Letztes Kapitel der Weißbierbrauerei
Nach Familienstreit mit Haag: Warum es kein Mühldorfer Unertl Weißbier mehr gibt
Ab 31. Dezember 2024 gibt kein Mühldorfer Weißbier mehr. Im OVB-Gespräch erzählen die Beteiligten, was hinter dieser Entscheidung steckt und was die Haager Unertls damit zu tun haben.
Mühldorf – Das langsame Sterben der Mühldorfer Brauerei Unertl geht zu Ende. Zum 31. Dezember stellt die Unertl GmbH ihre Arbeit ein und das Mühldorfer Weißbier verschwindet. Es heißt künftig „Wolfgangs Weißbier“. Ein Aldersbacher Logo ersetzt das der Mühldorfer Familie Unertl auf dem Etikett.
Das Mühldorfer Weißbier ist Geschichte
Auf der noch existierenden Facebook-Seite der Unertl GmbH klingt das so: „Das sind die ehemaligen Unertl-Mühldorf-Biere, die jetzt in der Aldersbacher-Flasche glänzen – und das als echte Aldersbacher-Biere!“ Das ehemalige Mühldorfer Weißbier ist also jetzt endgültig beides: Mühldorfer Unertl Bier und Aldersbacher.
Das gilt zumindest für drei Sorten: Das Weißbier, das leichte Weißbier und die Bio-Dinkel alkoholfrei werden weiter nach den Rezepten von Wolfgang Unertl gebraut. Das sagt Stefan Haunberger, Geschäftsführer der Unertl GmbH. „Die drei Sorten werden umbenannt und bekommen eine komplett neue Aufmachung. Es bleibt aber beim gleichen Rezept.“ Alle anderen Unertl-Sorten wird es künftig nicht mehr geben, sie gehen im Aldersbacher Sortiment auf.
Und mehr noch: Die Unertl GmbH wird abgemeldet, ab 31. Dezember gibt es keine Büros in der Weißgerberstraße in Mühldorf, keine Bierwagen und Tragerl mehr. Die beiden Mitarbeiter, darunter Geschäftsführer Haunberger, werden von Aldersbacher übernommen. Mit diesem Tag gehen fast 100 Jahre Braugeschichte in Mühldorf endgültig zu Ende. Der Abschied zieht sich schon seit 2021 hin, damals schloss Wolfgang Unertl die Brauerei am Stadtwall und zog sein Bier nach Aldersbach um.
Hintergrund des Endes der letzten Mühldorfer Unertl-Firma ist ein Markenrechtsstreit mit der Haager Brauerei Unertl. Der läuft seit mehreren Jahren, zuletzt vor dem Landgericht München. Jetzt hat er mit einem Vergleich sein Ende gefunden. Das Ergebnis des komplexen Streits um Namensgebung, Rechte und Traditionen in Kurzform: Da die Mühldorfer Brauerei Unertl nicht mehr existiert, verzichtet sie auf die Nutzung des Namens Unertl. „Das ist sehr schade“, sagt Geschäftsführer Haunberger, „wir tragen unsere Marke zu Grabe.“
Künftig darf nur noch einer die Marke Unertl nutzen
Nach Informationen aus Branchenkreisen wollten beide Brauereien die Marke Unertl 2021 beim Patent- und Markenamt anmelden lassen. Doch das war den Haagern zu gefährlich, wie Alois Unertl jun betont: „Das wurde für uns bedrohlich“, wählt er starke Worte. „Es war Notwehr.“ Er ist Juniorchef der Weißbierbrauerei Unertl in Haag.
Deshalb habe sein Unternehmen gegen die Markennutzung durch die Mühldorfer Verwandtschaft geklagt. Alois Unertl spricht von Verwechslungsgefahr. Davon, dass er auf die Querelen der letzten Jahre in Mühldorf rund um das Volksfest oder den Verkauf des Brauereigeländes angesprochen worden sei. „Dabei haben wir nichts damit zu tun“, betont er. Das alles sei Sache der Mühldorfer Unertls gewesen.
Auch die enge Verbindung der Mühldorfer Unertl GmbH zur Brauerei Aldersbacher habe zur Sorge um die Marke beigetragen. „Was, wenn irgendwann im Unertl gar kein Unertl mehr drin ist?“, fragt der Haager Braumeister.
Sehr emotionales Thema
Er sagt aber auch: „Es ist ein sehr emotionales Thema.“ Die Firmenvertreter seien aber in gutem Einvernehmen auseinander gegangen. „Wir hegen keinen Groll gegen Wolfgang Unertl und wünschen ihm alles Gute.“
Wolfgang Unertl, Mühldorf Ex-Weißbräu und Gesellschafter der Unertl-GmbH war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Auch der Geschäftsführer der Mühldorfer Unertl GmbH Haunberger sagt: „Ich möchte Bier verkaufen und nicht prozessieren.“ Deshalb habe er dem Vergleich schweren Herzens zugestimmt. Eine Bedrohung für die Haager? Diese Einschätzung teilt Haunberger nicht. 8000 Hektoliter habe die Produktion der verschiedenen Mühldorfer Biere zuletzt bei Aldersbacher ausgemacht, viel zu wenig für eine eigene Brauerei.
Verzicht auf den Namen Mühldorf auf dem Etikett
Dass im Zuge dieses Streits auch der Name „Mühldorfer Weißbier“ verschwindet, liegt an einem weiteren Gerichtsverfahren, das noch nicht entschieden ist. Mit dem haben die Mühldorfer zwar nicht direkt zu tun, indirekt könnte es sie aber treffen. Dabei geht es um Brauereien, die Namen von Standorten tragen, an denen sie nicht brauen. Bekanntestes Beispiel in dem laufenden Verfahren: Das Chiemseer Bier, das in Rosenheim hergestellt wird. „Das ist noch nicht höchstrichterlich entschieden“, sagt Haunberger. Doch bevor die Marke noch mehr Schaden nimmt, verzichtet Aldersbacher fürs Weißbier vorsorglich auf den Namenszusatz Mühldorfer und nennt es jetzt Wolfgangs Weißbier.
Es wird also künftig nur noch ein Unertl Weißbier geben und das kommt aus Haag. Alois Unertl sagt selbstbewusst: „Wir sind die letzte reine Weißbierbrauerei in Deutschland.“ Und wer Mühldorfer Weißbier trinken möchte, hat künftig „Wolfgangs Weißbier“ im Glas.


