Szene für neue Trendsportart wächst langsam
Ohne Segel, ohne Wind: Bebbo „fliegt“ auf dem Inn - was ist das Geheimnis der Hydrofoils?
Surfen, wo keine Wellen sind – das ist möglich mit einem „Hydrofoil Board“. Josef Altmann aus Simbach surft damit über den Inn bei Mühldorf.
Mühldorf/Simbach — Der Inn muss ausreichend Wasser führen, sonst klappt das nicht, was Josef Altmann, genannt Bebbo, vorhat: Surfen mit dem Hydrofoil. Das ist englisch für Tragfläche. Der 33-Jährige wohnt in Simbach und hat sein spezielles Board immer im Kofferraum. So auch beim Besuch bei Rudolf Mayer in Mühldorf, der als Fotograf für den Mühldorfer Anzeiger leidenschaftlich im Einsatz ist. Der Onkel von Bebbos Freundin hält mit seiner Kamera drauf und staunt nicht schlecht, als Bebbo mit seinem Board abhebt und übers Wasser schwebt. Wer dabei nass wird: der Fotograf. Er lacht. „Bin selber ins Wasser gfoin.“ Sein Fotoapparat bleibt heil.
Auch gegen den Strom surfen
Bebbo sucht sich am Inn in der Nähe der Brücke eine leicht erhöhte Stelle am Ufer, springt auf sein Board, macht einen sogenannten Dock-Start. Dann muss er kräftig seine Beine immer wieder ins Brett stemmen und wippen. Der unten angebrachte Tragflügel erzeugt unter Wasser durch Umströmung des speziell gewölbten Flügelprofils einen ähnlich dynamischen Auftrieb wie die Tragfläche eines Flugzeuges. Wasser ist dichter als Luft, daher reichen schon kleine Flügel aus, um große Kräfte freizusetzen.
Der Wind spielt keine Rolle
Und so sieht man den selbständigen Zimmerer auf seinem Board übers Wasser flitzen. Der 33-Jährige kann so auch stromaufwärts fahren und eigenen Angaben zufolge etwa 12 bis 15 Stundenkilometer schnell werden. Er könnte sein Sportgerät auch noch mit einem „Wing“ ausstatten und dann – ähnlich wie Kite-Surfer – den Wind nutzen, der sonst bei dieser Surf-Art keine Rolle spielt.
Früher am Eisbach gesurft
„Foilen kann man auch auf ruhigem Gewässer, wo keine Wellen sind“, erklärt der Hobbysportler. So könne man auch einen unspektakulären Weiher zu seinem Surf-Revier machen . In seinem Fall ist das der Berghamer See bei Kirchdorf am Inn, wo er ums Eck daheim ist. Früher war Bebbo als Fluss-Surfer auf stehender Welle unterwegs, etwa am Eisbach in München und an anderen „Secret Spots“. „Die verrate ich natürlich nicht, die sind ein Geheimtipp, ich will mir nicht den Hass der Szene zuziehen“, sagt er augenzwinkernd.
500 mal auf die Nase gefallen
Nachdem sich Altmann Ende 2022 beim „Blödeln daheim, also beim Rumturnen“ vier Brustwirbel gebrochen hatte, suchte er sich im nächsten Sommer eine Alternative zu seinem geliebten Radsport und kam dabei aufs „Foilen“. Obwohl er Board-Erfahrung hatte, war es ein steiniger Weg, sich auf diesem besonderen Brett halten und dann herumdüsen zu können. „Zeitintensiv“ und „viele Misserfolge“ – so beschreibt er seine Lernphase, die gut ein Jahr dauern würde. „500 Versuche, wo du immer wieder runterfällst und wieder aufsteigst, die brauchst du mindestens. Wenn du aber dran bleibst, steigt die Lernkurve dann steil an.“
Gemeinsam mit einem portugiesischen Kollegen habe er sich den neuen Trendsport mithilfe von Youtube-Videos beigebracht. Da die Szene erst am Wachsen sei, finde man noch wenig Videos und Anleitungen. Lust, selbst für die sozialen Medien etwas zu produzieren, habe er nicht. „Ich mach das für mich, für die Lust am Sport“, erklärt er. Dennoch hat ihm die Schweizer Firma Indiana SUP eine Kooperation angeboten und nun ist er „Ambassador“ und macht mit Mund-zu-Mund-Propaganda seine Leidenschaft bekannt.
Und die hat ihn voll im Griff. „Jetzt suchtel‘ ich halt voll und mich zieht es dauernd aufs Brett“, sagt der 33-Jährige und packt schon mal in der Mittagspause sein Equipment aus, um auf den nächsten See oder Fluss zu springen. „Auf einem Fluss ist das Foilen viel gefährlicher als auf dem See, da sollten es Anfänger also nicht versuchen“, lautet sein Tipp.
Strömung im Inn sehr stark
Ab 80 Zentimeter Wassertiefe kann man loslegen. Es gehe auch bei 50 Zentimeter, aber das sei nicht gerade materialschonend. „Der Inn bei Mühldorf ist verschleißend“, erklärt er. Die Strömung ist stark, es gibt viele Untiefen und Verwirbelungen. Wenn er ins Wasser stürzt, treibt es ihn manchmal ordentlich ab, bevor er wieder ans Ufer gelangen kann.
Angst vor Verletzungen habe er dennoch nicht – auch wenn am Inn unter der Wasseroberfläche große Felsbrocken liegen. „Das wäre blöd, denn das Board wirkt wie ein Katapult. Wenn ich da draufknalle, daran mag ich nicht denken“, schüttelt er den Gedanken weg. Trotz aller Risiken ist er vernünftig und trainiert und erkundet seine Reviere gut. Sein nächstes Ziel sei, mit dem Board zu springen oder gar einen Salto zu machen. „Das juckt mich ganz klar.“




