Amtsgericht Mühldorf verhandelt
Hat Ehefrau aus Raum Wasserburg ihrem gestürzten, pflegebedürftigen Mann nicht geholfen?
Ein Fall von mutmaßlicher Körperverletzung beschäftigt das Amtsgericht Mühldorf. Eine Frau aus dem Wasserburger Land soll ihrem gestürzten, pflegebedürftigen Ehemann in seiner Not nicht geholfen haben. Was dahinter steckt und wie das Gericht entschieden hat.
Wasserburger Land – Hat eine Ehefrau ihrem gestürzten Mann nicht geholfen? Über diese Frage verhandelte kürzlich das Amtsgericht Mühldorf unter Amtsrichter Florian Greifenstein. Staatsanwältin Katharina Traurig warf der 63-Jährigen aus dem südwestlichen Landkreis Mühldorf, vertreten von Rechtsanwalt Jörg Zürner, gefährliche Körperverletzung vor. Im März 2024 soll die Frau, die mit der Pflege ihres pflegebedürftigen Ehemanns betraut war, ihren Mann gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt haben. Dieser hatte in den späten Abendstunden vom Schlafzimmer im 1. Stock aus die im Erdgeschoss liegende Toilette aufgesucht und war dabei gestürzt.
Den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge erfolgten mehrere Anrufe bei der Notrufzentrale, die Angeklagte legte jedoch jedes Mal auf, ohne einen Notruf abzusetzen. Der als Zeuge vernommene Polizeibeamte, der damals bei der Polizeiinspektion Waldkraiburg beschäftigt und vor Ort gewesen war, schildert das weitere Procedere: „Ein Notruf erreichte per Handy unsere Einsatzzentrale in Rosenheim, der diensthabende Beamte erhielt jedoch keine detaillierten Angaben, wo denn Hilfe geleistet werden sollte. So orteten wir die Handynummer und fanden das gesuchte Anwesen. Über dessen Bewohnerin erfuhren wir, dass sie schon mehrfach wegen Alkoholismus in Erscheinung getreten war“, so der Polizeibeamte.
Gattin soll im ersten Stock geschlafen haben
„Als wir am Haus ankamen, war im Erdgeschoss alles dunkel. Wir riefen die Feuerwehr und später einen Krankenwagen. Die Feuerwehrleute öffneten die Terrassentür und wir fanden im Bad den verletzten Mann, während die Gattin im Bett im ersten Stock schlief. Eine Kollegin musste sie lautstark wecken“, erklärte der Polizist weiter.
Etwas anders stellte die Angeklagte den Sachverhalt dar. „Ich wachte in der Nacht auf, weil ich meinen Mann unten schreien hörte. Er lag im Bad am Boden, aber ich konnte meinem 84 Kilogramm wiegenden Gatten nicht aufhelfen. Also deckte ich ihn mit einer Decke zu und rief gegen ein Uhr morgens mehrmals den Notruf. Erst saß ich am Boden neben ihm, später bin ich eingeschlafen.“
Gesundheitszustand sehr kritisch
Der alarmierte Notarzt bewertete den Zustand des gestürzten Mannes als sehr kritisch. Wie sich später im Krankenhaus Ebersberg herausstellte, hatte er einen Oberschenkelhalsbruch erlitten und er laborierte zusätzlich an akutem Nierenversagen.
Der Polizeibeamte machte im Gerichtssaal weitere Angaben: „Bei der Angeschuldigten wurde deutlicher Alkoholgeruch wahrgenommen. Ein zweimalig durchgeführter Alkoholtest blieb ergebnislos, die Ausatem-Phase war zu kurz gewesen. Die Frau wirkte allerdings klar und orientiert und konnte die Treppe ins Badezimmer alleine hinuntergehen. Ihr Mann sah verwahrlost aus und konnte nicht vernommen werden.“
Verfahren ausgesetzt, neue Ermittlungen folgen
Die Polizeiinspektion gab den ganzen Vorgang an die Staatsanwaltschaft Traunstein weiter, diese stellte Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung an. Amtsrichter Florian Greifenstein fasste den damaligen schlechten Allgemeinzustand des Mannes zusammen – mittlerweile ist dieser verstorben: „Der Mann litt unter Diabetes, er wies ein chronisches Nierenversagen auf. Dazu kam eine beginnende Demenz.“ Der Amtsrichter regte nun eine Einstellung des Verfahrens nach Paragraf 153 Absatz b an. Die Verteidigung stimmte diesem Ansinnen zu – nicht aber die Staatsanwaltschaft Traunstein. So blieb dem Richter nichts anderes übrig, als das Verfahren auszusetzen. Die Prozessakten gehen an die Anklagebehörde zurück, sie muss neue Ermittlungen anstellen.
Die Verhandlung wird fortgesetzt werden, dazu sollen die Rettungssanitäter, der Notarzt und der Beamte der Rosenheimer Einsatzzentrale gehört werden. Auch will der Richter eine Einsicht in die Betreuungsakte des Verstorbenen erhalten. Einen Termin für die Fortsetzung des Prozesses gibt es noch nicht, wir werden aber darüber berichten.