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„Besserer Blick auf diese besonderen Kinder“

Mehr Geld, mehr Personal, mehr Zeit: Ampfing setzt auf neues Konzept für bessere Integration

In den Kindergärten und Kinderkrippen steigt die Zahl der behinderten Kinder. Ampfing setzt ab September auf ein neues Konzept und will so Integration und Inklusion deutlich verbessern.

Ampfing/Stefanskirchen – Manuela Greimel schaut zusammen mit drei Kindern im Kindergarten in Stefanskirchen ein Bilderbuch über die Feuerwehr an. Immer wieder fragt sie die Mädchen, was sie sehen; immer wieder richtet sich ihr Augenmerk auf ein auffallend stilles Mädchen. Behutsam versucht sie, das Mädchen einzubinden. 

Manuela Greimel ist nicht nur Leiterin der „Dorfstrolche“ und Erzieherin, sie ist auch Fachkraft für Integration und Inklusion, kurz: Integrationskraft. Sie ist besonders qualifiziert, um sich um behinderte und von Behinderung bedrohte Kinder zu kümmern. Gemeint sind damit nicht nur körperliche oder geistige Behinderungen, sondern zunehmend auch seelische. „Das sind in der Regel entweder sehr verhaltensauffällige oder extrem schüchterne Kinder“, erklärt Greimel. Immer öfter können sich Kinder nicht mehr lange mit einer Sache beschäftigen, sie ärgern oder stören andere, sind aggressiv und später vielleicht auch übergriffig, während andere dagegen extrem schüchtern sind: „Die sprechen vielleicht ein ganzes Jahr lang gar nicht.“

Ampfings Gemeinderäte machen Weg für bessere Integration frei

Mit der richtigen Hilfe können diese Kinder integriert werden. Greimel macht das mit viel Herzblut, hatte dazu aber bislang nicht die gewünschte und erforderliche Zeit. Das ändert sich ab September – auch dank Ampfings Gemeinderäten. Die haben nämlich in ihrer Sitzung vor der Sommerpause einstimmig beschlossen, auch für die gemeindeeigenen Kindergärten den sogenannten x-Faktor (siehe Kasten) in Anspruch zu nehmen und damit zusätzliches Personal einzustellen. „Das ist sinnvoll“, warb Bürgermeister Josef Grundner (CSU) für den x-Faktor, den die Gemeinde seit 2017 auch für die Integrationskräfte im katholischen Kindergarten Nuntius Pacelli gewährt. 

Das ist der X-Faktor

Um den Personalbedarf und dessen Finanzierung in Kindertagesstätten zu ermitteln, gibt es unter anderem den Gewichtungsfaktor. Der trägt dem erhöhten Betreuungsaufwand für integrative Betreuungsaufgaben Rechnung. In Bayern wird für ein Kind mit Behinderung der Gewichtungsfaktor 4,5 gewährt.

Von diesem Faktor kann nach oben abgewichen werden, um den erhöhten Personalbedarf zu finanzieren: 4,5 + x. Über diesen x-Faktor finanziert der Träger eine Zusatzkraft. Sie wird nicht in den Anstellungsschlüssel und die Fachkraftquote eingerechnet und ist ausschließlich für die Integrationskinder tätig. Die Zusatzkraft wird zu 40 Prozent vom Freistaat Bayern, zu 40 Prozent von den Kommunen sowie zu 20 Prozent vom Kita-Träger finanziert. 

Manuela Greimel freut sich über diesen Beschluss: „Man kann natürlich Integrationskinder aufnehmen, aber es sollte Hand und Fuß haben.“ Genau das soll das neue Integrationsteam für die Dorfstrolche, die Isenstrolche und die Isenzwerge ab September gewährleisten. Dann kümmern sich Greimel und drei weitere Integrationskräfte gezielt um die Kinder mit Behinderungen.

Bisher war es nur ein Tropfen auf den heißen Stein

Bisher hat dies ein externer Fachdienst übernommen. Aber der war pro Kind nur einmal in der Woche für 45 Minuten vor Ort. Seine Zeit war zudem im Jahr auf 50 Stunden begrenzt: 40 für die Kinder und zehn für den Austausch mit den Kindergärtnerinnen und den Eltern. Der Fachdienst gab zwar Anregungen, so Manuela Greimel, „aber das Stammpersonal fehlt im Alltag oft die Zeit, das umzusetzen. Da ist die Arbeit oft verpufft. Ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Man kann natürlich Integrationskinder aufnehmen, aber es sollte Hand und Fuß haben.

Manuela Greimel

Künftig übernimmt Greimel in zwei der drei Ampfinger Einrichtungen die Aufgaben des Fachdienstes. Sie und die anderen Integrationskräften sind dann tagtäglich vor Ort und tauschen sich aus. „Dadurch steigt die Qualität in den Einrichtungen wahnsinnig und die Kinder sind einfach viel besser aufgehoben.“ 

„Kinder müssen lernen, in der Gruppe zu bestehen“

„Integration und Inklusion heißt ja nicht, dass jemand mit dem Kind rausgeht“, erklärt Greimel. „Die Kinder müssen lernen, in der Gruppe zu bestehen.“ Um das zu erreichen, brauche es neue Formen, viel Aufmerksamkeit und Zeit. 

Wenn das gegeben ist, dann öffnen sich die Kinder, sprechen und lachen mit den anderen, leben ihre Energie im Spiel und beim Sport aus und wechseln später problemlos auf die Schule. „Man merkt eigentlich von Woche zu Woche, wie es besser wird. Es dauert halt vier bis sechs Wochen, bis die Kinder Vertrauen fassen.“

Mehr Zeit für die besonderen Kinder

Greimel hat heilpädagogische Erfahrung, ist zudem Entspannungspädagogin und Lehrerin für Kinder-Yoga. Vor gut einem Jahr hat sie noch die einjährige Zusatzausbildung zur Fachkraft für Integration und Inklusion absolviert: „Früher hätte ich gesagt, wir können wegen unserer Treppe in Stefanskirchen kein Kind mit Rollstuhl aufnehmen. Jetzt würde ich sagen: Ich kläre ab, ob wir das können. Auch sehe ich nicht das Kind als auffällig an, sondern versuche die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass diese Kinder gut integriert sein.“

Derzeit genießt Manuela Greimel ihren Sommerurlaub und freut sich schon auf das neue Kindergartenjahr: Dann wird sie bei den Dorfstrolchen durch eine neue Erzieherin entlastet, „und ich kann meinen Blick besser auf diese besonderen Kinder richten.“ 

Rubriklistenbild: © Sebastian Gollnow/dpa/Illustration

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