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„Die ganze Diskussion ist hirnrissig“

Längere Öffnungszeiten? Händler im Kreis Mühldorf haben dazu eine klare Meinung

Tüten voller Kartoffeln und ein Display zum Bezahlen: Im Hofladen von Martin Brunnhuber und seiner Tochter Philomena in Pürten ist die Ware durch Automaten geschützt.
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Tüten voller Kartoffeln und ein Display zum Bezahlen: Im Hofladen von Martin Brunnhuber und seiner Tochter Philomena in Pürten ist die Ware durch Automaten geschützt.

Längere Öffnungszeiten, Automatengeschäfte, offene Sonntage: In Bayern werden derzeit verschiedene Modelle und Gesetze zum Ladenschluss diskutiert. Eine Geschäftsfrau nennt eine der Überlegungen „hirnrissig“.

Mühldorf – Wer durch Mühldorf geht, fühlt sich mitunter in die 1990er Jahre zurückversetzt. Einzelne Geschäfte schließen über Mittag, sind am Mittwochnachmittag ganz zu oder ab 18 Uhr. Längere Öffnungszeiten? „Wie soll der Handel das noch machen, jetzt wo er am Boden liegt?“, fragt Christian Kühl, Sprecher der Aktionsgemeinschaft „Mühldorf vor Ort“.

Klares Nein zu längeren Öffnungszeiten

Im Landkreis trifft die Entscheidung der Staatsregierung, die Öffnungszeiten generell nicht zu verlängern, auf Zustimmung. Dem normalen Handel kann nach Kühls Einschätzung mit einer Ausweitung der Öffnungszeiten nämlich nicht geholfen werden. Im Gegenteil. „Aufgrund des Mitarbeitermangels gehen viele inzwischen auf Kernöffnungszeiten zurück.“

Auch aus dem Globus-Supermarkt kommt ein klares Nein. „Ich sehe eine Ausweitung gar nicht“, erklärt Geschäftsführer Tobias Au. Nach seiner Einschätzung würden sich Umsätze lediglich verlagern, aber nicht erhöhen. Vor allem aber: „Es ist unseren Mitarbeitern nicht vermittelbar, länger arbeiten zu müssen.“ Es gehe darum, Arbeitsplätze attraktiv zu machen, längere Öffnungszeiten stünden dem massiv entgegen.

Eine Erleichterung für den Handel könnte dagegen der Wegfall der Regel sein, am Sonntag nur bei besonderen Anlässen öffnen zu können. Künftig sollen grundsätzlich vier Sonntage im Jahr verkaufsoffen sein dürfen. Aktionsgemeinschaftschef Kühl schränkt aber ein: „In Mühldorf ist vor allem einer von drei offenen Sonntagen etabliert“, der am Autosonntag im Frühjahr. Die anderen sind keine durchschlagenden Erfolge. Vielleicht, sagt Kühl, gibt die neue Regelung neue Möglichkeiten.

Nicht für die Supermärkte. „Dafür sind wir zu weit ab vom Schuss“, betont Globus-Chef Au, das wäre nur sinnvoll, wenn sein Markt in Innenstadtnähe läge.

Eine klare Meinung zu dem Thema hat auch Michaela Obermeier-Lohner. Dabei ist sie von Vorschriften zu Öffnungszeiten nicht direkt betroffen. Die Unternehmerin und Landwirtin aus Niederbergkirchen springt ihren Kollegen aus dem Einzelhandel trotzdem bei: „Die ganze Diskussion ist hirnrissig.“ Sie sagt: „Man bekommt doch heute kaum mehr Beratung, weil es keine Mitarbeiter mehr gibt. Was sollen da längere Öffnungszeiten?“

300 Artikel im kleinen Hofladen

Auch Obermeier-Lohner hat einen Laden, eher einen kleinen Holzstadl, der im Schatten der Kirche in Niederbergkirchen steht. Auf dem Vorplatz sind Fahrräder an eine Hecke gelehnt, die dazugehörigen Radler sitzen auf einer Bank. Sie lutschen ein Eis, das sie in dem kleinen Hofladen gekauft haben. Eines von fast 300 Produkten, die die Familie Obermeier anbietet. Oder, wie Chefin Michaela Obermeier-Lohner sagt: „Bei uns gibt es alles.“ Butter, Wein, Bier, Eis, Essig, Hühnerfleisch, das Angebot ist umfassend. Und das rund um die Uhr, denn die Öffnungszeitenregeln gelten für die personallosen Hofläden nicht.

Seit etwa drei Jahren betreibt die Familie den kleinen Laden, in dem die Ware offen steht oder in Automaten verwahrt wird. Personal gibt es dort nicht. Das Angebot werde gut angenommen, sagt Obermeier-Lohner. Auf der Internetseite Bauernland gibt es 37 Einträge für Hofläden im Landkreis, es dürften aber noch mehr sein, schätzt man im Landwirtschaftsamt. Wie viele genau und wie hoch ihr Umsatz ist, weiß man bei der Behörde allerdings nicht. Auch nicht, wie viele ohne Personal auskommen. Es dürften die meisten sein.

Wichtiger Verkaufsort für Lebensmittel

Fest steht: Die Läden haben sich zu einem wichtigen Verkaufsort für Lebensmittel entwickelt. Wenn es um die Verkaufszeiten geht, hat Hofladen-Betreiberin Obermeier-Lohner aber eine Überraschung parat. Die Haupteinkaufszeiten lägen nicht am Wochenende oder abends, sondern ganz klassisch am Vormittag und Nachmittag, sagt sie. „Nach Ladenschluss gehen nur noch Bier, Fleisch und Süßigkeiten.“

Es ist Sonntagnachmittag, ein heißer Tag. Vor dem Selbstbedienungsladen beim Pauli-Wirt in Erharting steht eine kleine Schlange. „Wir wollen jetzt doch grillen“, sagt ein Mann, der Würste und mehrere Stücke Fleisch aus dem Laden trägt. Die Kinder sind überraschend zu Besuch gekommen. Drinnen gibt es Fleisch und Würste in allen Ausführungen, Deko-Artikel, Obst. Und – falls gewünscht – ein frisches Bier.

Konkurrenz für Lebensmittelmärkte?

Für die großen Lebensmittler im Landkreis sind diese Läden ohne Ladenschluss noch keine direkte Konkurrenz, sagt Globus-Chef Au. Er betont aber auch: „Das ist nichts, das ich mit Freude begrüßen würde.“ Er spricht von einem Trend, der steigend sei. „Man muss sich das genau anschauen“, denn zu den Hofläden kämen in der nächsten Zeit auch kleine Tante-Emma-Läden, die ohne Personal funktionierten.

Konkurrenz für den Handel?

Weil es dort und an Tankstellen derzeit vor allem Lebensmittel nach Ladenschluss gibt, stellt der Trend für den übrigen Einzelhandel keine Gefahr dar. Das sagt Aktionsgemeinschaftsvorsitzender Kühl. „Das ist eine Produktgruppe, die den normalen Handel kaum trifft.“

Zurück zum Hofladen der Familie Obermeier-Lohner in Niederbergkirchen und einem großen Problem: die Sicherheit. Obermeier-Lohner schätzt die Schäden durch Diebstähle auf monatlich 1000 Euro. Ein Teil ihrer Ware steckt – wie in anderen Läden auch – in Automaten. Aber eben nicht alles, manches ist frei zugänglich. Bezahlt wird per Karte oder bar.

Noch mehr Automaten

„Es lief lange sehr gut, die Leute haben oft großzügig mehr Geld reingelegt“, berichtet Obermeier-Lohner. Das habe sich in den letzten sechs Monaten aber geändert, Diebstähle nähmen zu. „Der Laden ist jetzt relativ leer“, sagt die Chefin. Sie will jetzt zusätzliche Automaten kaufen. Denn Aufgeben kommt nicht infrage.

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