Parteien diskutieren nicht im Stadtrat – aber auf Facebook
Heuer kein Eis auf Mühldorfs Eisbahn? Zwölfjähriger schreibt Brief an Bürgermeister Hetzl
Auch die Stadtratsfraktionen von SPD, Grüne und Linke schalten sich in die Diskussion um die Eisbahn in Mühldorf ein. Ihr Eilantrag fällt aber im Stadtrat durch. So geht es nun weiter in der Frage nach den Eiszeiten, die in den sozialen Netzwerken hitzig diskutiert werden.
Mühldorf – Kein Eis, kein Kinderspaß, keine Abendrunden für Erwachsene oder freie Bahn für Stockschützen: Corona hat in diesem Winter das Eisvergnügen in Mühldorf gestoppt. Unrentabel, ökologisch fragwürdig – mit diesen Argumenten verzichten die Stadtwerke darauf, die Eisbahn in dieser Saison zu öffnen.
Schlittschuhe werden zum nutzlosen Weihnachtsgeschenk
Felix Schroeter ist zwölf Jahre alt, er wohnt in Mühldorf und steht traurig vor der Betonfläche neben dem Mühldorfer Volksfestplatz, auf der in anderen Jahren nachmittags eisiger Hochbetrieb herrscht. Er hat an den Bürgermeister geschrieben. „Jetzt habe ich mir neue Schlittschuhe zu Weihnachten gewünscht und Mama sagt, dass in der Zeitung steht, dass die Eisbahn heuer gar nicht aufmacht.“
Frische Luft statt Computerspiele
Dabei, sagt der Zwölfjährige, sei doch die Eisbahn eine Möglichkeit, Kinder an die frische Luft zu bringen, statt sie im Corona-Frust vor Handy, PC oder Spielekonsole hocken zu lassen.
An diesem Punkt setzt auch Katalin Meßmer an, Fitnesstrainerin und Mutter eines zehnjährigen Jungen. „Drinnen ist sowieso schon fast kein Sport möglich. Den Kindern sollte zumindest draußen das Schlittschuhlaufen erlaubt sein!“ Die Ansteckungsgefahr in frischer Luft sei gering. Die Kinder hätten sicher nichts dagegen, dabei Maske zu tragen. „Das sind sie eh schon gewöhnt durch die Schule!“
Kinder trauern Verzicht von weiterem Freizeitspaß nach
Felix Loserth, 9, beklagt, dass ihm mit der geschlossenen Eisbahn ein weiterer Freizeitspaß genommen wird: „Wir Kinder haben schon so lange nichts mehr gehabt“, sagt der Neunjährige, der Fußballer beim FC Mühldorf ist. Der Fußballclub hat vor Wochen den Trainingsbetrieb wegen der hohen Corona-Inzidenz eingestellt.
Die Alternative? „Wir können auf Seen ausweichen. Das haben wir auch im vergangenen Jahr gemacht“, überlegt Loserth. Doch sei nicht sicher, ob es in diesem Winter kalt genug wird, dass die Seen auch wirklich tragen.
In Trostberg ist die Freiluftfläche offen
Sabine Thalhammer ist Fitnesstrainerin und Mutter zweier Kinder, Laura (16) und Leon (9). Sie spielt Eishockey bei den „Chief Ladies“ in Trostberg und kann nicht verstehen, dass die Freiluftfläche dort unter der Einhaltung der 2G-Plus-Regel geöffnet ist, in Mühldorf hingegen zubleiben soll. Dass Kinder und Eltern stattdessen auf halbzugefrorene Seen rumrennen, hält sie für bedenklich. „Das war im vergangenen Winter auf dem halb zugefrorenen Flossinger Weiher schon gefährlich!“
Öffnung wirtschaftlich und ökologisch nicht vertretbar
Der Ruf nach Bewegung und die Forderung nach der Öffnung der Eisbahn kann Stadtwerke-Chef Alfred Lehmann grundsätzlich teilen. Er sieht aber auch die andere Seite. „Die Corona-Einschränkungen sind einfach zu groß“, sagt Lehmann. Die Probleme: 2G plus, obwohl die Bahn im Freien liegt, nur eine begrenzte Anzahl an Menschen auf der Eisfläche, zu wenig Platz hinter der Bande, als dass dort Abstandsregeln eingehalten werden könnten, nur ein Ein- und Ausgang, der die Abfertigung, Kontrollen und Tests erschwert.
„Unter den momentanen Vorgaben macht es keinen Sinn, aufzumachen“, sagt Lehmann. Der Energieaufwand für die Bereitung des Eises ist laut Lehmann nicht unerheblich. „Für die geringen zugelassenen Besucherzahlen Eis zumachen, ist wirtschaftlich nicht vertretbar und ökologisch auch nicht.“
Maximal 49 Personen dürfen auf die Eisfläche
49 Menschen dürfen nach den Corona-Regeln maximal auf die Eisfläche, in Nicht-Coronazeiten tummeln sich dort auch schon mal über 150. „Es ist sehr bedauerlich, aber wir mussten eine Entscheidung treffen.“ Und die bedeutet heuer kein Eis, selbst wenn die Regeln im Frühjahr irgendwann gelockert werden sollten. Dann sei es zu spät, den Aufwand zu betreiben, um die Bahn noch herzurichten. Und einfach schon zu warm.
Nicht immer nur aufs Geld schauen
Auch die Erfahrung im Hallenbad bestätigt die Stadtwerke in ihrer Entscheidung. Das hat zwar samt der Sauna wieder geöffnet, die Besucherzahlen sind aber laut Lehmann überschaubar. Den Ausschlag, das Bad trotzdem aufzusperren, hätten Absprachen mit den Schulen gegeben. „Die Schulen wollten das Bad, damit Kinder schwimmen lernen.“
Und abends kämen dann die Vereine, sodass die Auslastung einigermaßen vertretbar wäre. „Denn der Tagesbesuch ist mau.“ Felix Schroeter sieht das für die Eisbahn anders. Geld oder Umsatz sollte keine Rolle spielen, wenn es um die Kinder geht. „Die Eisbahn sollte einfach aufmachen, wegen allen, die Freude daran haben, auf die Eisbahn zu gehen, um sich zu bewegen.
Eilantrag von SPD, Grüne und Linke fällt durch
Die Nachfrage nach Eiszeiten in Mühldorf hat einige Parteien auf den Plan gerufen. Die Stadtratsfraktionen von SPD und der Grünen sowie Claus Debnar (Die Linke) hatten zur Sitzung am vergangenen Donnerstag (16. Dezember) einen Eilantrag formuliert, in welchem der Bürgermeister als Vorsitzender des Aufsichtsrats beauftragt werden sollte, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten bei den Stadtwerken auf eine Öffnung der Eisbahn hinzuwirken. Der Eilantrag wurde mit den Stimmen der beiden größten Fraktionen im Stadtrat, CSU und UM, abgelehnt.
Zweite Bürgermeisterin nach einer Lösung bemüht
Tags darauf jedoch bekundete die CSU ihre Unterstützung bei der Suche nach einer Lösung. Zweite Bürgermeisterin Ilse Preisinger-Sontag (CSU) habe mit dem Gesundheitsamt und der Geschäftsführung eine Begehung der Eisbahn vereinbart, teilt der CSU-Ortsverband Mühldorf mit. Und die Partei des Bürgermeisters, die UM, kündigt an, dass Stadtoberhaupt Hetzl ein virtuelles Treffen mit dem Geschäftsführer der Stadtwerke und den Fraktionssprechern einberufen wird, um über die Gründe der Nichtöffnung zu informieren.
Die UM führt bei der Diskussion um die Eisbahn-Öffnung hohe Energiekosten an, wonach der Betrieb der Eislaufbahn pro Monat 50.000 Kilowattstunden (kWh) Strom verschlingt, dazu 1000 Kubikmeter Wasser und 30.000 kWh Gas. „Nachhaltigkeit sieht anders aus!“, so der Kommentar der UM in den sozialen Netzwerken.