Trotz Milliarden-Paket: Teils verärgerte Reaktionen
Geld alleine reicht nicht: Das sagen Politiker aus der Region Mühldorf zum Flüchtlingsgipfel
Eine Milliarde Euro will der Bund den Kommunen für die Flüchtlingshilfe zukommen lassen. Das ist ein Ergebnis des Flüchtlingsgipfels der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Arbeit vor Ort machen vor allem Landkreis und Kommunen. Das sagen ihre Vertreter zu den Beschlüssen.
Berlin/Mühldorf – „Ob die Probleme damit gelöst sind?“ Schönbergs Bürgermeister, Alfred Lantenhammer, setzt hinter das Ergebnis des Flüchtlingsgipfels ein großes Fragezeichen. Geld allein reiche nicht aus. Die bürokratischen Hürden müssten abgebaut und das Geld anders eingesetzt werden. „Arbeit ist die beste Integration“, sagt er. „Wir müssen die Flüchtlinge in die gewerbliche Arbeit bringen. Hier sollten wir das Geld reinstecken. Beschäftigung müsste das höchste Gebot sein.“
Alle Flüchtlinge, die 2015 und 2016 nach Schönberg gekommen sind, hätten inzwischen Arbeit, seien dadurch integriert. „Es gibt keine arbeitslosen Flüchtlinge bei uns.“
Landrat Heimerl: Der Bund hat nichts verstanden
Landrat Max Heimerl wird noch deutlicher: „Ich bin enttäuscht und verärgert über die unzureichenden Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels.“ Die Bundesregierung habe das Grundproblem noch immer nicht verstanden. „Wir wollen auch in Zukunft Menschen in Not helfen. Das schaffen wir aber nur, wenn wir eine Überlastung unserer Gesellschaft verhindern.“ Das kann laut Heimerl nur durch eine Begrenzung der Zuwanderung gelingen. „Der Bund ignoriert unter dem Tarnmantel der Humanität die Konsequenzen einer ungesteuerten, insbesondere illegalen Zuwanderung. Daran ändern auch die neuen Zusagen nichts.“
Denn die konkreten Maßnahmen brächten vor Ort wenig. „Die Vorschläge zur Digitalisierung werden uns im Landkreis sicher nicht weiterbringen, weil ein Großteil der Maßnahmen bereits umgesetzt ist.“
Das zusätzliche Geld sei zwar zwingend nötig, aber deutlich zu wenig. „Allein heuer planen wir mit einem asylbedingten Mehraufwand in Höhe von 2,6 Millionen Euro für unseren Landkreis.“ Dazu kämen 520.000 Euro an Mehrkosten für Sozialhilfe-Leistungen für ukrainische Flüchtlinge.
Bürgermeistersprecher Einwang: Es stinkt mir, dass die Kommunen nicht vertreten waren
Enttäuscht zeigte sich auch Thomas Einwang, der Bürgermeistersprecher im Landkreis. Er stört sich grundsätzlich daran, dass die Kommunen bei diesem Gipfel nicht vertreten waren. „Wir müssen alles umsetzen und schauen, dass die Flüchtlinge untergebracht und versorgt werden, aber bei dem Flüchtlingsgipfel ist unsere Spitzenvertretung nicht dabei. Das stinkt mir“.
Er greift die beiden Beschlüsse heraus, dass eine Milliarde Euro vom Bund kommen und die Migration besser reglementiert werden soll. Bei beidem hat er seine Zweifel, dass das umgesetzt werden kann und ob das Geld ausreichend ist. Zudem erinnert er daran, dass die Kunst nicht sei, Unterkünfte zu beschaffen, sondern die Flüchtlinge zu integrieren. Das bleibe bei den Kommunen hängen.
Stephan Mayer: Keine Maßnahmen gegen „enorm starken Zuzug“ beschlossen
„Alles andere als zufrieden mit dem Ergebnis des Flüchtlingsgipfels“ zeigt sich der CSU-Abgeordnete Stephan Mayer. Eine einmalige Milliarde seitens des Bundes für die Kommunen könne nur „ein erster kleiner Schritt“ sein, „weil damit noch keine strukturelle dauerhafte höhere Unterstützung des Bundes gesichert ist“.
Er bemängelt, dass keine Maßnahmen beschlossen worden seien, um den „derzeit enorm starken Zuzug von Migranten zu reduzieren, die keine Aussicht auf Asyl oder Flüchtlingsstatus haben. „Es ist aus meiner Sicht nicht fair, dass die Länder und Kommunen mit sechzehn Milliarden Euro im Jahr die Hauptlast der Unterbringungskosten tragen und der Bund gerade mal weniger als vier Milliarden Euro beisteuert.“
Sandra Bubendorfer-Licht hofft auf gesamteuropäische Verständigung
Der FDP-Abgeordnete Sandra Bubendorfer-Licht schwebt eine direkte Vereinbarung zwischen Bund und Kommunen vor, „um die zielgerichtete und zweckgebundene Unterstützung jederzeit sicherzustellen.“ Das aufgewendete Geld müsse mit den richtigen und wirksamen Maßnahmen verbunden werden. „Nur dann werden wir es schaffen, die Kommunen zu entlasten“, ist sich Bubendorfer-Licht sicher.
Bubendorfer-Licht gibt zu, dass Geld allein die Probleme nicht lösen werde, sondern eine gesamteuropäische Verständigung nötig sei. So könnten Möglichkeiten an den EU-Grenzen geschaffen werden, Asylanträge bereits dort zu stellen. „Gleichzeitig müssen wir eine konsequente Abschiebepolitik insbesondere bei Straftätern vorantreiben und den Kreis der sicheren Herkunftsstaaten erweitern.“
Flüchtlinge in Zahlen
Derzeit leben im Landkreis Mühldorf 2661 Flüchtlinge. Davon sind 1429 ukrainische Flüchtlinge, von denen 540 in dezentralen Unterkünften leben, 889 in privaten Unterkünften. 455 Asylbewerber sind in dezentralen Unterkünften untergebracht, 327 Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften leben in der Ankerdependenz in Waldkraiburg.