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Weg von Öl und Gas

Revolution in Erharting: Sieht so das Heiz-Konzept der Zukunft aus?

Fabian Schnabl vom Institut für Systemische Energieberatung an der Hochschule Landshut stellte im Rahmen der Bürgerversammlung die Idee einer Nahwärmeversorgung in der Gemeinde vor.
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Fabian Schnabl vom Institut für Systemische Energieberatung an der Hochschule Landshut stellte im Rahmen der Bürgerversammlung seine Ideen vor.

Die Energiepreise galoppieren davon. In Erharting denkt man bereits um. Und das schon seit einigen Jahren. So könnte die Alternativ-Lösung aussehen, die bei der Bürgerversammlung beim Pauliwirt vorgestellt wurde.

Erharting - Die Energiepreise steigen und steigen. Erste Folgen machen sich bereits auf Rechnungen und auf Informationsschreiben von den Versorgern bemerkbar, die vor allem in den vergangenen Tagen in die Briefkästen von Privathäusern geflattert sind. Doch während in anderen Kommunen nun fieberhaft überlegt wird, welche Alternativen dem Endverbraucher angeboten werden können, gibt es in Erharting schon konkrete Ergebnisse. Fabian Schnabl vom Institut für Systemische Energieberatung an der Hochschule Landshut stellte im Rahmen der Bürgerversammlung die Idee einer Nahwärmeversorgung in der Gemeinde vor. Ein Thema, das vielen Erhartinger Bürgern unter den Nägeln brennt. Der Saal beim Pauliwirt in Neuhaus war brechend voll.

Lange Trockenperioden und steigende Preise

Erharting hat sich schon früh dem Thema „Energieeffizienz“ gewidmet. Seit zwei Jahren ist die Gemeinde Teil eines kommunalen Energieeffizienz-Netzwerks. Im Rahmen dieses Netzwerks kam die Idee eines Nahwärmenetzes für Teile von Erharting auf. Denn: Nichts machen ist keine Option!“, wie Schnabl bei der Vorstellung eines möglichen Wärmekonzepts deutlich machte. Die Herausforderungen durch den Klimawandel mit mittlerweile sehr langen Trockenperioden, wie gerade im Sommer 2022, seien enorm. Dazu kämen die Preissteigerungen fossiler Brennstoffe, wie bei Erdgas, Heizöl und dem CO2-Preis. „Ja, sie werden auch wieder sinken“, relativierte Schnabl die derzeitigen Preise. „Doch wir werden nie wieder das Level erreichen, wie es schon einmal war. Eine kommunale Wärmeversorgung sei eine gute Alternative, weil sie platzsparend sei, mit öffentlichen Geldern gefördert werden kann und auch „enkeltauglich“ sei.

Temperatur-Niveau bei konstant 70 Grad Celsius

Die Rede ist von Nahwärme, konkret sprach Schnabl von der Nutzung von Biomasse, Biogas, Solarthermie oder dem Einsatz von Wärmepumpen. Wie die Wärme ins Haus kommen soll, das hat Schnabl dann simpel grafisch dargestellt. Demnach werden der Ort oder auch nur Ortsteile mit Wärme aus einer zentralen Heizanlage versorgt. Das Temperatur-Niveau gab er mit konstant 70 Grad Celsius an. „Also Sie müssen sich keine Sorge wegen Legionellen machen!“

Hohe Zuschüsse für alternative Heizkonzepte

Natürlich sei ein solches Versorgungsnetz mit Investitionen verbunden, die in die Heiztechnik, in das Gebäude und in das Leitungsnetz fließen. „Diese Investitionen werden derzeit relativ hoch bezuschusst“, ergänzte Schnabl. Schnabl erklärte auch, was ein Nahwärme-Anschluss für den Abnehmer bedeuten würde. Im Optimalfall wäre kein Schornsteinfeger mehr nötig und auch kein Kamin mehr, weil die fossilen Brennstoffe wegfallen würden. „Die alte Heizung muss raus!“ Lediglich Solarthermie sowie Schwedenöfen dürfen bleiben. Nach Abschluss eines Wärmeliefervertrages (circa 15 Jahre) würden Nahwärmeleitungen bis in den Heizraum verlegt. Im Heizraum würde eine Übergabestation sowie gegebenenfalls ein dezentraler Pufferspeicher installiert. Abrechnung und Kosten richten sich nach dem tatsächlichen Verbrauch.

Wertschöpfung vor Ort

Die Vorteile liegen für Schnabl auf der Hand: Die Gemeinde wäre imstande eine ökologisch sinnvolle Wärme zu nutzen und dazu könnten vorhandene Ressourcen eingesetzt werden. „Think local“ sei das Gebot der Stunde. Bei einer Hackschnitzellösung sei eine langfristige Wertschöpfung möglich, „die Waldbauern könnten entsprechend langfristige Lieferverträge abschließen“, so Schnabl.

Viele Anschlussnehmer senken den Preis

Durch möglichst viele Anschlussnehmer auf kleiner beziehungsweise kompakter Fläche würden stabile und attraktive Wärmepreise erreicht werden. „Je höher die Anschlussquote, desto günstiger für jeden Einwohner!“ Erste Untersuchungen hätten ergeben, dass ein Wärmeverbund in Erharting absolut konkurrenzfähig sei, beantwortete Schnabl eine der wichtigsten Frage aus der Zuhörerschaft.

187 Anschlusswillige von insgesamt 941 gemeldeten Einwohnern

187 Anschlusswillige von insgesamt 941 gemeldeten Einwohnern hätten zur Bürgerversammlung bereits ihr Interesse an der Nahwärme bekundet. Die Gesamtlänge der Leitung gab er mit rund 6500 Metern an, darin enthalten wären bereits die Hausanschlussleitungen mit rund 1,87 Kilometer. Beim Wärmebedarf rechnete er mit jährlich 4258 Megawattstunden. Den finalen Wärmepreis konnte der Experte vom Institut für systemische Energieberatung nicht nennen. Exemplarisch sprach er, ausgehend von einem mittleren Preisniveau von Kosten zwischen 11,3 bis 17,5 Cent pro Kilowattstunde, je nach Anschlussquote. Als Modell zur Realisierung nannte Schnabl eine Genossenschaft.

Heiz- oder Lagerraum nicht mehr erforderlich

In der Zusammenfassung argumentierte Schnabl, dass ein Wärmenetz meist energieeffizienter und umweltschonender sei als viele dezentrale Anlagen. Für den Wärmekunden fielen beim Anschluss an die Nahwärme keine Kosten für deren Instandhaltung an. Der Heiz- oder Lagerraum sei nicht mehr erforderlich und könne anderweitig genutzt werden. Die Versorgung sei durch die Redundanzhaltung durch den Wärmenetzbetreiber gesichert, es wäre keine Brennstofflogistik erforderlich.

In Schoßbach steht ein Pilotprojekt - und das ist durch viel Eigenleistung entstanden

Die Gemeinde stehe jedenfalls dahinter, das betonte dann auch Bürgermeister Matthias Huber (UWG) und verwies auf ein erfolgreiches Projekt, das im Gemeindebereich Schoßbach bereits ans Netz gegangen ist. Helmut Wurm, der hinter der Realisierung dieses kleineren Projekts steht, erklärte, dass 14 Häuser mit Wärme versorgt würden, die durch Hackschnitzel erzeugt würden. Pro Haushalt seien 4500 Euro Anschlussgebühr fällig gewesen. Verglichen mit Neumarkt-St. Veit oder Schönberg günstig, so Wurm, der in diesen Kommunen von 11.000 beziehungsweise 20.000 Euro sprach.

Die Kilowattstunde gab er mit 7,5 Cent an, der Preis sei für die ersten beiden Jahre garantiert und völlig entkoppelt vom Preis für Öl oder Gas. Es wurde dabei aber betont, dass das Projekt mit viel Eigenleistung entstanden sei, die Planung ohne Ingenieurbüro erfolgt sei. „Im großen Rahmen, wie für Erharting vorgesehen, wird das natürlich nicht möglich sein“, so Bürgermeister Huber.

Die Frage aus dem Publikum, ob auch der Außenbereich an der Nahwärme profitieren könne, hänge von den Wärmeverlusten entlang der Leitungen ab, so Schnabl. Zu den Erschließungskosten tauchte die Frage auf, wie diese umgelegt würden. Dazu meinte Bürgermeister Huber, dass die Infrastruktur kostendeckend gebaut werden müsse. „Jeder muss je nach Zahl der Anschließenden einen Betrag zahlen.“ Zum Realisierungszeitraum erklärte Schnabl, dass zunächst eine Machbarkeitsstudie nötig sei, bis die Anlage dann steht würde er zwei bis drei Jahre ansetzen. Noch bis zum 12. Dezember können Erhartinger Bürger einen Fragebogen zur Nahwärme im Rathaus abgeben. Danach werden diese ausgewertet und Anfang nächsten Jahres die Bürger zu einer Infoveranstaltung geladen.

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