Feiern ohne mulmiges Gefühl
Nach den Messerstichen von Solingen: Wie sicher ist das Mühldorfer Volksfest?
Tote und Verletzte durch Messerstiche auf einem Stadtfest in Solingen. Nur wenige Tage vor dem Start ins Mühldorfer Volksfest. Wie Stadt und Polizei für die Sicherheit der Besucher sorgen wollen.
Mühldorf – Das Entsetzen über den heimtückischen Messerangriff auf einem Stadtfest in Solingen ist groß. Drei Menschen wurden getötet, acht verletzt. Nach dieser Attacke aus heiterem Himmel wurden andere Feste abgesagt, die Stadt München überprüft ihre Sicherheitspläne für das Oktoberfest. Dort ist es seit Jahren üblich, dass an den Zugängen zur Wiesn die Taschen jedes einzelnen Besuchers kontrolliert werden.
Am Freitag (26. August) beginnt in Mühldorf das Volksfest. Wie reagiert die Stadt als Veranstalter auf die tödliche Messerattacke in Nordrhein-Westfalen? Muss das Sicherheitskonzept verändert werden?
„Irrlichternde Gewalttäter“
„Wir bedauern den verabscheuungswürdigen Anschlag in Solingen sehr“, Mühldorfs Bürgermeister Michael Hetzl zeigt sich schockiert und fassungslos über das Attentat auf dem Solinger Stadtfest. „Den Besuchern unseres Volksfests können wir versichern, dass wir alles in unserer Macht Stehende zur Gewährleistung der Sicherheit in jeglicher Hinsicht tun. Hundertprozentige Sicherheit gibt es in einer freien Gesellschaft naturgemäß nie. Mühldorf wird sich das Feiern und die Freude daran gerade deshalb nicht von irrlichternden Gewalttätern nehmen lassen.“
Stadtsprecher Werner Kurzlechner teilt auf Anfrage des OVB zu den Auswirkungen auf das Volksfest mit: „In Abstimmung mit der Polizei, sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass wir nicht nachbessern müssen. Unser mittlerweile 60 Seiten umfassendes Sicherheitskonzept basiert auf jahrelanger Auseinandersetzung mit der Gesamtthematik und tiefgreifenden Abstimmungen mit allen Beteiligten – neben der Polizei und weiteren Einsatzkräften sind das auch die Sicherheitsdienste sowie die Festwirte und Schausteller.“
Sicherheitskonzept wird jedes Jahr angepasst
„Dieses Sicherheitskonzept umfasst alle uns bekannten und für uns vorstellbaren Szenarien bis hin zu Gewaltvorkommnissen und auch Anschlägen. Es wird jedes Jahr aktualisiert“, sagt Kurzlechner. „Erfahrungen aus Katastrophen vergangener Jahre wie auf der Duisburger Love-Parade, auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz oder durch mehrere Messerattacken sind im Konzept schon seit langem berücksichtigt.“ In Satz eins der Platzordnung für das Volksfest heißt es: „Auf dem Volksfestplatz hat sich jeder so zu verhalten, dass kein anderer gefährdet, geschädigt oder belästigt wird.“
Verbot auch für Hirschfänger in der Lederhosen?
Auf dem Oktoberfest gilt schon seit zehn Jahren ein Messerverbot, auch die zur bayerischen Tracht gehörenden Hirschfänger sind auf der Münchner Wiesn untersagt. Auf dem Mühldorfer Volksfest sind „Waffen jeglicher Art nach der Waffenliste des Waffengesetzes“ verboten. Das umfasst alle Gegenstände, die als Hieb-, Stoß- oder Stichwaffen verwendet werden können. Darunter fallen alle Messer mit einer Klingenlänge über zwölf Zentimetern. Trachtenmesser, wie die sogenannten „Hirschfänger“, fallen laut Waffengesetz unter Brauchtumspflege und dürfen – unter Vorbehalt – getragen werden. Doch die Stadt appelliert an die Lederhosenträger: „Bitte kommen Sie ohne diese Messer zum Volksfest!“
Verstärkter Sicherheitsdienst
„Unser Sicherheitsdienst ESD wird heuer in verstärktem Maße auf dem Volksfest präsent sein“, teilt das Rathaus mit. „Er wird auch wie bereits in den vergangenen Jahren Taschenkontrollen durchführen und immer im Austausch mit der Polizei sein.“ Das gelte auch für die Sicherheitsdienste und Einsatzkräfte im Auftrag der Festwirte, die durch eine Einsatzzentrale wenige Meter vom Festplatz in Richtung Stadtsaal koordiniert würden. „Seit vergangenem Jahr gibt es auch eine Videoüberwachung auf dem gesamten Festplatz, die das Sicherheitsempfinden weiter verbessert.“
Kameras haben Festplatz im Fokus
Beim Volksfest im Jahr 2023 wurde der Festplatz erstmals mit fünf Kameras überwacht. Die Aufnahmen werden in der Wiesnwache am Eisplatz vom Video-Operator gesichtet. „Diese Überwachung ist rein präventiv, erst, wenn auf dem Platz etwas vorfällt, startet der Operator die Aufzeichnung“, erklärte dazu vergangenes Jahr Polizeihauptkommissar Benjamin Bertsche, als Leiter der Wiesnwache. An den Volksfesteingängen wird mit Schildern auf die Videokameras hingewiesen, das alleine sollte laut Polizei ausreichen, Besucher davon abzuhalten, strafbare Dummheiten zu machen.
„Solche Themen haben wir immer auf der Agenda“, stellt Josef Bernhart, Leiter der Polizei Mühldorf fest. Wenn es um die Sicherheit der Besucher geht, arbeiten die örtliche Polizei und die anderen Blaulicht-Organisationen wie Feuerwehr und Rettungsdienst stets eng mit der Stadt zusammen. „Das Sicherheitskonzept macht die Stadt und das macht sie richtig gut“, betont der Polizeibeamte. Bei ihren Rundgängen über den Festplatz achtet die Polizei immer auf verdächtiges oder ungewöhnliches Verhalten der Besucher.
„Wir verbessern die Sicherheitslage auf unserem Traditionsvolksfest faktisch jedes Jahr“, sagt Volksfestorganisator Walter Gruber. „Wir tun, was wir können, und laden jeden ein, hier in Mühldorf elf Tage lang fröhlich miteinander anzustoßen.“

