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Lange erwartet, lange ersehnt: Der 30. Mühldorfer Kappenabend feiert nach vier Jahren Pause Premiere: Wolfgang Baierlein, Franziska Schuhbeck und Thomas Enzinger (von links).
Nach vier Jahren Pause feierte der 30. Mühldorfer Kappenabend endlich Premiere: Im Programm wurde nichts ausgelassen, niemand verschont. Einer bekam eine ganz besondere Portion Fett weg.
Mühldorf – War es genial geplant oder schlicht – von göttlicher Eingebung sanft geleitet – Zufall, dass der Kappenabend im Mühldorfer Stadtsaal exakt zur gleichen Zeit endete wie zwei Wochen zuvor die öffentliche Sitzung im Pollinger Gemeinderat? Nämlich um 23.11 Uhr. Während Polling eher unfreiwillig komisch war, war es im Stadtsaal ein gezielter, gekonnter, grandioser Angriff auf die Lach- und Denkmuskeln.
Mit einem energischen „Silencio!“ brachte Josef Enzinger den bis auf den letzten Platz gefüllten Stadtsaal bei der Premiere zum Schweigen. Mit diesem „Silencio“ beendeten er sowie Sonja Garbe, Simone Krischke, Franziska Schuhbeck, Wolfgang Baierlein, Thomas Enzinger, Hannes Garbe, Adi Hager und Siegfried Merkl eine vierjährige Pause, in der im Rathaus auf Marianne der Michael folgte.
Genüssliches, mal derbes, mal feines Derblecken
Mit dem 30. Kappenabend setzten sie die Tradition des genüsslichen, mal derben, mal feinen Derbleckens fort, zogen sie die Lokalpolitik und ihre Akteure durch den Kakao, hielten sie den Akteuren den Spiegel vor: Landrat Max Heimerl, Mühldorfs Bürgermeister Michael Hetzl, Kulturbüro-Leiter Walter Gruber, den Stadträten und und und.
Themen gibt es ja genug: Stadtbus, Parken, Sümö-Gelände, Ladensterben, Volksfest, Mühldorfer Weißbier sowie Bier im allgemeinen, Krankenhaus und natürlich den Michael „per se“ Hetzl. Er war der Dreh- und Angelpunkt des Abends.
Da war der Globus der einzige Bus in der Stadt, „der noch läuft“; da wurde ganz „Easy“ gesungen: „Jede Stadt hat mehr zu bietn als Muidorf hier“. Adi Hager befand als Aloisius, dass er mit den göttlichen Eingebungen bei Mühldorfs Stadtoberen „bei Null“ anfangen müsste; und der Nachrichtensprecher verhaspelte sich bei dem Mühldorfer Schäffler-Scharmützel-Schungenbrecher. Hannes Garbe übersetzte eine Führung über den Stadtplatz genial in die Sprache der Jugend: „Digger. Der Stadtplatz es echt schon voll alt. Yallah. Lasst und gehen.“
Auch gesanglich begeisternd
Die Kappenabendler begeisterten – begleitet von Fritz Killermann (Keyboard), Manfred Brunner (Gitarre), Rainer Amasreiter (Bass) und Wolfgang Wagner (Schlagzeug) – auch gesanglich immer wieder. Der glamouröseste Act war wohl Simone Krischke als goldenes Brunnenbüberl, die zu Abbas „Mamma mia“ dem Wettermandl ihre unerfüllte Liebe gestand und besang.
Aber nicht nur Hetzl und Co aus „Mühldorf am Innbräu“ bekamen ihr Fett weg, auch Landrat Heimerl blieb nicht ungeschoren. Das Altöttinger Tor und der Nagelschmiedturm sinnierten, dass alles nach Altötting gehe: Sparkasse, Kreißsaal, Krankenhaus: „Der Heimerl is hoid a friedliebender Mensch, der koana Schneider-Fliege was zu leide duad“.
Erklärung für die Zustände in Polling
Und zwei Putzfrauen lieferten eine Erklärung für die Vorgänge im eingangs erwähnten Pollinger Rathaus: Frauen sind intelligent, Männer haben dafür die KI: „Die kann man aus dem Internet herunterladen.“ – „Jetzt versteh’ ich, großes Problem in Polling: hat langsames Internet.“
Stargast des Abends war diesmal Karl Lauterbach (trefflich imitiert von Siegfried Merkl), der in einem Selbstversuch bewies, dass Kiffen total ungefährlich sei. Nur dumm, dass er dabei nicht mitbekam, wie er zwischenzeitlich zu Hubert Aiwanger, Markus Söder und Edmund Stoiber mutierte: „Wenn Sie … vom Hauptbahnhof in München … mit der Südostlangsambahn …“ Perfekt.
Der junge Michael „Im Rathaus dahoam“
Und immer wieder drängte sich der junge Michael in das Geschehen, regierte er „Im Rathaus dahoam“ in Lederhose, Boss-T-Shirt und mit goldenem Handtuch vom Hometrainer aus auf seine ganz eigene, spezielle Art die Stadt: „Per se“ versteht sich. Eine Art, vor der selbst seine Beraterin Ziegelgänsberger kapitulierte: „Ich glaub, ich mach es in zwei Jahren doch selber!“
Der Bürgermeister (Josef Enzinger) treibt seine Beraterin Karin Zieglgänsberger (Simone Krischke) in die Verzweiflung: „Ich glaub, ich mach es in zwei Jahren doch selber!“
Ein bunter, unterhaltsamer Abend, bei dem die drei Stunden nie lange wurden, an dem es ungerecht wäre, einen besonders hervorzuheben. Eine geschlossene, erfrischende Ensemble-Leistung. Hut ab.
Der Mühldorfer Kappenabend 2024 war – bei allem Hohn und Spott, mancher beißender Ironie und dem ein oder anderen grenzwertigen Spruch – immer nur eines: eine ehrliche, tiefe Liebeserklärung an Mühldorf. „Es hängt an uns allen, was aus dem schönen Mühldorf wird“, gab Thomas Enzinger den Besuchern mit auf den Weg. Den Kappenabendlern liegt jedenfalls sehr viel an der Stadt: ihr Herzblut.
So reagiert Bürgermeister Hetzl
Um 23.11 Uhr war das offizielle Programm vorbei – und der echte Bürgermeister kam auf die Bühne: „Großes Kompliment. Ihr habt wunderbar gespielt. Derbleckt zu werden, gehört dazu.“ Und zum Schluss sangen sie alle noch einmal gemeinsam Mühldorfs neue Hymne:
„Oh, I hab soiche Freid gehst ma ned ausm Sinn fia mi bist du die schenste Du mein Muidorf, Stadt am Inn“
Weitere Aufführungen
Der 30. Mühldorfer Kappenabend ist noch am Freitag, 23. Februar, und am Samstag, 24. Februar, jeweils um 20 Uhr im Stadtsaal Mühldorf zu sehen. Restkarten gibt es an der Abendkasse.
