Kreishaushalt verabschiedet
„Gegen Land und Bund Sturm laufen“? Wie der Landkreis Mühldorf die Krise bewältigen will
„Wir fahren auf Sicht“ - Kreistag des Landkreises Mühldorf verabschiedet Krisenhaushalt 2023. Landrat Max Heimerl: „Es ist ein Spagat zwischen Krisenbewältigung und Sicherung der finanziellen Zukunftsfähigkeit unseres Landkreises.“
Mühldorf - „Dieser Haushalt ist ein Kompromiss, wir fahren auf Sicht“, stellte Landrat Max Heimerl eingangs der Sitzung fest. „Corona, Krieg, Energiepreise und Inflation. Der Mix aus Krisen führt an vielen Stellen zu schwer kalkulierbaren Kostensteigerungen.“ Der Haushalt 2023 sei ein „Spagat zwischen Krisenbewältigung und Sicherung der finanziellen Zukunftsfähigkeit unseres Landkreises.“ Mit großer Mehrheit hat der Kreistag des Landkreises Mühldorf den Haushalt für das Jahr 2023 verabschiedet. 39 Kreisräte stimmten dafür, fünf dagegen.
„Aus Sicht der CSU-Fraktion ist dieser Haushalt sehr auf Kante genäht, die finanzielle Lage des Landkreises ist mehr als angespannt“, sagte deren Sprecher Josef Grundner vor der Abstimmung im Gremium „Der Erhöhung der Kreisumlage stimmt die Fraktion notgedrungen zu“. Die Kommunen hätten darunter schwer zu leiden, der Bund müsse andere Rahmenbedingungen schaffen. „Wie sollen Gemeinden und Städte so noch ihren Verpflichtungen nachkommen und zum Beispiel Kinderbetreuungsplätze schaffen?“, fragte er. „Das ist nicht mehr finanzierbar.“ Trotzdem werde die CSu dem Haushalt zustimmen.
Investitionsstau vermeiden
Ulli Maier, Sprecher der UWG-Fraktion, bezeichnete den Haushalt als „stichhaltig und plausibel, da ist nichts gefaked oder getrickst“. Zwar sei der Vorschlag der UWG, die Kreisumlage auf die nächsten drei Jahre auf nur 53 Prozent festzuschreiben nicht angenommen worden. Dennoch werde die Fraktion „sicher mehrheitlich dem Haushalt zustimmen“, so Maier.
Die Zustimmung von Bündnis 90/Die Grünen erklärte Peter Uhldahl als deren stellvertretender Fraktionssprecher: „Wir befürworten die Erhöhung der Kreisumlage, und plädieren dafür, sie auch in den nächsten beiden Jahren auf 54 Prozent zu lassen. Ansonsten werden wir einen immer größeren Investitionsstau vor uns herschieben.“
Gemeinsam durch schwere Zeiten
„Eine Situation wie diese haben wir seit Jahrzehnten nicht gehabt“, resümierte Günther Knoblauch als SPD-Fraktionssprecher. „Wir danken der Verwaltung für den Mut, diesen Haushalt aufzustellen und auf die großen Unsicherheiten hinzuweisen, die auch meine Fraktion sieht.“ Diese schwierigen Zeiten könne man nur gemeinsam bewältigen: „Die SPD stimmt dem Haushalt zu.“
Für die WGW gab stellvertretend Thomas Eberharter die Stellungnahme zum Kreishaushalt ab: „Die 54 Prozent Kreisumlage tun weh, aber wir werden zustimmen.“ Dieser Haushalt sei im Moment der richtige Weg.
„Kritischer hinschauen“
Als „formal zustimmungsfähig“ bezeichnete Oliver Multusch für die AfD den vorgelegten Haushalt. Doch man müsse kritischer hinschauen. „Die Kreisumlage von 54 Prozent belastet die Kommunen über Gebühr, dem wird die AfD nicht zustimmen“, betonte Multusch. Das Klinikdefizit, die steigenden Ausgaben für Soziales und Flüchtlingsleistungen sowie die Inflation, ließen die Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts erahnen. „Um ein Zeichen zu setzen, wird die AfD dem Haushalt nicht zustimmen.“
„Wir werden auch ein Zeichen setzen und den Haushalt gemeinsam mittragen“, kündigte Sprecher Reinhard Retzer für die Fraktion der ÖDP/FDP die Zustimmung an. Dieser Haushalt sei der wackligste über den er bisher persönlich abzustimmen hatte: „Er ist auf Kante genäht, wir werden sehen, ob die Naht hält.“
Der Linke Dennis Uzon lehnte den Haushalt ab: „Dieser Haushalt zeugt von den allgegenwärtigen Krisen. Die Kommunen sind schon lange knapp bei Kasse und sollen sich noch mehr einschränken.“ Er erwarte nicht, dass sich der Kreistag gegen Land und Bund auflehnen werde: „Dieser Krisenhaushalt ist nicht gut für die Arbeitenden, die Rentner und die Jugend.“
„Gegen Land und Bund Sturm laufen“
Auch der fraktionslose Kreisrat Konrad Zeiler verweigerte die Zustimmung: „Die bestehenden Probleme werden mit diesem gerade noch so hingebogenen Haushalt zugedeckt.“ Er hätte sich erwartet, dass Mühldorfs Landrat in Absprache mit anderen Landräten keinen Haushalt aufstellt, um so Land und Bund in die Verantwortung zu nehmen: „Sie müssen mit anderen Landräten zusammen Sturm laufen.“
In der Abstimmung über den Haushalt stimmten die Kreisräte aller Fraktionen zu. Nur AfD, Linke und der Fraktionslose stimmten dagegen.
Der Landkreis investiert rund 19 Millionen Euro
Bei der Umlagekraft verzeichnet der Landkreis zwar eine Steigerung auf 161,1 Millionen Euro, die Bezirksumlage ist jedoch auf 35,4 Millionen gestiegen. Die auf 54 Prozent erhöhte Kreisumlage beträgt rund 87 Millionen Euro. Abzüglich der Bezirksumlage verbleiben dem Landkreis rund 51 Millionen Euro Nettokreisumlage. Die Bildung von Eigenmitteln zur Finanzierung der Investitionen ist dem Landkreis mit dem geplanten Überschuss von 4.900 Euro nicht möglich.
Trotz der angespannten Haushaltslage sieht der Entwurf im Finanzhaushalt eine Gesamtinvestitionssumme von 18,9 Millionen Euro vor. Allein für Baumaßnahmen an Schulen sind rund 8,2 Millionen eingeplant. Wichtige Projekte sind der Neubau Gymnasium Gars, die Planungsleistungen für den Neubau des Sonderpädagogischen Förderzentrums in Waldwinkel sowie die Erweiterung der Gymnasien Waldkraiburg und Mühldorf. Für Tiefbaumaßnahmen sind rund 3,1 Millionen vorgesehen - unter anderem für den Ersatzneubau eines Durchlasses am Gaisbach Nähe Gumattenkirchen und die Oberbauverstärkung im Bereich Annabrunn in Obertaufkirchen. In Energie- und Klimaschutzmaßnahmen fließen knapp 2 Millionen Euro. Darunter fallen Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Windkraftanlagen, Photovoltaikanlagen,
Umrüstung auf LED sowie Verbesserungen im ÖPNV.
Zur Finanzierung der Investitionen erwartet der Landkreis Mühldorf staatliche Zuschüsse von 6,1 Millionen und Erlöse aus Grundstücksverkäufen von 2,1 Millionen. Dazu kommt eine neue Kreditaufnahme in Höhe von 4,5 Millionen Euro. Die im Haushalt eingeplanten Kredittilgungen von 5 Millionen Euro könnten zum Ende des Haushaltsjahres die Gesamtverschuldung des Landkreises um 0,5 Millionen auf gut 45,8 Millionen reduzieren.