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Aufsehenerregender Fall in Mühldorf

Hetzerische Beiträge in Whats-App-Gruppe: Sind sie strafbar? – Zwei Männer in Mühldorf vor Gericht

Wegen privater Beiträge in einer geschlossenen WhatsApp-Gruppe standen zwei Männer vor dem Amtsgericht Mühldorf.
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Wegen hetzerischer Beiträge in einer geschlossenen WhatsApp-Gruppe standen zwei Männer vor dem Amtsgericht Mühldorf.

Was als harmloser Whats-App-Freundeskreis im Landkreis Mühldorf begann, endete vor dem Amtsgericht Mühldorf. Zwei Männer müssen sich jetzt wegen ihrer menschenverachtenden Beiträge verantworten. Ist WhatsApp ein geschützter Raum? Welches Urteil fällen die Richter?

Mühldorf – Eine Whats-App-Gruppe ist geschlossen und privat. Da kann man posten, was man will. Das denken viele. Doch dem ist nicht so. Auch private Posts können strafbar sein. Das wissen jetzt auch der 34-jährige Andreas V. und sein 32-jähriger Kumpel Thomas A. (beide Namen von der Redaktion geändert). Sie sind wegen Posts in einer Whats-App-Gruppe der Volksverhetzung und der Verbreitung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilt worden.

Andreas V. und Thomas A. wohnen im Landkreis Mühldorf. Sie arbeiten als Elektriker und Lkw-Fahrer, leben in geordneten Verhältnissen, sind äußerlich ganz normale junge Männer und gehörten beide einem Freundeskreis an, der sich über eine WhatsApp-Gruppe austauschte, die laut Anklage zeitweise bis zu 29 Mitglieder hatte. 

Menschenverachtende Beiträge zwischen 2019 und 2021

In der Gruppe tauschten die Mitglieder zwischen 2019 und 2021 nicht nur Belanglosigkeiten aus. Da gab es unter anderem auch Beiträge mit Hakenkreuzen und SS-Runen, die verherrlichend kommentiert wurden. Da wurden Galgen mit menschenverachtenden, ausländerfeindlichen Kommentaren geteilt, da gab es vermeintliche „Witze“, die sich gegen Menschen mit dunkler Hautfarbe richteten. 

Wer Beiträge auf WhatsApp teilt, macht sie sich zu eigen – auch als Meinung, für die er gerade stehen muss.

Auch Andreas V. und Thomas A. haben vor gut fünf Jahren solche Beiträge in die Gruppe eingestellt. Deshalb mussten sie sich in zwei getrennten Verfahren unter anderem wegen Volksverhetzung vor den Mühldorfer Amtsrichtern Dr. Angela Miechielsen und Florian Greifenstein verantworten. Greifenstein: „Der Arm der Justiz ist lang.“

„Wir kennen die Gruppe ja gut“

Andreas und Thomas waren nicht die einzigen. „Wir kennen die Gruppe ja gut“, sagte Greifenstein; auch andere Mitglieder standen schon vor Gericht, nachdem die Gruppe aufgeflogen war, weil gegen eine beteiligte Polizistin wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen ermittelt wurde

Die juristische Bewertung der Staatsanwältinnen Regina Grandl und Kosima Krause war eindeutig: Die Posts waren menschenverachtend. „Durch das Teilen haben Sie es sich quasi zu eigen gemacht“, sagte Krause. Die Posts waren an eine nicht überschaubare Menge gerichtet. 

Post seien „keine persönliche Äußerung“

Rechtsanwältin Veronika Schönsteiner verteidigte Andreas. Sie wollte in den Posts „keine persönliche Äußerung“ sehen. Ihr Mandant habe „keine rechtsextreme oder ausländerfeindliche Gesinnung“ gehabt. 

Axel Reiter, der Verteidiger von Thomas A., konnte in den Beiträgen keine „Störung des öffentlichen Friedens“ erkennen. Es habe sich um eine „geschlossene Gruppe“ gehandelt. 

Das ließen weder Staatsanwältin Grandl noch Richter Greifenstein gelten. „Es kann aber technisch raus“, raunte Greifenstein, andere Mitglieder hätten es weiter verbreiten können. Staatsanwältin Grandl verwies darauf, dass der Angeklagte die Bilder ja auch irgendwo bekommen habe: „Wo hat man so etwas her?“

„Es war halt die Corona-Zeit“

Dass sie die betroffenen Beiträge geteilt haben, das gestanden beide Angeklagten ein. Beide Anwälte versicherten, ihre Mandanten hätten aber keine rechtsextreme Gesinnung gehabt. 

„Es war halt die Corona-Zeit. Da saß man daheim“, versuchte schließlich Thomas eine Erklärung. Einer habe angefangen, „und man hat sich mitreißen lassen. Heute ist man gescheiter.“ Worte, die Richter Greifenstein mit Kopfschütteln quittierte.

„Das war einfach dumm“

„Das war einfach dumm!“, sagte Richterin Miechielsen zu den Posts. „Woher kommt das?“, wurde in beiden Verfahren gefragt. Beider Leben ist doch eigentlich geregelt. „Das sind Menschen mitten aus der Gesellschaft“, wunderte sich auch Staatsanwältin Krause. 

Anwalt Reiter verwies noch mal auf die Isolierung während Corona. Sein Mandant habe „eine Dummheit gemacht“ im „geschlossenen Kreis“ seiner Freunde. 

„Das war kein Ausrutscher“

„Was haben die Bilder und Kommentare mit Corona und der aktuellen Regierung zu tun?“, hielt Staatsanwältin Krause dagegen. „Das war kein Ausrutscher. Das war eine ganze Bandbreite.“ 

Am Ende verhängten sowohl Richterin Miechielsen wie auch Richter Greifenstein wegen Volksverhetzung und dem Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen jeweils eine Strafe von 120 Tagessätzen. Beide Richter betonten: „Darunter geht es nicht.“

Miechielsen verwies in ihrer Begründung zudem auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Celle von 2022. Das habe in einem ähnlichen Fall schon entschieden, dass das Teilen von Bildern „nicht nur eine Weitergabe, sondern auch eine eigene Äußerung ist“.

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