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Kurioser Einsatz der Feuerwehr Altmühldorf

Mühldorferin nahm ihren Ehering 23 Jahre nicht ab – das hätte ihr fast den Finger kostet

23 Jahre hat die Mühldorferin Corinna Wysocki (neben Ehemann Uwe Wysocki) ihren Ehrering aus massivem Wolfram getragen - ohne ihn auch nur einmal abzunehmen. Nun musste er spektakulär vom Finger geknipst werden.
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23 Jahre hat die Mühldorferin Corinna Wysocki (neben Ehemann Uwe Wysocki) ihren Ehrering aus massivem Wolfram getragen - ohne ihn auch nur einmal abzunehmen. Nun musste er spektakulär vom Finger geknipst werden.

Ringe wachsen nicht mit! Weil Conny Wysocki das nicht beachtet hat und 23 Jahre lang ihren Ehering nicht vom Finger zog, stand eine Amputation im Raum. Um den Finger zu retten, versuchte es die Feuerwehr Altmühldorf mit Zahnseide, Bolzenschneider und Flex. Geholfen hat etwas ganz anderes.

Mühldorf – Eigentlich wollte Corinna, genannt Conny, Wysocki mit ihrem Ehering beerdigt werden. Nun ist sie froh, ihn losgeworden zu sein, ohne den Finger zu verlieren – allerdings mit roher Gewalt. Wochen später deutet nur noch die „Delle“ im Ringfinger der rechten Hand darauf hin, dass dort bis vor Kurzem der massive, rund einen Zentimeter breite Ring aus Wolfram wie einbetoniert festsaß. Wolfram gilt als eines der härtesten Metalle, so hart wie Diamant.

Seit dem Tag ihrer Hochzeit vor bald 23 Jahren hatte die Mühldorferin den Ring, den sie damals für sich und ihren Ehemann Uwe online gekauft hatte, niemals vom Finger gezogen. „Er schien für die Ewigkeit. Ich dachte, dass ich damit beerdigt werde“, seufzt die 60-Jährige. Doch das Drama begann vor acht Jahren.

Kaum zu glauben, dass dieser massive Ring aus Wolfram noch bis vor Kurzem am Finger von Conny Wysocki steckte. Nur noch die eingedrückte Stelle am Finger weist darauf hin.

Gewichtszunahme wegen Krebserkrankung

Seitdem sie aufgrund einer Krebs-Behandlung an Gewicht zulegte und auch die Finger dicker wurden, schmerzte und juckte sie der geschwollene Ringfinger. Mehrmals suchten sie und ihr Uwe umsonst medizinischen Rat und Hilfe; weder der Hausarzt noch die Notärzte in der Klinik konnten helfen. Dort hatte man einen Versuch mit dem Diamantschleifer unternommen – erfolglos. „Ich habe gescherzt, dass sie mir im äußersten Notfall einfach den Finger amputieren und wieder annähen sollten“, sagt Conny Wysocki mit einem Augenzwinkern.

Ehemann Uwe scheint da weniger zu Scherzen aufgelegt zu sein. „Ich machte mir große Sorgen. Schließlich war der Finger nicht mehr richtig durchblutet“, so der 58-Jährige, der keine Lust hatte, die Gesundheit seiner Conny, mit der er vor Jahrzehnten aus Potsdam in die Region gezogen war, aufgrund eines zu eng gewordenen Eherings zu gefährden. Die Eheleute haben nichts unversucht gelassen, haben sich anhand von Youtube-Videos Anleitungen geholt, die nichts gebracht hatten. Sie haben Juweliere aufgesucht, die allerdings auch kein Werkzeug für Wolfram parat hatten. Welche Optionen bleiben dann noch?

Amputation des Fingers im Notfall?

Dann, vor wenigen Tagen, hatte Uwe Wysocki beim Tanken eine glückliche Eingebung: „Zufällig stand daneben ein Einsatzwagen der Feuerwehr. Ich fragte spontan um Hilfe.“ Uwe hatte Glück, dass beim folgenden Funkverkehr Benjamin Bliemhuber sein Ohr gespitzt hatte. „Eigentlich war unser Team zu einer Übung ausgerückt. Allerdings mussten wir zurück in die Einsatzzentrale, weil wir die Ausrüstung vergessen hatten“, erzählt der Zweite Kommandant der FFW Altmühldorf mit einem Kopfschütteln. Also war das ganze Team da, um sich sofort an die „technische Hilfeleistung“ in Sachen Ehering zu machen.

„Wie es der liebe Gott so will!“ Bliemhuber huscht ein schelmisches Lächeln über das Gesicht. Über zu wenig Abwechslung im Einsatz könne man sich bei der Feuerwehr nicht beschweren. „Das Kurioseste, was wir bisher hatten, war vor Jahren ein Zirkus-Affe, den wir vom Dach herunterholen mussten.“ Jedoch einen Ring „aufzuzwicken“, das war für das Einsatzteam Neuland.

Bolzenschneider, Flex, Zahnseide – alles versagt

Was sich so lapidar anhört, war ein hartes Stück Arbeit für die Feuerwehrler: Beim ersten Versuch, den Ring mit dem Bolzenschneider aufzuknipsen, musste das nagelneue Werkzeug dran glauben. Im zweiten Versuch zerbröselte die Mini-Flex in zehn Sekunden zu Staub. „Wir haben uns selbst auf Youtube schlaugemacht, wie man in solchen Fällen vorgeht und sind auf diese Geschichte mit der Zahnseide gestoßen“, erzählt Bliemhuber, der sodann einen Kollegen, Oberfeuerwehrmann Benedikt Wellisch, zur Drogerie aussandte. Im Einsatzwagen und unter Blaulicht, versteht sich. Doch auch die Zahnseide, eng um den Finger gewickelt, um den Ring zu bewegen, versagt.

Dann machte es dreimal „knack“

So riefen die Feuerwehrler den einzigen Metallbauer im Team um Hilfe an: Hans-Günther Wackerbauer erschien nach drei Minuten und wusste sofort, was bei dem superharten Metall zu tun war. „Ich musste mich lediglich erkundigen, dass es sich um keine Metallmischung handelte.“ Dann schraubte er den Ring samt Finger von Corinna Wysocki in den Schraubstock, sichert ihn mit einem kleinen Keil ab, damit er nicht rutscht. Den Schraubstock ein wenig zudrehen, und schon knackte es. Den Finger gedreht, noch weiter zugeschraubt, es knackte wieder. Nochmal, dann war der Ring ab. „Da ich mit diesen Werkstoffen beruflich vertraut bin, weiß ich genau, was die aushalten“, betont der zupackende Feuerwehrler.

Unter dem abgebrochenen Ring hatte Conny Wysocki eine wunde Hautstelle.

Für den Notfall der „Rotkreuzler“

„Die Vorgehensweise war sicher forsch, aber erfolgreich“, sagt Bliemhuber. Und fügt mit einem Grinsen hinzu, dass im Notfall ein „Rotkreuzler“ schon parat gestanden hätte.

Der wohl kurioseste Einsatz für die FFW Altmühldorf um Einsatzleiter Benjamin Bliemhuber (2. von links). Mit dabei waren (von links) Kommandant Thomas Mertl, Jugendwart Fabian Raschke, Hans-Günther Wackerbauer mit dem Schraubstock (Mitte) und Benedikt Wellisch mit der Zahnseide (rechts).

Daran will Conny Wysocki gar nicht denken. „Für mich sind die Feuerwehrler meine ganz persönlichen Helden. Ich war so glücklich und habe alle in den Arm genommen. Einem Arzt möchte sie den Finger nicht mehr zeigen; Wundsalbe drauf – und gut war es.

„Das sind meine Helden“

Trotz des Vertrauens in die Feuerwehrler war ihr etwas mulmig, als man den Ring mit dem Bolzenschneider hat knacken wollen. „Richtig Schiss“ hatte Ehemann Uwe, spätestens dann, als Connys Finger im Schraubstock steckte. „Wenn der Ring platzt, klemmt der Schraubstock ihren Finger ein“, sei ihm während der Prozedur durch den Kopf geschossen.

Schließlich konnte nur noch der Schraubstock helfen - Conny Wysockis Ring wurde eingeklemmt und durch Druck abgebrochen.

Doch nichts ist passiert. Jetzt darf sich Uwe Wysocki erst einmal Gedanken darüber machen, wie die neuen Ringe für die Liebste und ihn aussehen sollen. Aussuchen wollen ihn dieses Mal beide gemeinsam. Wobei Conny einwirft: „Ich habe schon ein Auge auf zwei Ringe geworfen“, schmunzelt sie. Und gibt Entwarnung: es sind goldene.

Zum Dank gibts was Süßes für die Feuerwehrler Altmühldorf: Conny Wysocki revanchiert sich mit einem Kuchen, gerne angenommen von Benjamin Bliemhuber, rechts daneben Benedikt Wellisch.

Dazu rät Dr. med. Thomas Urbanke, Sektionsleiter Handchirurgie am InnKlinikum Altötting-Mühldorf:

„Grundsätzlich raten wir vom Einklemmen in einem Schraubstock ab, hier kann es durch Kompression und Verformung des Rings zu weiteren Verletzungen (Durchblutungsstörung, Weichteilschaden) des Fingers kommen. Eine umgehende Vorstellung in der Notaufnahme wäre anzuraten.

Häufig kann mittels Seife und einem Faden durch Drehbewegungen der Ring entfernt werden. Dies klappt in der Regel. Alternativ gibt es noch spezielle Fingerring Schneidezangen.

Bei einer Amputation eines Fingers sollte umgehend der Rettungsdienst verständigt werden, der amputierte Finger wird dann in einem speziellen Amputatbeutel aufbewahrt und transportiert. Wichtig ist eine Blutstillung mittels Kompression.“

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