Video gemacht, hochgeladen, Anzeige kassiert
Hitlergruß in Unterhose im Netz verbreitet: Instagram-Post eines 19-Jährigen mit Folgen
Da musste Mühldorfs Amtsrichter mehrfach gut zureden, bis der Angeklagte endlich einlenkte und seine Taten zugab. Was dem 19-Jährigen alles zur Last gelegt wurde und welche Konsequenzen auf ihn zukommen.
Mühldorf – Es dauert nur drei Sekunden, aber es reichte dafür, dass die Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung im Elternhaus des 19-Jährigen aus dem westlichen Landkreis Mühldorf angeordnet hatte. Zu sehen auf dem Video: Ein junger Mann in Unterhosen, der sich gerade in einer Umkleidekabine umzieht, bevor die Kamera nach rechts schwenkt. Dann ist der Filmer zu hören, wie er „Sieg Heil“ ruft, während sein Gegenüber die rechte Hand zum Hitlergruß hebt. Weil er das Ganze dann auch noch auf Instagram hochgeladen hatte, musste er nun vor Gericht antreten. Denn der mitgefilmte junge Mann in Unterhosen wollte diese Verbreitung nicht, hatte seinen Klassenkollegen deswegen angezeigt. Und die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.
Gleich zwei Straftaten begangen
Vor dem Amtsgericht in Mühldorf musste sich der 19-Jährige aber nun nicht nur wegen dieses 3-Sekunden-Schnipsels verantworten. Verhandelt wurde auch ein 57 Sekunden langes Handyvideo, das der junge Mann in einem Klassenzimmer aufgenommen hatte und das zeigt, wie derselbe junge Mann, der zuvor schon in Unterhosen gefilmt wurde, mit einem Meterstab malträtiert wird. Immer wieder ein Hieb auf den Kopf, was bei den Protagonisten Gelächter auslöst, das Opfer jedoch immer wütender macht.
Mit beiden Filmen konfrontierte der Vorsitzende Richter Dr. Christoph Warga den 19-jährigen Azubi, um ihn zum Geständnis zu bewegen. Der Auszubildende hatte nämlich von Beginn an geleugnet, dass er die Videos gedreht und diese auf seinem Instagram-Account veröffentlicht hätte. „Ein Geständnis wäre relativ viel wert, damit könnten sie sehr viel punkten!“ Ansonsten müssten Zeugen geladen werden, möglicherweise ein weiterer Verhandlungstag angesetzt werden, was dann auch die Gerichtskosten hochtreiben würde, die der Angeklagte bei einer Verurteilung zu zahlen hätte.
Angeklagter zögert mit Geständnis
Damit war der 19-Jährige nicht zu beeindrucken. Er gab weder zu, dass er die Person ohne deren Einwilligung gefilmt hatte, noch dass er es war, der das Material online gestellt hat. Genauso verneinte er, dass es er gewesen sei, der auf dem Video „Sieg Heil“ gerufen habe. „Wessen Stimme ist es denn dann?“, fragte Warga. „Dazu will ich nichts sagen“, so der Angeklagte, der auf Nachfrage durch die Staatsanwaltschaft auch nicht preisgeben wollte, wer denn die beiden Videos auf seinem Account hochgeladen hätte. Eine „gewisse Personengruppe“ habe darauf Zugriff, ergänzte er. Wer, wollte er nicht verraten.
Videos sind inzwischen entfernt
Stattdessen stellte er das Verfahren grundsätzlich infrage. Damit werde nur Salz in die Wunden gestreut, meinte der Angeklagte. Denn inzwischen hätte er sich mit dem Zeugen, der ihn angezeigt hätte, ausgesprochen. Man sei sich wieder fein. Schließlich habe er auch die Videos entfernt.
Auch Hitlerbild rumgeschickt
Die Staatsanwältin konfrontierte den 19-Jährigen dann damit, dass er wohl auch über einen Kurznachrichtendienst ein Bild von Adolf Hitler verschickt habe. „Finden Sie die Videos gut?“ Hier schüttelte der Angeklagte den Kopf, erklärte. „Ich würde mir ja sonst den Ruf zerstören!“ Das Hitlerbild habe er vor einem satirischen Hintergrund verschickt.
An die Erstellung des Videos mit dem Meterstab konnte sich der Angeklagte nicht mehr erinnern. „Sowas kommt öfter vor. Das ist fast Alltag bei uns in der Schule“, erklärte er seine Amnesie.
Zeuge identifiziert die Stimme
Das Meterstab-Opfer sagte dann als Zeuge aus, erklärte, dass für ihn mit der Veröffentlichung der Sequenz, die ihn in Unterwäsche zeigt, die Grenze der Erträglichen erreicht gewesen sei. „Jetzt reicht‘s“, habe er sich gedacht und den Angeklagten angezeigt. Eindeutig identifizierte der Zeuge die Stimme des Angeklagten, ordnete ihm den „Sieg Heil“-Ruf zu.
Die Peinigung mit dem Meterstab, die ebenfalls im Netz gelandet war, habe der Zeuge selbst nicht für dramatisch erachtet. Die Polizei habe diese Zurschaustellung der Misshandlung dennoch in die Ermittlungen aufgenommen, wie es im Gerichtssaal hieß. Dass er gefilmt werde, sei ihm in beiden Fällen nicht bewusst gewesen.
In der Schule mit Meterstab gepeinigt
Dr. Warga versuchte es nun ein letztes Mal, auf den Angeklagten einzuwirken: „Ich gebe Ihnen jetzt die letzte Chance zu einem Geständnis! Noch wäre der Bonus da! Ansonsten steuern Sie nun mit Vollgas in Richtung Arrest!“ Denn bei den Vorwürfen sei die Vollstreckung einer Haftstrafe von einem Wochenende bis hin zu vier Wochen durchaus denkbar. Erst jetzt lenkte der Angeklagte ein: „Freiheit ist das Wichtigste!“ Er räumte beide Straftaten ein, war damit einverstanden, dass sein Smartphone eingezogen bleibt, bat am Ende der Verhandlung sogar den Zeugen um Entschuldigung, die dieser auch annahm.
Letzte Warnung vom Richter
Da war das Urteil bereits gesprochen. Richter Dr. Warga verurteilte den 19-Jährigen zur Zahlung von 1.500 Euro an den Tierschutzverein Waldkraiburg, den Nachweis habe er bis zum 10. September 2025 dem Gericht vorzulegen. Geständnis, Entschuldigung und der Verzicht auf sein Smartphone hätten sich strafmildernd ausgewirkt. Er blieb damit hinter den Erwartungen der Staatsanwaltschaft, die eine Zahlung von 2.000 Euro gefordert hatte sowie einen Freizeit-Arrest von der Dauer eines Wochenendes.
Weil er eine Reifeverzögerung erkannt habe, sei das Jugendstrafrecht zur Anwednung gekommen, erklärte Dr. Warga. Das Urteil wurde sofort rechtskräftig. „Sie haben die Kurve gerade noch gekratzt!“, warnte vier weiteren Auffälligkeiten, die dann auch wohl Arrest zur Folge hätten.