Vor dem Amtsgericht Mühldorf
Kein Geld für E-Zigaretten und Quarktaschen: Betrug mit Führerschein und Haustürschlüssel
Führerschein, Haustürschlüssel und Bankkarte anstelle von Bargeld? Viermal war ein 19-Jähriger aus dem Landkreis Mühldorf damit erfolgreich, um an Speisen und Getränke zu kommen. Einer Anklage wegen Betrugs entkommt er damit nicht. So entschied am Ende das Amtsgericht.
Mühldorf – Die Geldnot hat ihn offensichtlich dazu getrieben: Weil er nicht in der Lage war, sein Essen zu bezahlen, griff ein 19-jähriger Azubi zu besonderen Maßnahmen, um an seine Mahlzeiten zu kommen. Er setzte Führerschein, Haustürschlüssel und Bankkarte als Pfand ein, mit dem Versprechen, die erworbenen Speisen und Getränke zu einem späteren Zeitpunkt zu bezahlen. Dieses Versprechen hat er aber nie gehalten. Weil er sich auf diese Weise viermal etwas zum Verzehr geleistet hatte, stand er nun vor dem Amtsgericht in Mühldorf. Er musste sich wegen Betrugs verantworten.
Vier Betrugsfälle wurden verhandelt
Insgesamt vier Fälle von Betrug warf ihm die Staatsanwaltschaft vor. Am 19. und 25. August 2024 hatte er jeweils an einer Imbissbude in Neumarkt-St. Veit Bestellungen getätigt, obwohl er nicht in der Lage gewesen sei, die Rechnung zu bezahlen. So sieht es die Staatsanwaltschaft. Im ersten Fall war die Rede von 27,30 Euro, im zweiten von 29 Euro. Beide Male legte er seinen Führerschein vor, um damit vorzugeben, die Bestellung tatsächlich zu bezahlen. Doch die Zahlungen blieben aus.
Haustürschlüssel für drei Quarktaschen und E-Zigaretten
Die gleiche Masche wendete der 19-Jährige, der aus einem Ort in der Mitte des Landkreises Mühldorf stammt, auch am Autohof in Frixing an, wo er es auf zwei „Elfbarpods“, besser bekannt als E-Zigaretten, sowie drei Quarktaschen abgesehen hatte. 39,95 Euro sollte er dafür bezahlen. Dieses Mal hinterließ er an der Kasse seine EC-Karte sowie seinen Haustürschlüssel, verbunden mit der Absichtsäußerung, dass er die Bestellung bezahlen wolle. Doch auch der Autohof hatte nie Geld gesehen.
So erging es letztlich auch einer Gaststätte in Ampfing, in der der Angeklagte Speisen und Getränke im Wert von 61 Euro konsumiert hatte. Wieder war er nicht in der Lage, die Zeche zu zahlen.
„Ja, soll denn das immer so weitergehen?“, fragte Richter Dr. Christoph Warga den Angeklagten im Sitzungssaal 116 des Amtsgerichtes Mühldorf. „Defintiv nicht“, meinte der 19-Jährige, dem die Staatsanwältin zurief: „Sie haben ein Geldproblem!“ Das Auto sei inzwischen aufgrund der Probleme abgemeldet. Er habe schlichtweg zu lange gewartet, um sich um seine Geldsorgen zu kümmern, gab der 19-Jährige zu. Jetzt sei alles zusammengebrochen.
Schulden auch bei Internetshop angehäuft
Auf Nachfrage von Richter Dr. Warga berichtete der Angeklagte, dass er mit rund 4.000 Euro verschuldet sei. Verbindlichkeiten, die sich durch Einkäufe via Paypal oder Klarna bei einem Internetshop angesammelt hätten. Er berichtete auch von Inkasso-Schreiben, die er mittlerweile erhalten habe. Er betonte, dass er eine Schuldnerberatung vor Ort in Anspruch genommen habe, damit er seine Probleme lösen kann.
Gute Perspektive für die Zukunft
Als Kfz-Mechatroniker im dritten Ausbildungsjahr komme er immerhin auf 860 Euro netto im Monat, doch davon habe er rund 530 Euro an Miete abzudrücken, 60 Euro kämen für Strom dazu, knapp 50 Euro für Essen. Da er nicht weit von seiner Arbeitsstelle entfernt wohne, könne er auf das Auto freilich verzichten, erklärte der junge Mann, der auch darauf verwies, dass er beruflich gesehen eine gute Perspektive habe. Wenn er nämlich seine Ausbildung im Februar 2026 beende, dann werde er von seinem Ausbildungsbetrieb übernommen, so der Angeklagte.
„Was machen wir nur mit Ihnen?“, zeigte sich Richter Dr. Warga zunächst etwas ratlos. Geldauflagen würden nichts bringen, da der Angeklagte mittellos sei. Sozialstunden wollte er dem verschuldeten Heranwachsenden ebenso nicht aufbürden, zumal er seine ganze Kraft in die Ausbildung stecken solle.
Angeklagter muss mindestens dreimal zur Schuldnerberatung
Schließlich entschied Dr. Warga, das Verfahren einzustellen, allerdings gegen eine Auflage: Bis zum 31. August 2025 habe der angehende Mechatroniker mindestens drei Sitzungen zur Schuldnerberatung wahrzunehmen. Die entsprechenden Nachweise dafür habe der Angeklagte innerhalb dieser Frist unaufgefordert dem Gericht zukommen zu lassen. „Das schieben Sie bitte nicht auf die lange Bank“, mahnte der Richter mit erhobenem Zeigefinger. Wenn er sich nicht an diese Auflage hielte: „Dann sehen wir uns wieder. Und dann gibt es auch eine Verurteilung.“ Er solle diesen Warnschuss ernst nehmen.