Kommt Deutschlands Superbauer aus dem Landkreis Mühldorf?
„Tinder für Schweine“ – wie Gerhard Langreiter Landwirt des Jahres werden will
Gerhard Langreiter aus dem Landkreis Mühldorf ist Ferkelzüchter aus Leidenschaft. Um seine Zucht voranzubringen, schlägt er neue Wege ein. Er verrät, was er tut und warum das einen Preis wert ist.
Mühldorf – Ferkelerzeuger Gerhard Langreiter ist Vorsitzender des Fleischerzeugerringes Mühldorf-Traunstein und stellvertretender Kreisobmann des Bauernverbandes Mühldorf. Im Jahr 2022 wollte er Präsident des Bayerischen Bauernverbands werden, gewählt wurde ein anderer. Jetzt, zwei Jahre später, greift er nach einem anderen Titel: Langreiter ist als „Landwirt des Jahres 2024“ nominiert.
Das Ziel ist die perfekte Muttersau
In den Ställen seines Hofs in Oberneukirchen hat Gerhard Langreiter 170 Zuchtsauen samt Ferkel. Rundherum 30 Hektar Ackerland und Wald. Klingt auf den ersten Blick nicht besonders preiswürdig. Doch bei seinen Sauen schaut der 42-Jährige genauer hin. Sehr genau sogar, denn er versucht für seinen Betrieb die perfekten Muttersauen zu züchten. Besonders mütterlich sollen sie sein, ihren Ferkeln gut Milch geben können, gut Fleisch ansetzen und von möglichst ruhigem Wesen im Umgang mit Artgenossen im Gruppenstall sein.
Nebenbei Gendefekte ausmerzen
Gleichzeitig sollen Gendefekte wie der tödliche Saugferkeldurchfall ausgemerzt werden. Auch die Wässrigkeit oder den Fettgehalt des Fleisches und wie viel Gewicht ein Schwein pro Tag ansetzt, hat der Züchter im Blick. „Mein Ziel ist eine gesündere Sau mit möglichst wenigen Erbfehlern“, erklärt Langreiter. „Mehr Zuchterfolg für den Züchter und mehr Schlachtqualität.“
„Ich mache Tinder für Schweine“
Landwirte haben von diesem Verfahren der „genomischen Zuchtwertschätzung“ wahrscheinlich schon gehört. Für Otto-Normalverbraucher dürfte das, was Langreiter macht, eher Neuland sein. „Man könnte sagen, ich mache Tinder für Schweine“, er lacht. „Ein Dating-Portal für Sau und Eber auf Genbasis.“ Dabei werden die Gene der Tiere nur ausgelesen, es wird nicht mit der Genschere daran rummanipuliert.
Im Idealfall „matchen“ Sau und Eber
Um an das Genmaterial seiner Zuchtsauen zu kommen, entnimmt er seinen Schweinen eine Gewebeprobe am Ohr. Wer jetzt annimmt, er zieht sich damit im weißen Kittel in ein steriles High-Tech-Labor in einem seiner Ställe zurück, der irrt: „Die Proben schicke ich zur Genotypisierung ins Labor.“ Dort wird aus den Genmarkern abgelesen, welches positive oder negative Erbgut die Sau ihrem Nachwuchs höchstwahrscheinlich mitgeben wird. Diese Ergebnisse werden dann in der Datenbank eines Anpaarungsprogramms am Computer mit ebenfalls gengetesteten Zuchtebern verglichen, Gemeinsamkeiten festgestellt und im Idealfall gibt es ein „Match“ – wie beim menschlichen Tinder. Doch wie bei jedem Dating-Portal gibt es auch bei dieser wissenschaftlich gestützten Methode keine 100-prozentige Erfolgsgarantie.
Langreiter remontiert seinen Bestand selbst
Gerhard Langreiter gehört mit dieser Methode einem kleinen Kreis von etwa einem Dutzend Ferkelerzeugern in Bayern an: „In der Schweiz arbeiten sie damit schon seit 30 Jahren und haben gute Ergebnisse erzielt.“ Er hat vor etwa vier Jahren damit begonnen. Rund zehn Jahre wird es dauern, bis er seinen Sauenbestand auf diese Weise komplett remontiert haben wird. „Remontieren“ nennt man in der Fachsprache der Schweinezüchter die Züchtung eigener Jungsauen.
Neue Methode ersetzt Augenschein und Erfahrung
Die „natürliche“ Methode, die besten Ferkel zu züchten, war schon früher und ist bei den meisten noch immer der Augenschein und die Erfahrung mit dem jeweiligen Tier. „Da wird zum Beispiel darauf geschaut, wie Körperbau und Milchleistung sind oder wie gesund die Ferkel einer Sau über mehrere Würfe hinweg sind.“ Die moderne Methode bringe allerdings einen schnelleren Zuchterfolg.
Ende Juli kommt eine Jury auf den Hof
Da er in Bayern zu den wenigen gehört, die mit Gentypisierung arbeiten, stellt sich Gerhard Langreiter heuer dem Vergleich im CERES-Wettbewerb. Auf die Shortlist der 21 Finalisten hat er es schon geschafft, ist einer der drei vorausgewählten Schweinehalter. Ende Juli wird die Jury seinen Hof besuchen. Am Ende steht die Kür zum Schweinehalter des Jahres und eventuell auch die zum Landwirt des Jahres.
Landwirtschaft ist ein toller Beruf
Ob er Chancen auf die Titel hat, weiß Langreiter nicht. „Ich finde den Wettbewerb einfach cool“, sagt er. „Er führt vor Augen, dass Landwirtschaft ein toller Beruf ist. Man kann so viel machen.“ Dabei müssten die Jungen nicht das weiterführen, was ihre Eltern gemacht haben, sondern könnten viele neue unternehmerische Wege einschlagen. „Statt den einfachen Weg zu gehen, den Hof zu verpachten und sich eine andere Arbeit zu suchen.“
„Ich bin mit Leib und Seele Saubauer“
Ob sein Hof weiterleben wird, wenn er mal aufs Altenteil geht, weiß er nicht. Seine Kinder sind mit ihren acht und elf Jahren noch zu jung für eine Zukunftsplanung. Für ihn selbst war die Weiterführung des Familienhofes der einzig richtige Weg. Es kommt aus tiefstem Herzen, wenn er sagt: „Ich bin mit Leib und Seele Saubauer!“
Begehrter Titel
Der Ceres Award gilt als die renommierteste Auszeichnung für Landwirte und wird seit 2014 alljährlich vom Agrar-Fachmagazin „agrarheute“ vergeben. Der Preis wird in den sieben Kategorien Rinderhalter, Schweinehalter, Geflügelhalter, Ackerbauer, Unternehmerin, Energielandwirt sowie Junglandwirt vergeben. Pro Kategorie werden drei Anwärter ausgewählt und von einer Jury besucht und beurteilt. Der Gesamtsieger wird am 30. Oktober in Berlin bekannt gegeben. Als Gewinn winkt ein Preisgeld in Höhe von 20.000 Euro.

