Baugebiet „Am Kirchenfeld“
Rückzieher nach Zuschlag: Warum das Mühldorfer Baulandmodell manch einem Probleme macht
Die Baugrundstücke „Am Kirchenfeld“ waren heiß begehrt: 22 Bewerber haben eine Zusage erhalten. Doch das allein garantiert noch kein Eigenheim. Warum beim Mühldorfer Baulandmodell nicht alles rund läuft.
Mühldorf – Im Baugebiet „Am Kirchenfeld“ hat die Stadt Mühldorf 22 Parzellen nach dem Mühldorfer Baulandmodell vergeben. Es soll Menschen, die unter 60.000 Euro verdienen, Kinder oder pflegebedürftige Familienmitglieder haben, in Mühldorf wohnen und/oder arbeiten und sich ehrenamtlich engagieren, günstigere Grundstücke zukommen lassen.
Vergabe nach Punktesystem
Die „Richtlinien für Wohnungsbauförderung (Baulandmodell)“, nach denen die Grundstücke vergeben wurden, wurde vom Stadtrat nach einer Korrektur im September 2022 beschlossen. Bewerbungsschluss für Interessenten war der 31. Dezember 2022. Für festgelegte Auswahlkriterien, unter anderem Vermögen und Einkommen, Zahl der Kinder, Zeitdauer des Wohnsitzes und/oder der Erwerbstätigkeit in Mühldorf, wurden Punkte vergeben.
93 Bewerbungen für 22 Parzellen
„Von insgesamt 93 Bewerbungen – davon 67 mit Wohnort Mühldorf – entsprechen 70 den Vorgaben, 23 erfüllen also die Kriterien nicht“, erklärt Werner Kurzlechner, Pressesprecher der Stadt. „Die Zu- oder Absagen unsererseits erfolgten Mitte August. Die Verkäufe sind noch nicht abgeschlossen.“
Zehn kommen von auswärts
Woher diese 70 anerkannten Bewerbern, die sich im Vergabeverfahren durchgesetzt haben, kommen, teilt die Stadt auf Nachfrage des OVB mit: „52 wohnen in der Kreisstadt Mühldorf, acht im Landkreis Mühldorf und zehn davon sind in anderen Landkreisen wohnhaft.“
Doppelhaushälften und Einfamilienhäuser
Die Parzellen in dem Baugebiet reichen von den vier kleinsten Grundstücken mit 312 Quadratmetern für Doppelhaushälften mit einem Kaufpreis von jeweils 140.321 Euro bis zum größten Grundstück mit 657 Quadratmetern für ein Einfamilienhaus zum Preis von 294.395 Euro. Der Preis pro Quadratmeter wurde mit 345 Euro festgelegt.
Kauf und Bau nicht mehr bezahlbar
Wie Stadtrat Dr. Georg Gafus (Grüne) in der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses anmerkte, hatte sich bei ihm eine Familie gemeldet, die zwar den Zuschlag bekommen habe, aber angesichts Inflation, gestiegener Bauzinsen und Baukosten einen Rückzieher machen musste. „Sie können sich den Kauf des Grundstücks und den Hausbau nun nicht mehr leisten und haben bei der Stadt wegen Erbpacht angefragt, das wurde abgelehnt“, so Gafus. Er wollte wissen, warum das nicht möglich ist, obwohl Erbpacht in den Richtlinien sehr wohl erwähnt sei.
Erbpacht ist nicht möglich
„Der Stadtrat hat ausdrücklich den Verkauf nach dem Einheimischen-Modell beschlossen“, entgegnete Stadtbaumeisterin Birgit Weichselgartner in dieser Sitzung auch in ihrer Funktion als kommissarische Leiterin der Kämmerei. „Erbpacht käme nur infrage, falls die Grundstücke nicht verkauft werden könnten.“ Es seien aber genügend Nachrücker für zurückgegebene Grundstücke vorhanden. Bürgermeister Michael Hetzl (UM) unterstrich, dass Erbpacht nur für einen Einzelnen nicht möglich sei.
Stadtrat hat nur Verkauf vorgesehen
Ausdrücklich betont das auch noch einmal der Pressesprecher: „Eine Vergabe auf Erbbaurecht ist im Baugebiet Kirchenfeld nicht möglich, da im zugrunde liegenden Stadtratsbeschluss ausschließlich ein Verkauf vorgesehen ist und dies in der Ausschreibung entsprechend kommuniziert wurde.“
Fünf Bewerber haben zurückgezogen
Wie die Stadtverwaltung auf Nachfrage des OVB mitteilte, haben mittlerweile schon fünf Interessenten, die eines der 22 heiß begehrten Grundstücke ergattert haben, ihre Bewerbung zurückgezogen. Bei 48 Nachrückern auf der Warteliste, wird die Stadt aber nicht Gefahr laufen, auf einer der Parzellen sitzen zu bleiben. Ein weiteres Angebot der Stadt nach dem Baulandmodell ist derzeit nicht absehbar.
Mit dem ersten Baubeginn „Am Kirchenfeld“ ist frühestens im kommenden Frühjahr zu rechnen.
Bauanträge in der Kreisstadt
Im Kalenderjahr 2022 wurden in der Kreisstadt Mühldorf für Ein- und Zweifamilienhäuser 21 Bauanträge gestellt, im laufenden Jahr 2023 waren es bisher 36 Bauanträge (Stand 18. Oktober).
Die Baugenehmigungen erteilt das Landratsamt: Im Jahr 2022 waren das für den Stadtbereich Mühldorf für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Doppelhäuser insgesamt 23 Genehmigungen, für 2023 (Stand 23. Oktober) 16 Genehmigungen.
Bei Grundstücken, die die Stadt im Baulandmodell vergibt, muss innerhalb von vier Jahren ab Beurkundung des Grundstückskaufs Bezugsfertigkeit gegeben sein. „Normale“ Baugenehmigungen sind für vier Jahre gültig, ohne Bauzwang und können dann alle zwei Jahre verlängert werden.