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Nach neuer Kinderporno-Razzia

Ab ins Gefängnis? Gerichtsprozess in Mühldorf zeigt Strafen für Kinderschänder auf

566 Video und 33 Bilder mit kinderpornografischem Inhalt hatte ein Kraftfahrer aus dem westlichen Landkreis auf einem USB-Stick gespeichert. Deswegen stand er jetzt vor dem Amtsgericht Mühldorf.
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566 Videos und 33 Bilder mit kinderpornografischem Inhalt hatte ein Kraftfahrer aus dem westlichen Landkreis auf einem USB-Stick gespeichert. Deswegen stand er jetzt vor dem Amtsgericht Mühldorf.

Gegen 16 Männer ermittelt die Polizei nach einer Razzia am Dienstag wegen des Besitzes von Kinderpornos. Max L. hat sie schon früher erwischt. Muss er ins Gefängnis?

Mühldorf – Dieses Urteil fiel Amtsrichterin Dr. Angela Miechielsen nicht leicht. Vor ihr stand im Saal 113 des Amtsgerichts Mühldorf ein verurteilter Kinderschänder, der deswegen bereits vier Jahre gesessen hatte. Seit drei Jahren ist er wieder frei, macht eine Therapie, lebt und arbeitet im westlichen Landkreis Mühldorf. Und wieder hatte er kinderpornografische Bilder und Videos auf einem USB-Stick, hatte er am 23. November 2022 ein Bild von einem wohl zehnjährigen Jungen im Internet auf Snapchat  hochgeladen.

Max L. ist kein Ausnahmefall. Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr hat die Kripo Mühldorf Häuser durchsucht und Ermittlungen gegen mutmaßliche Besitzer von Kinderpornos aufgenommen. Dutzende Männer und einige wenige Frauen sind dabei ins Visier der Beamten geraten.

Am 11. August 2023 hatte die Polizei in Max Auto im Sonnenbrillenfach einen USB-Stick mit 566 Videos und 33 Bildern mit kinderpornographischem Inhalt gefunden, so Staatsanwalt Alexander Hautz in seiner Anklage. Sie zeigten alle sexuelle Handlungen von und mit Jungs im Alter zwischen acht und zwölf Jahren. 

2017 bereits wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt

Der 36-jährige Kraftfahrer Max. L. (Name von der Redaktion geändert) ist der Justiz wohl bekannt. 2017 wurde er bereits wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt, so Richterin Miechielsen. Vier Jahre musste er hinter Gitter – und sie komplett absitzen. Opfer waren damals Buben unter 14 Jahren. Richterin Miechielsen: „Das war damals hands on.“

Soweit so eindeutig. Scheinbar. 

Äußerlich ist Max L. unauffällig. Er ist der Nachbar von nebanan. Er blickt allen in die Augen, seine Haltung ist aufrecht, die Stimme fest, klar und sicher. 

Kein Herumgedruckse, keine Ausrede, kein Relativieren

Gleich zu Beginn erklärte sein Mühldorfer Anwalt Jörg Zürner: „Der Sachverhalt wird vollumfänglich eingeräumt.“

Es gibt kein Herumdrucksen, keine Ausrede, kein Relativieren. Max L. steht zu seiner Tat, zu seiner Vergangenheit und seiner Neigung. Sein Arbeitgeber sei über alles informiert, auch über seine Therapie und die aktuelle Anklage, so Anwalt Zürner. 

„Er versucht sich nach Kräften zu therapieren“

Seit seiner Entlassung aus der Haft im Jahr 2021 macht Max L. eine Therapie. Drei Jahre schon mit wöchentlichen Einzelgesprächen zwischen 50 und 75 Minuten in München. „Er fährt da gerne hin“, so Zürner. „Er versucht sich nach Kräften zu therapieren.“

Diesen „Rückfall“ arbeite er bereits mit seinem Therapeuten auf, so der 34-Jährige. „Wir arbeiten daran, wie ich die Gefahrensignale besser erkennen kann. Aber das ist nicht von heute auf morgen weg.“ Schon heute meide er Volksfeste, gehe nicht mehr vor Schulbeginn oder zu Pausenzeiten einkaufen, meide er Orte, an denen Jungs seien. Ein bis zwei Jahre werde seine Therapie wohl noch dauern. 

Auf dem Computer war nichts zu finden

Die Therapie sei Teil seiner Auflagen nach der Haft gewesen, so der Staatsanwalt. Außerdem habe es einen abgebrochenen Kontakt von Max L. zu einem Jugendlichen gegeben, auch wenn es zu keiner Straftat gekommen sei.

Die Polizei hatte bei Max L. nur auf dem USB-Stick kinderpornographische Inhalte gefunden, so der Datenforensiker der Polizei. Auf dem Computer war nichts. Über welchen Zeitraum die Dateien gespeichert wurden, konnte er nicht sagen.

„Eine Therapie alleine reicht nicht“

Staatsanwalt Hautz rechnete dem Angeklagten sein Geständnis und seine fortgesetzte Therapie ebenso positiv an, wie die Tatsache, dass er nur ein Bild ins Internet hochgeladen hatte. Negativ sei aber, dass er schon einschlägig vorbestraft sei und die damalige Haft vollständig absitzen musste. Auch sei die jetzige Tat während seiner Führungsaufsicht geschehen. Hautz forderte daher eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten – ohne Bewährung. „Eine Therapie alleine reicht nicht.“

„Ich mache die Augen nicht zu“

„Dem Angeklagten ist klar, dass er eine Freiheitsstrafe kriegt“, räumte Anwalt Zürner in seinem Plädoyer ein, aber es sollte eine Bewährungsstrafe sein. „Ich mache die Augen nicht zu. Das ist ein Grenzfall.“ Zumal der Angeklagte 2017 eine „Schwelle überschritten“ habe. 

Dennoch, so Zürner, entscheidend sei die Prognose. Und die spreche für den Angeklagten: Die Therapie zeige erste Erfolge, auch wenn noch „nicht alle Probleme beseitigt“ seien. Er befinde sich in der „Mitte der Therapie“, da seien Rückfälle nicht auszuschließen. 

„Ihm kann ein straffreies Leben gelingen“

„Die meiste Hoffnung macht die Offenheit des Angeklagten“, so Zürner. Er habe außerdem ein gesichertes Umfeld, eine feste Arbeit und eine eigene Wohnung. „Ich glaube, er ist auf dem richtigen Weg. Ihm kann ein straffreies Leben gelingen.“ 

Zürner plädierte für eine Bewährungsstrafe: „Ein letztes Mal.“ Dem schloss sich Max L. in seinem Schlusswort an: „Ich bitte um eine aller, aller letzte Chance.“

„Sie waren ein echter Grenzfall“

Richterin Miechielsen entschied sich schließlich – in der alles in allem sehr kurzen und zügigen Verhandlung – für eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten – allerdings mit Bewährung. „Sie waren ein echter Grenzfall“, so Miechielsen. 

Für ihn würden sein Geständnis und seine Therapie sprechen, ebenso sein offener Umgang mit seiner Neigung und dass die Vorwürfe der Anklage bereits lange zurückliegen. Aber die Vorstrafe: „Das ist ein schweres Pfund. Sie sind an der Grenze.“ 

„Es darf nichts mehr passieren“

„Nach Bedenken“ setze sie die Strafe drei Jahre zur Bewährung aus. „Das ist ihre allerletzte Chance“, so Miechielsen. Außerdem muss Max L. noch 1.600 Euro an den Mühldorfer Förderverein „Eltern, Kinder und Jugendliche“ bezahlen: in monatlichen Raten zu je 100 Euro als „monatlicher Denkzettel“.

Auch muss er die Therapie fortsetzen und darf sie nicht von sich aus beenden. Die brauche er, so Richterin Miechielsen: „Sonst wird es Sie ins Gefängnis führen. Sie sind auf dem richtigen Weg, aber das war auf Messers Schneide. Es darf nichts mehr passieren.“

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