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Einen Tag Azubi sein

Gegen den Bewerbermangel: Schüler sollen bei Aktionstag ihren Traumberuf finden

Finja Sandner und Lucija Ulakovic haben sich ganz bewusst für den Schnuppertag im Labor entschieden. Beide interessieren sich schon seit längerer Zeit für Chemie und Naturwissenschaften. Azubine Elena Unterhuber leitet sie bei der Versuchsdurchführung an.
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Finja Sandner und Lucija Ulakovic (v. li. n. r.) haben sich bewusst für den Schnuppertag im Labor entschieden. Beide interessieren sich schon seit längerer Zeit für Chemie und Naturwissenschaften. Azubine Elena Unterhuber leitet sie bei der Versuchsdurchführung an.

Ob Chemielabor, Anwaltskanzlei oder Werkstatt: Auch im Landkreis Mühldorf bleiben Lehrstellen unbesetzt. Bei „Ein Tag Azubi“ konnten jetzt Jugendliche ein Tag probelernen – und vielleicht ihren Traumjob entdecken.

Waldkraiburg/Mühldorf – Elena Unterhuber und zwei Schülerinnen stehen leicht nach vorne gebeugt vor einer Bürette, einer senkrecht stehenden Glasröhre mit einem kleinen Wasserhahn. Sie bestimmen, wie hart das Wasser ist, das bei der Nitrochemie in Aschau aus der Leitung kommt.

Alltag für die Auszubildende Unterhuber, völliges Neuland für die Schülerinnen. Sie sind Teilnehmerinnen von „Ein Tag Azubi”, einer Aktion der IHK für München und Oberbayern und den Wirtschaftsjunioren.

Aktionstag soll Vielfalt der Ausbildungsberufe aufzeigen

Mehr als sechzig Schülerinnen und Schüler haben Unternehmen im Landkreis Mühldorf besucht. „Wir haben den Aktionstag ins Leben gerufen, um die Vielfalt der Ausbildungsberufe in der Region sichtbar zu machen und möglichst realistische Einblicke in den Azubi-Alltag zu ermöglichen”, erklärt Florian Reil von der IHK die neue Aktion.

Im Nasschemischen Labor den Beruf der Chemielaborantin kennenlernen

Im „Nasschemischen Labor“ der Nitro Chemie dürfen die Schülerinnen nicht nur zuschauen, sondern auch selbst Hand anlegen. „Ich habe mich schon immer für Chemie und Naturwissenschaften interessiert”, sagt Lucija Ulakovic.

Lucija Ulakovic lernt im Nasschemischen Labor von Nitrochemie die Wasserhärte zu bestimmen. Im Bild ist der Versuchsaufbau für die halbautomatische Vorgehensweise zu sehen. Die Neuntklässlerin regelt über den Joystick die Flüssigkeitszufuhr.

„Ich hoffe, dass die Schülerinnen nach diesem Tag für sich entscheiden können, ob der Beruf ihnen Spaß macht”, sagt Auszubildende Unterhuber. Sie selbst ist zufrieden mit ihrer Wahl: Die Abiturientin entschied sich bewusst für eine Ausbildung, weil sie etwas Praktisches machen wollte.

Selbst einen Zuckerwürfel im Chiemsee könnten sie analysieren

In 3,5 Jahren lernen Chemielaboranten das Handwerkszeug in Betrieb, Berufsschule und im Berufsbildungswerk in Burghausen. Danach entscheiden sie sich, ob sie lieber an der Entwicklung neuer Produkte mitarbeiten oder Produkte auf ihre Bestandteile analysieren. „Wir arbeiten sehr genau: Wenn wir in den Chiemsee einen Zuckerwürfel hineinwerfen würden, könnten wir den analysieren”, erklärt Ausbilder Stefan Berg.

Für manche Berufe gibt es nur eine Handvoll Bewerbungen

Die Ausbildungsstellen für 2024 konnte die Nitrochemie weitestgehend besetzen, nur für die handwerklichen Berufe werden noch Interessenten gesucht. „Bei den Bewerbungen als Elektroniker, Industriemechaniker und Chemikanten sieht es ziemlich mau aus”, sagt Ausbildungskoordinatorin Sandra Klozik.

Ausbildungskoordinatorin Sandra Klozik (li.) hat den Azubi-Tag mit Azubine Hanna Mooser gemeinsam geplant. Ausbilder Stefan Berg gibt den Schülerinnen Einblicke in den Ablauf und die Inhalte der Ausbildung zur Chemielaborantin.

„Für uns ist es wirklich schwierig, unsere Ausbildungsstellen zu besetzen”, betont Marie Kleebauer. Sie betreut die künftigen Rechtsanwaltsfachangestellten in der Kanzlei Loserth, Schranner & Partner in Mühldorf. „Unsere Berufe sind nicht so auf der Bildfläche”, sagt sie. Vor einigen Jahren hätten sie oft keine Bewerbungen bekommen. Seit sie sich um die Fachkräftewerbung bemüht und auf Berufsbildungsmessen geht, erreicht die Kanzlei zumindest eine Handvoll.

Mehr Ausbildungsstellen als Bewerber

„Leider sehen wir seit mehreren Jahren, dass zum Ausbildungsstart viele Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben – auch im Landkreis Mühldorf”, sagt IHK-Sprecher Reil. Auf hundert betriebliche Ausbildungsstellen kamen heuer 95 Bewerberinnen und Bewerber, 2022 waren es 76. Das geht aus der Ausbildungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit für den Landkreis Mühldorf hervor.

„Ich wusste nicht, was auf mich zukommt“

Kleebauer selbst stieß zufällig auf den Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten. „Bis ich mit der Ausbildung angefangen habe, wusste ich nicht, was auf mich zukommt.” Sie wünscht sich, dass die neuen Azubis sich ganz bewusst für den Beruf entscheiden können. Für Stelly Zielezny ist es das erste Mal, dass sie sich wirklich mit ihrer Berufswahl auseinandersetzt. Die Neuntklässlerin besucht das Gymnasium Waldkraiburg und möchte einfach mal reinschnuppern.

Auszubildende Franziska Knab (v. li. n. r.) zeigt Schülerin Stelly Zielezny ihren Arbeitsalltag. Marie Kleebauer steht für Fragen aller Art zur Verfügung – ihr ist die Azubigewinnung ein Herzensanliegen.

Franziska Knab ist schon einen Schritt weiter: Vor kurzem hat sie ihre Ausbildung begonnen und begleitet Zielezny durch den Tag. Gemeinsam öffnen, stempeln und verschlagworten sie die Post, bereiten Termine vor, legen Akten an oder telefonieren. „Ich möchte gerne zeigen, dass der Beruf sehr vielfältig ist und noch viel mehr Leute ihn machen sollten”, sagt Knab.

Die Ausbildungschefin nennt die Azubis die rechte Hand der Anwälte. Dabei ist Menschenkenntnis gefragt: „Jeder Mandant ist anders und man muss sich immer wieder neu auf die Menschen einlassen.”

Schüler sollen mit einem positiven Gefühl nach Hause gehen

ODU in Mühldorf stellt jährlich etwa 45 Azubis in 13 Ausbildungsberufen ein, berichtet Anna Edmaier, die die Ausbildung beim Mühldorfer Steckerhersteller leitet.

Fünf Schüler schnuppern Azubi-Luft beim Steckverbindungshersteller ODU in Mühldorf. Die dualen Studierenden Julia Straßer (hinten links) und Riccardo Müller (rechts) führen sie durch den Tag.

Vier Schüler aus den Klassen acht bis zehn verschiedener Realschulen sowie ein Student schnuppern in diese Berufswelt. An ihrer Seite: Die beiden dualen Studierenden im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen Julia Straßer und Riccardo Müller. „Wir möchten, dass die Schüler heute mit einem positiven Gefühl nach Hause gehen.” Müller ergänzt: „Ich möchte ihnen zeigen, dass die Arbeitswelt gar nicht so kompliziert ist, wie man manchmal meint.”

Finley Stack (hinten) und Valentin Fleischmann entwerfen am Computer mit einem CAD-Programm ein Bauteil. Die beiden probieren den Beruf des Technischen Produktdesigners aus. Finley Stack könnte sich vorstellen, die Ausbildung zu beginnen.

Vielleicht den Traumberuf gefunden

Finley Stack probiert sich als Technischer Produktdesigners aus. Mit einem CAD-Programm entwerfen die Azubis auf Zeit eine Welle – ein Einzelteil, das in eine Baugruppe eingefügt wird. Das Zeichnen nimmt etwa zwei Drittel der Arbeitszeit ein, die übrige Zeit kümmern sich Technische Produktdesigner um die Datenverwaltung. Am Ende des Tages kann sich Stack mehr unter dem Beruf vorstellen und sagt sogar: „Ich würde den Beruf gerne ausüben.”

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