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Insekten-Leidenschaft in Mühldorf

Das Hobby des Urologen: Diese Krimis spielen sich in Edwin Hungerhubers Hummelburg ab

Hat seine Leidenschaft für Hummeln entdeckt: Dr. Edwin Hungerhuber aus Mühldorf.
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Hat seine Leidenschaft für Hummeln entdeckt: Dr. Edwin Hungerhuber aus Mühldorf.

Der Kampf der Königinnen, die hummelmordende Spitzmaus – das sind nur einige der Geschichten, die Edwin Hungerhuber aus Mühldorf erlebt hat, seit er Hummelburgen im Garten hat.

Mühldorf — „Am Hintern erkennt man die Hummel“, sagt Dr. Edwin Hungerhuber. „Welche Art dieser schönen Viecherl man vor sich hat bestimmt man so“, sagt er schmunzelnd. Und ergänzt lachend: „Ich bin allerdings Arzt und kein Biologe.“

Die Steinhummel, Hungerhubers Lieblingshummel, erkennt man am roten Hinterteil.

Genauer gesagt ist er Facharzt für Urologie und sieht von Berufswegen viele Hinterteile. In seiner Freizeit schaut er sich lieber das Heck von Hummeln an, denn so weiß er genau, welche Art sich gerade in seinem Garten tummelt. Es werden immer weniger, manche sind bereits vom Aussterben bedroht.

Welche Farbe hat das Hinterteil? Welche Ringe hat der Körper? So kann man die Hummeln bestimmen.

Anhand der Farbe der Hinterleibsspitze - weiß, rot oder rotbraun sowie gelbbraun - kann man die Hautflügler einteilen. Sie haben einen oder mehrere Streifen in gelb, rötlich oder bräunlich im Pelzchen oder gleich einen „Pulli“ an.

Die Insekten haben es dem Arzt angetan. 2019 gab es das Volksbegehren „Rettet die Bienen“. Viele Leute begannen zu Imkern. „Mir war das zu viel Arbeit und ich mag das eh nicht, wenn die mich stechen“, sagt Hungerhuber.

So richtet man eine Hummelburg ein: Ein Kasten aus Styropor (besser aus Holz) mit einem kleinen Eingangsloch wird mit Katzenstreu, dann mit Zeitungspapier ausgelegt. Dann kommt trockenes Moos und die Naturfaser Kapok dazu.

Hummeln tun das nicht - außer man bedrängt sie arg oder will an ihr Nest. Daheim im Garten fielen ihm diese gutmütigen brummenden Insekten auf und er begann sich mit ihnen zu beschäftigen. Längst hat er mehrere Hummelburgen an einer Mauer stehen. Die kann man selbst bauen oder im Internet kaufen.

Der kleine Eingang zur Hummelburg ist mit einer Plastikklappe geschützt. Die flauschigen Fasern im Inneren sind vom Kapokbaum. Die Kamera hält das Geschehen fest.

Gerade hat er ein neues Modell aus Styropor, das mit Lüftungsschlitzen versehen ist, angeschafft und mit Moos sowie der Naturfaser Kapok ausstaffiert. Darin baut bald eine Hummelkönigin ihr Nest. Der kleine Zugang ist mit einer Plastikklappe ausgestattet. Zunächst ist sie ganz geöffnet. Mit der Zeit wird sie immer weiter geschlossen, bis sie ganz auf liegt. Die Tierchen lernen langsam, sie anzuheben und reinzuschlüpfen. „Das ist wie eine Katzenklappe“, sagt der Arzt. Und dient ihrem Schutz, etwa vor der Wachsmotte. Die würde sonst ihre Eier ins Hummelnest legen und deren Larven das Gelege auffressen.

Die Behausungen sind mit einer W-Lan-Kamera versehen und so kann er die possierlichen Insekten beobachten und so manchen Krimi erleben.

Lavendel, Oregano, Minze, Gundermann - Hummeln lieben lila blühende Wildkräuter. Das Bild zeigt sagt Dr. Hungerhubers Garten, wo er vor einigen Jahren noch 25 Hummelköniginnen zählte.

Wie den Kampf der Königinnen. Eine von Hungerhubers Hummelköniginnen hatte sich im Frühjahr bereits in einer der Behausungen niedergelassen und begonnen, ihren Staat zu gründen, die ersten Arbeiterinnen waren schon fleißig. Plötzlich drang eine fremde Jungkönigin ein.

„Die war im Enter-Modus, weil sie offensichtlich keine eigene Höhle gefunden hatte und wollte hier eine feindliche Übernahme starten“, erklärt Hungerhuber. Er nimmt an, dass die Fremde einer Arbeiterin gefolgt war, um den Eingang zur Hummelburg zu finden.

Seine Aufnahmen zeigen das Duell. Die eine sticht die andere, bis sie sich nicht mehr bewegt. „Das endet immer tödlich“, sagt Hungerhuber. „Die Natur ist brutal.“ Dennoch ist er erleichtert, dass es die feindliche Hummel war, die unterlegen war. „Man baut ja eine Beziehung zu den Tieren auf.“

Kurz darauf am selben Tag meldete sein Computer, auf das die Videos übertragen werden, dass erneut Bewegung in der Hummelburg war. Schon wieder war eine feindliche Jungkönigin eingedrungen, um das Volk zu entern. Den zweiten Kampf überstand Hungerhubers Königin nicht.

Nun war spannend zu sehen, wie das Volk reagiert auf die „feindliche Besatzung“. Die neue Königin umgarnte das Volk, zwang die Arbeiterinnen in Umarmungen und übertrug so die eigenen Pheromone auf sie. Es dauerte etwa zwei Stunden, bis die Chefin akzeptiert wurde.

Der dritte Angriff dieser Art folgte am nächsten Tag. „Drei Attacken innerhalb 24 Stunden, das hielt ich nicht aus“, sagt Hungerhuber gequält. Er öffnete den Deckel und scheuchte sie auf, beide flogen raus. Zurück kam die Nachfolgerin seiner Königin.

Spitzmaus löscht Hummelvolk aus

In einem anderen Video sieht man, wie sich eine Spitzmaus Zugang zur Hummelburg verschafft. „Sie hebt den Deckel am Eingang an und schlüpft hinein, sieht sich um, versetzt die Hummeln in Aufruhr, taucht unters Nest und geht wieder. Kurz darauf kommt sie zurück und löscht das ganze Volk aus. „Dann hat sie darin gehaust. Ich war gerade in Urlaub und konnte nicht eingreifen. Ich ließ der Maus dann das Nest.“

Weil er so spannende Geschichten erzählen kann und die Videos hat, ist Edwin Hungerhuber ein gefragter Mann bei Vereinen und Behörden. „Achtmal halte ich den Vortrag heuer und es kommen weitere Anfragen“, sagt er lachend.

So spricht er etwa am 9. April bei der Jahreshauptversammlung des Obst- und Gartenbauvereins in Mößling beim Spirkl.

Dr. Edwin Hungerhuber päppelt im März schon mal geschwächte Jungköniginnen mit Zuckerwasser auf.

Hummeln fliegen viel früher aus als Bienen. Sie sind derzeit im Suchflug unterwegs, suchen eine Höhle, wie etwa ein verlassenes Mauseloch im Boden, so Hungerhuber.

Hummel-Paradoxon ist falsch

Angeblich kann eine Hummel nach den Gesetzen der Aerodynamik nicht fliegen. Ihr Körper sei mit seinen rund 1,2 Gramm im Verhältnis zur Flügelfläche von 0,7 Quadratzentimetern schlichtweg zu schwer, so hat es in den 1930er Jahren ein Aerodynamik-Student der Uni Göttingen in einer Kneipe auf einem Bierdeckel errechnet. Der Campus Göttingen berichtet auf seiner Website vom „Hummel-Paradoxon“, das sich zum Running Gag entwickelte. Aber: Der Student hat sich geirrt - weil er davon ausging, dass die Hummelflügel starre Tragflächen sind.

So macht man eine einfache Hummelburg: In ein Loch im Boden kommt Kies. Ein Tontopf wird mit Stroh gefüllt und mit einem kleinen Gitter gesichert und kopfüber in die Mulde gesetzt. Mit dem Finger wird das Stroh etwas zurecht geschoben, damit die Hummel in die Öffnung hinein kann. Auf die Steine oben legt man eine Steinplatte. So ist die Burg geschützt und die Tiere können seitlich zum Eingang finden.

Doch sie sind aus einer elastischen Haut und die starke Muskulatur an den Ansätzen rotiert und erzeugt Wirbel, die für den nötigen Auftrieb sorgen. „Und diese starke Muskulatur dient der Hummel auch, um sich aufzuwärmen, bevor sie losfliegt. Sie zittert sich warm und glüht vor und dann setzen die Flügel ein. Das geht schon bei 3 Grad Celsius. Bienen fliegen erst ab 10 oder 11 Grad“, erklärt Hungerhuber.

Die Hummelkönigin packt ihre Eier in Wachskugeln und bebrütet sie.

Und mit dem Zittermodus bebrütet die Königin auch die Nachkommen in den Wachskugeln. Aber auch eine Königin hat irgendwann ausgedient.

Wenn sie keine Eier mehr produziert, in die Wechseljahre kommt und keine Pheromone mehr verströmt, wendet sich ihr Volk gegen sie, es gibt eine Meuterei. „Sie wird kaum ein Jahr alt, wird dann im Herbst verstoßen oder getötet.“ Aber auch das Volk geht ein. Hungerhuber sagt, zum Jahresende schlüpfen die ersten Jungköniginnen. Der Zyklus beginnt von vorne.

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