Tag der offenen Tür bei Freunden der alten Feuerwehr
Aufregung um altes Feuerwehrauto: Wie ein Mühldorfer Verein in Nazi-Verdacht geriet
Es war ein entspannter Tag der offenen Tür bei den Freunden der alten Feuerwehr Mühldorf. Bis ein Foto im Internet auftaucht, das zu Spekulationen Anlass gab.
Mühldorf – Auf den Magirus-Deutz, Diesel, 6-Zylinder, neun Tonnen schwer, sind sie bei den Freunden der alten Feuerwehr Mühldorf irgendwie schon stolz. In jahrelanger Kleinarbeit haben sie das Fahrzeug mit der 26 Meter langen Drehleiter detailliert restauriert, sagt Vereinschef Rudolf Noppenberger. Am Samstag bei einem Tag der offenen Tür wurde das in luftwaffengrau lackierte Fahrzeug gezeigt – zeitweise allerdings mit dem original Wappen der „Feuerlöschpolizei Obersalzberg“. Und das enthält ein Hakenkreuz.
Mit einem Magneten abgedeckt
Ja, bestätigt Noppenberger, das ist nicht optimal gelaufen. Denn eigentlich wurde das Nazi-Zeichen mit einem Magneten abgedeckt, sagt er. Das öffentliche Herzeigen des Hakenkreuzes ist nach Strafgesetzbuch-Paragraph 86a (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) strafbar. Das wisse er, sagt Noppenberger. Daher der Magnet. Der allerdings sei dann am Samstag geklaut worden – und wie es so kommt: Jemand fotografierte das Wappen und stellte es ins Internet. Jetzt ist die Aufregung groß. „Mir wird schlecht“, twitterte eine Userin.
„Eine „Verherrlichung“ der NS-Zeit liege dem Verein fern, sagt Noppenberger. Aber er sagt auch: „Das ist eben Geschichte.“ 70 000 Euro habe der Verein in die Restaurierung gesteckt.
Über die Feuerlöschpolizei dem Obersalzberg ist fast nichts bekannt. Selbst die vom Institut für Zeitgeschichte eingerichtete „Dokumentation Obersalzberg“ hat kaum Unterlagen dazu. Dem stellvertretenden Leiter Albert A. Feiber liegt nur ein Schreiben aus dem Jahr 1945 vor, in dem die Feuerwehr überhaupt erwähnt ist. Selbst im Sprechstellenverzeichnis für den Obersalzberg aus dem Jahr 1942 taucht die Feuerwehr seltsamerweise nicht auf, sagt Feiber. Er vermutet, dass die Feuerwehr direkt dem SS-Kommando unterstand, das für die Sicherheit auf Hitlers Berg sorgen sollte. Ob die Feuerwehrleute SS-Leute waren, ist unbekannt.
Der Obersalzberg war als zweiter Regierungssitz Hitlers ein besonders abgeschirmter Bereich („Führer-sperrgebiet“), hier fädelten Hitler und seine Funktionäre zahlreiche fatale Entscheidungen ein, etwa den Hitler-Stalin-Pakt („Nichtangriffspakt“) von 1939. Es liegt nahe, dass vor allem in der zweiten Kriegshälfte die Sorge vor alliierten Luftangriffen zunahm – mit der Feuerwehr dünkte man sich für den Fall der Fälle gewappnet. Am 25. April 1945 zeigte sich, das dem nicht so war: Bei einem Luftangriff wurde der Regierungssitz in Schutt und Asche gelegt.
23 Mann bei der Feuerwehr Obersalzberg
Im „Forum der Wehrmacht“ wird für 1944 eine Feuerwehr-Stärke von 23 Mann und die Ausrüstung mit zwei Kraftfahrspritzen KS 25 und einer Kraftfahrdrehleiter KL 26 genannt – letztere genau das Fahrzeug, dass die Mühldorfer Feuerwehrfreunde restauriert haben.
