe den Freund darauf angesprochen, aber keine Antwort bekommen. „Mein Mandant erklärte daraufhin, dass er das nie wieder machen werde.“ Für seine Hilfe durfte er 500 Euro behalten.
Ein klassisches „Bauernopfer“
Grönemeyer bezeichnete den Angeklagten als klassisches „Bauernopfer“, der unschuldig in den Betrug hineingezogen wurde und jetzt den Kopf dafür hinhalten müsse. Bereitwillig nannte der recht gut Deutsch sprechende Angeklagte dem Richter den Namen seines „Freundes“. „Dieser Name ist mir bekannt“, stellte Richter Warga fest. „Ich kenne den Mann aus anderen Verfahren, in denen er selbst angeklagt war.“ Wargas Frage, ob die beiden Männer noch befreundet seien, beantwortete er: so „Wir begegnen uns, machen aber privat nichts mehr zusammen.“
Geldwäsche in zwei Fällen
Ein vorgeladener Zeuge erschien nicht zur Verhandlung vor dem Amtsgericht Mühldorf. Der Blick in das Bundeszentralregister ergab keine Eintragung für den Angeklagten. Richter Wargas Durchsicht der Bankenauskunft bestätigte die stattgefundenen Überweisungen und Abhebungen. In seinem Plädoyer forderte der Staatsanwalt für die nachgewiesene Geldwäsche in zwei Fällen eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 35 Euro. Zulasten des Angeklagten führte er die beiden hohen Geldbeträge an, zugunsten sein vollumfängliches Geständnis und seine günstige Sozialprognose.
„Er hat die Reißleine gezogen“
Strafverteidiger Dirk Grönemeyer räumte die Schuld seines Mandanten ein: „Er hat zugegeben, dass er selbst mit Naivität und Blauäugigkeit zum Opfer von Straftaten anderer geworden ist. Was ihn aber nicht vor Strafe schützt.“ Mit der zweiten Überweisung habe er erkannt „Hoppla, da stimmt was nicht und hat die Reißleine gezogen.“ Zudem habe er den Namen des Hintermannes genannt, der das Geld kassiert hat, ohne die möglichen unguten Folgen dieses „Verrats“ zu kennen. „Ich hoffe, er hat von dem Kopf des Ganzen nichts zu befürchten“, so der Anwalt. Er führte Richter Warga noch einmal vor Augen, dass der Angeklagte in Deutschland Fuß fassen wolle, sich integriere, Deutsch gelernt und dank seiner Arbeitsstelle beste Aussicht auf dauerhaften Aufenthalt habe. Er plädierte für eine Strafe von 120 Tagessätzen zu je 30 Euro.
In seinem letzten Wort erklärte der Angeklagte, an den Richter gewandt: „Ich weiß, ich habe einen Fehler gemacht, er soll meine Zukunft nicht zerstören. Ich will in Deutschland bleiben und bitte Ihnen ...“ Da er stockte und ihm die richtigen Worte fehlten ergänzte sein Anwalt „mich milde zu bestrafen.“ Nach diesen Worten rieb sich der 32-Jährige in stummer Verzweiflung mit der Hand über die Augen.
„Die Gesetzeslage ist da knallhart“
Die Verhandlung endete mit einem Schuldspruch wegen zwei tatmehrheitlichen Fällen von Geldwäsche. Dafür verhängte das Gericht 120 Tagessätze à 35 Euro sowie „die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 15.000 Euro“. Das Geständnis des Angeklagten habe sich äußerst positiv auf die Strafe ausgewirkt. „Leider komme ich beim Wertersatz nicht aus“, erklärte Richter Warga. „Die Gesetzeslage ist da knallhart. Bei Geldwäsche haftet jeder Tatbeteiligte als Gesamtschuldner und es ist sicher aussichtslos, sich das Geld von den eigentlichen Tätern zurückzuholen.“ Um diese 15.000 Euro abzubezahlen, werde der Verurteilte lange arbeiten müssen. Dazu noch die Geldstrafe in Höhe von rund vier seiner Monatsgehälter.
Betrug mit vorgetäuschter Liebe
Im Internet erklärt die Polizei ausführlich, was hinter dieser Betrugsmasche steckt und warnt eindringlich davor. „Besonders perfide und für die Opfer mit hohem emotionalem Stress verbunden, ist das Love- oder Romance-Scamming“, heißt es da. „In Online-Partnerbörsen oder auch in sozialen Netzwerken sind die Scammer auf der Suche nach potenziellen Opfern. Ist ein Kontakt erst einmal hergestellt, werden diese mit Liebesbekundungen und Aufmerksamkeit überhäuft – und zwar einzig und allein mit dem Ziel, ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen.“ Die virtuellen Partner geben etwa vor, bei einer Geschäftsreise nach Westafrika in Geldnot geraten zu sein. Oder sie benötigen Geld für eine wichtige Operation ihres Kindes oder eines Angehörigen. Auch gestohlene Koffer und Pässe, unbezahlter Lohn oder eine unbezahlte Hotelrechnung sollen das ahnungslose Opfer dazu bringen, Geld zu überweisen. „Und viele tun es auch, schließlich sind sie zu diesem Zeitpunkt schon emotional abhängig.“ Übrigens werden nicht nur Frauen Opfer dieser Masche auch Männer werden ausgenommen - dahinter stecken laut Polizei meist junge Männer, die in Westafrika an ihren Computern sitzen, und sich als verlockende Männer oder Frauen auf der Suche nach der großen Liebe ausgeben.