Im Landkreis Mühldorf
Acht tote Rinder im Horror-Kuhstall: So begründet Angeklagter (49) das Drama – und so ist die Strafe
Ein Landwirt hat seine Rinder schwer vernachlässigt, einige starben elendig an Unterernährung. Dafür saß der 49-Jährige vor dem Mühldorfer Amtsgericht. Die Begründung seines Versagens lässt aufhorchen.
Mühldorf – Wegen quälerischer Tiermisshandlung, Tiertötung durch Unterlassen und fahrlässigen Besitzes einer Schusswaffe ohne Erlaubnis musste sich ein Landwirt (49) aus dem südlichen Landkreis Mühldorf vor dem Amtsgericht Mühldorf verantworten. Im Stall seines Bauernhofes wurden im Januar acht zum Teil schon verweste Rinder gefunden. 18 weitere Tiere waren abgemagert und standen in einer Brühe aus Kot und Urin.
Wochenlang kein Futter und kein Wasser
Laut Anklage der Staatsanwaltschaft Traunstein hatte der Landwirt seit Herbst 2023 die Fütterung seiner Tiere schwer vernachlässigt: „Er sorgte nicht für eine hinreichende Nahrungs- und Flüssigkeitsversorgung seiner Rinder.“ Die Rinder magerten ab, zehrten aus und verhungerten und verdursteten. Dies wurde bei einer Kontrolle durch das Veterinäramt Mühldorf Ende Januar festgestellt.
Eines der Rinder wog nur 180 Kilogramm und war in seiner Entwicklung zurückgeblieben. „Die übrigen Tiere wogen etwa 350 bis 850 Kilogramm, was jeweils nur circa die Hälfte des Normalgewichts vergleichbarer gesunder Tiere beträgt“, so Staatsanwalt Thomas Putschbach.
Die überfüllte, nicht entleerte Güllegrube führte zu einem Rückstau und einem rund 15 Zentimeter tiefen Güllesee im Stall. Das Fell der Tiere war stark verschmutzt. Ein Rind stand in seinem Stall in einem circa 40 Zentimeter tiefen, zähflüssigen Kot-Urin-Streugemisch. Trockenes Stehen und Liegen war den Tieren nicht möglich.
Leid und Tod der Tiere in Kauf genommen
Dass die Rinder bis auf die Knochen abgemagert und verschmutzt waren, habe der Angeklagte zwar erkannt, aber nichts an den Haltungsbedingungen geändert, so der Vorwurf. Trotz des Todes von acht Kühen habe er keinen Tierarzt gerufen. „Die damit verbundenen erheblichen und über mehrere Wochen andauernden Leiden der Tiere sowie deren Tod nahm der Angeklagte billigend in Kauf“, trug der Staatsanwalt vor.
Was den fahrlässigen Verstoß gegen das Waffengesetz angeht, besaß der Angeklagte eine vom Vater geerbte scharfe Schusswaffe im Waffenschrank, ohne dafür eine waffenrechtliche Erlaubnis zu haben.
Landwirt spricht von Depressionen
Als Grund für die Vernachlässigung seiner Kälber und Kühe gab der Landwirt schwere Depressionen an. Jahrelang habe er erst die Mutter, dann den Vater gepflegt. Nach dem Tod der Eltern sei er allein auf dem Hof gewesen, habe wegen Schulden zusätzlich eine Vollzeitarbeit angenommen. Er sei mit allem überfordert gewesen. Seine Tiere ausreichend zu versorgen, habe er irgendwann nicht mehr geschafft. Ein ärztliches Gutachten, von der Staatsanwaltschaft beauftragt, habe aber keine Einschränkung der Schuldfähigkeit des Angeklagten ergeben.
So kontrolliert das Veterinäramt
Das Veterinäramt Mühldorf ist (Stand 14. November 2024) für 2.663 Betriebe mit Nutztierhaltung zuständig, davon sind 1.187 Rinderhalter. „Insgesamt kontrollieren vier verschiedene Mitarbeiter – Amtstierärzte und Veterinärassistenten – die Nutztierhalter“, beantwortet Landratsamts-Pressesprecherin Karin Huber die Anfrage des OVB. „Diese vier haben aber zusätzlich noch eine Reihe weiterer Aufgaben in anderen Bereichen.“
Bei Kontrollen landwirtschaftlicher Tierhaltungen wird zwischen Anlasskontrollen und Plankontrollen unterschieden. Huber: „Alle Arten von Kontrollen erfolgen grundsätzlich ohne Ankündigung. Anlasskontrollen erfolgen meist nach Hinweisen von anderen Behörden, Institutionen oder Bürgern.“ Bei Plankontrollen werden die Betriebe ohne konkreten Anlass entweder risikoorientiert oder nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Das Veterinäramt Mühldorf führt pro Jahr jeweils circa 60 Plan- und Anlasskontrollen in Rinderhaltungen durch.
Staatsanwalt gegen Bewährung
Der Staatsanwalt forderte für den Landwirt eine Freiheitsstrafe von 21 Monaten, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wird sowie die Anordnung eines umfassenden Tierhalteverbots für die Dauer von fünf Jahren. Verteidiger Jörg Zürner beantragte die Verhängung einer Freiheitsstrafe auf Bewährung, deren Höhe er in das Ermessen des Gerichts stellte.
Nutztierhaltung nein, Katze ja
Vorsitzende Richterin Dr. Angela Michielsen folgte dem Antrag des Staatsanwalts verhängte gegen den nicht vorbestraften 49-Jährigen eine Freiheitsstrafe von nur 18 Monaten mit dreijähriger Bewährungszeit, eine Zahlung von 4.000 Euro an den Tierschutzverein Waldkraiburg und untersagte ihm für fünf Jahre die Haltung von Nutztieren. Weil die Richterin kein umfassendes Tierhalteverbot erteilte, darf der alleinlebende Landwirt seine Katze behalten.
Das Urteil ist bereits rechtskräftig, Verteidiger und Staatsanwalt haben ihre Berufung zurückgenommen.