Serie: Biergärten in unserer Region
Erhartings Sommerkeller: Der einzige Biergarten, der noch mit Natureis kühlt
Wenn die Fahne mit dem Erhartinger Ritter weht, dann wissen die Erhartinger: der Sommerkeller hat geöffnet. Der Sommerkeller ist bekannt für seine gute Aussicht. Und das Gewölbe verbirgt ein eiskaltes Geheimnis. Die erste Station unserer neuen Biergartenserie.
Erharting – „Der Erhartinger Keller ist eine schöne Saß. Da schlägt das Herz dir schneller bei einer Rahmerlmaß.“ So beschrieb der Mühldorfer Volksliedforscher und Heimatschriftsteller Franz Xaver Rambold (1883 bis 1938) bereits im vorherigen Jahrhundert in einem Gedicht das Idyll des Sommerkellers hoch droben auf dem Dornberg. Ein Biergarten mit langer Tradition, wie Amelie Röhrl von der Brauerei Erharting erklärt.
Ein Alpenpanorama wie im Bilderbuch
Der Biergarten im Isental, der vor allem wegen des Ausblicks in der Region geschätzt ist, befindet sich seit 1924 in Familienbesitz der Röhrls. Nachdem die Ehe des Erbauers des Sommerkellers, Ignatz Liebhart, kinderlos geblieben war, hatte dessen Witwe den Biergarten und das Gebäude an Jakob Röhrl aus Eilsbrunn bei Sinzing vererbt. Ab Herbst 1924 stieg der neue Bräu mit seiner Ehefrau Anna in das Geschäftsleben ein.
Was wohl die wenigsten wissen: Zu diesem Zeitpunkt hatte der Sommerkeller bereits mehr als 50 Jahre lang Biergartenbesucher angelockt. Die Erhartinger Gastwirtswitwe Anna Liebhart hatte sich offenbar schon länger mit dem Gedanken gespielt, in Erharting eine Brauerei zu gründen. In weiser Voraussicht ließ sie deshalb schon 1869 diesen Lagerbierkeller mit Sommerschänke im Ortsteil Vorberg errichten.
Nachdem dann ihr Sohn Ignatz 1872 die Brauerei Liebhart erbaut hatte, war das Problem der Lagerung des Bieres bereits gelöst. „Das Bier im Sommerkeller wird nach wie vor mit Natureis gekühlt“, verrät Amelie Röhrl eines der Geheimnisse des Sommerkellers, „freilich ist das aber davon abhängig, inwieweit die Winter kalt genug waren, um das Eis vom Bräuweiher dafür zu nutzen“.
Wenn es kalt genug ist, wird geeist
Wenn es im Winter kalt genug ist und das Eis im Bräuweiher unten im Dorf eine Stärke von circa zehn Zentimeter erreicht, wird das Eis „geerntet“ und in den Sommerkeller gebracht.
Das war in den vergangenen Jahren immer seltener der Fall, die Besucher des Biergartens mussten aber nicht auf ihr kühles Helles verzichten. Denn natürlich bringen längst schon strombetriebene Kühlschränke das Bier der Brauerei Erharting auf Genusstemperatur.
Bis zu 250 Gäste haben Platz
Und die Pächterin Ingrid Schwab hat dann alle Hände voll zu tun, wenn sie bei schönem Wetter traditionell die Biergartenfahne hisst, um allen im Isental zu zeigen: der Biergarten ist geöffnet. Dann können es schon mal bis zu 250 Gäste werden, die im Schatten der hohen Kastanienbäume in den Biergarten kommen, viele davon langjährige Stammgäste, die ihren eigenen Krug besitzen, in welchem die Wirtin dann das Erhartinger kredenzt.
Schön sortiert stehen sie in den Regalen des Sommerkellers. Auch jene, deren Besitzer schon gestorben ist. „Wie ein Andenken. Besonders schön ist es dann für uns, wenn uns die Enkelkinder besuchen und aus dem Bierkrug vom Opa ihr Erhartinger genießen können“, erzählt Pächterin Ingrid Schwab.
Warum die Biergartenfreunde zu ihr in den Sommerkeller kommen sollen: „Weil es der schönste weit und breit ist!“, kommt da wie aus der Pistole geschossen von Schwab. Der Sommerkeller sei berühmt für die hausgemachten Sülzen. Es sei keine Seltenheit, wenn an einem schönen Sommertag 60 Portionen serviert werden. „Wir kommen fast nicht nach mit der Herstellung“, freut sich Schwab aber trotzdem über den Absatz.
Anekdoten, die hat auch der Sommerkeller zu erzählen. Früher habe man von einem Schild ablesen können, dass der Sommerkeller auch U-Boot-Fahrten und Segelbootausflüge anbietet. „Tatsächlich wurde da nachgefragt, wo das denn möglich sei!“ Meistens seien das aber Gäste gewesen, die nicht von hier waren, mit hochdeutschem Akzent, lacht Schwab. Und so kann man sich auch die Frage danach sparen, was es mit dem Wegweiser „Zum blauen See“ auf sich hat, der die Richtung zum Dornberg rauf zeigt.
Der Sommerkeller liefert als Biergarten das, was ein Biergarten liefern soll. Die Karte ist nicht üppig. Aber es gibt hausgemachte Brotzeiten, vom Presssack über Wurstsalat bis zu üppigen Brotzeitplatte bleibt hier kein Wunsch offen. Wer es lieber fleischlos wünscht, kann stattdessen auf Tomaten Mozzarella oder eine Käseplatte zurückgreifen. Und natürlich gibt es nicht nur Bier. Ein Grüner Veltiner oder ein Merlot ist genauso zu haben wie ein Aperol Spritz.
Früher gab es am Sommerkeller auch eine Kegelbahn. Das ist schon sehr lange her, dass hier alles andere als eine ruhige Kugel geschoben wurde, inklusive Kegelbuam, die die umgefallenen Kegeln wieder aufgerichtet haben. Die Kegelbahn gibt es schon lange nicht mehr, aber die Holzfiguren sind immer noch da, wie ein Besuch der Brauerei zeigt. Es geht in den Dachboden eines Nebengebäudes, wo die Kegel schön säuberlich ihr Dasein in einer Kiste fristen.
Kegelbahn bleibt Wunschtraum
Gibt es Hoffnung, dass sie jemals nochmal eine Kegelbahn sehen werden? „Wohl ausgeschlossen. Der Sommerkeller liegt direkt am Hang. Die Bahn dort instand zusetzen wäre sehr schwieirig“, erklärt Amelie Röhrl. Die Kugeln jedoch, für die hat die Brauerei schon längst eine Zweitnutzung gefunden. Schon vor vielen Jahren wurden Besenstiele in die Fingerlöcher gesteckt und fertig war der überdimensionale Eis-Crasher. Im Winter nämlich, wenn Eiszeit herrscht und Brauereimitarbeiter große Blöcke aus dem gefrorenen Bräuweiher schneiden, dann wird mit den Kugeln auf die Eisblöcke eingehämmert, bis diese bersten und entsprechend zerkleinert im Eiskeller des Biergartens landen.
Wer den Dornberg schafft, hat sich ein Radler redlich verdient
Die Anbindung für Radfahrer ist sehr gut. Ob auf den Radwegen aus Töging, aus Mühldorf oder Niedertaufkirchen, über Nebenstraßen aus Winhöring. Selbst aus Pleiskirchen über die Kreisstraße Mü8: Alle Wege führen zum Sommerkeller. Einziges Manko: Die Anfahrt auf den Dornberg, die eine gewisse sportliche Fitness voraussetzt. Oder aber die Ausflügler greifen auf ein E-Bike zurück. Seinen persönlichen Akku kann man dann mit kulinarischen Schmankerl aufladen. Für den Akku des E-Bikes gibt es eine Ladestation.
Live-Musik und an einem Wochenende auch Adventsstimmung
Das Besondere: Einmal im Jahr lockt Live-Musik die Freunde von bodenständiger Rockmusik in den Sommerkeller. „Open Airharting“ heißt es dann im Biergarten. Und auch im Winter öffnet der Sommerkeller seine Pforten, wenn zu Beginn der Adventszeit die Erhartinger Bergweihnacht zum Flanieren über den Christkindlmarkt einlädt.
Bei guter Witterung hat der Biergarten täglich geöffnet. Montag bis Freitag ab 15 Uhr, am Samstag ab 14 Uhr und an Sonn- und Feiertage zieht Ingrid Schwab ab 13 Uhr ihre Fahne hoch, um zu zeigen: Hereinspaziert in den Sommerkeller!
Infos zum Biergarten
Adresse: Vorberg 20, 84513 Erharting, Telefon: 08631/91226, sommerkeller-erharting.bayern
Anfahrt: Der Biergarten liegt im Norden der Gemeinde Erharting entlang der Kreisstraße Mü8 in Richtung Hampersberg/Pleiskirchen





