Urteile gefallen - aber wie geht‘s weiter?
Horror-Unfall von Ampfing nur die Spitze des Eisbergs: Was erwartet uns 2025 in Sachen Flüchtlinge?
Die Prozesse gegen die Schleuser des Horrorunfalls bei Ampfing im Oktober 2023 waren 2024 die Spitze des Eisbergs. Flüchtlinge und Schleusungen beschäftigten das gesamte Jahr Polizei, Gerichte und die Kommunen. Das ist für 2025 zu erwarten.
Ampfing/Mühldorf/Traunstein/Rosenheim – Illegale Einwanderung, Schleusungen und die Unterbringung von Flüchtlingen – das waren auch 2024 beherrschende Themen in der Region und fanden kurz vor Jahresende erneut bundesweite Aufmerksamkeit.
Am 5. November und am 18. Dezember fielen am Landgericht Traunstein die Urteile gegen die Schleuser, die am 13. Oktober 2023 auf der A94 bei Ampfing für einen Horror-Unfall verantwortlich waren. Die waghalsige Flucht des mit 21 Insassen vollkommen überladenen Neun-Sitzers vor der Polizei endete damals mit sieben Toten, darunter ein siebenjähriges Mädchen, und 13 zum Teil Schwerstverletzten; einer wird zeitlebens ein Pflegefall bleiben.
Urteile gegen die Schleuser des Horror-Unfalls bei Ampfing
„Sie allein sind verantwortlich“, sagte der Vorsitzende Richter Volker Ziegler am 5. November zu dem 25-jährigen syrischen Fahrer des Unfallautos. Unter anderem wegen Schleusung mit Todesfolge wurde er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Er habe, so Richter Ziegler, „skrupellos gehandelt und schwere Schuld auf sich geladen“.
Am 18. Dezember verurteilte die Jugendkammer am Landgericht Traunstein die Insassen des Begleitfahrzeuges. Der 23-jährige Fahrer und Organisator bekam 14 Jahre Gefängnis, die beiden 24 und 18 Jahre alten Mitfahrer fünf Jahre beziehungsweise fünf Jahre Jugendstrafe.
Verfahrenszahlen rückläufig, aber immer noch hoch
Das war die Spitze des Eisbergs. Nahezu Woche für Woche wurden unter anderem am Amtsgericht Mühldorf weitere Verfahren gegen Schleuser verhandelt. 2023 sei eine „sehr hohe Anzahl von 805 Schleuserverfahren bei der Staatsanwaltschaft Traunstein eingegangen“, erklärt Oberstaatsanwalt Rainer Vietze. Daher seien in der ersten Jahreshälfte neben den Spezialstaatstaatsanwälten aus der Schleusungsabteilung auch „viele weitere Kollegen“ mit den Ermittlungen beschäftigt, so der Pressesprecher.
Vietze weiter: Bis Ende Oktober kamen weitere 552 Verfahren hinzu. Das sei zwar weniger als 2023, aber „weiterhin deutliche über den Zahlen“ der ersten drei Quartale in den Jahren 2022 (456) und 2021 (349).
Qualität der Delikte hat sich verändert
„Die Qualität der Schleuserdelikte hat sich verändert“, stellt Vietze fest. 2023 habe es um diese Jahreszeit „sehr viele sehr gefährliche Kastenwagenschleusungen“ mit oft 20 ungesicherten Migranten gegeben; heuer seien es „viele sogenannte Familienschleusungen“. Allerdings würden aktuell die Kastenwagenschleusungen wieder zunehmen.
Auch die Bundespolizeiinspektionen (BPI) Freilassing und Rosenheim hätten heuer einen Rückgang verzeichnet, so Vietze. Jan-Uwe Polte, Pressesprecher der BPI Freilassing kennt die Zahlen für die Landkreise Mühldorf und Altötting. Von Januar bis Ende Oktober gab es 343 illegale Einreisende und 22 Schleuser wurden festgenommen. Zur gleichen Zeit 2023 waren es 1716 unerlaubt eingereiste Personen und 117 festgenommene Schleuser. Polte: „Dies stellt eine deutliche Reduzierung dar.“
Landratsamt Mühldorf sieht eine leichte Steigerung
Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft und Bundespolizei verzeichnete das Landratsamt Mühldorf bei der Zahl der untergebrachten Flüchtlinge „über das Jahr 2024 gesehen eine leichte Steigerung“, so Pressesprecher Wolfgang Haserer. Anfang Dezember waren im Landkreis knapp 2000 Geflüchtete in dezentralen Unterkünften, in Gemeinschaftsunterkünften sowie im Waldkraiburger Anker-Zentrum untergebracht plus rund 840 privat untergebrachte Ukrainer.
Aus Sicht des Landratsamtes war 2024 „von einer hohen Fluktuation geprägt“, so Haserer. „Viele anerkannte Asylbewerber sind weggezogen und ukrainische Staatsangehörige ins Heimatland ausgereist.“ Dafür gab es viele Zuweisungen aus den Unterkünften der Regierung von Oberbayern.
„Aktuell überfordern die anhaltend hohen Zahlen“
Mühldorfs Landrat Max Heimerl fordert „schnell einen Rückgang der Flüchtlingszahlen“ und „eine Steuerung und Begrenzung der illegalen Zuwanderung mit allen staatlichen Mitteln.“ Eine Einwanderungsstrategie müsse „endlich auch konsequent umgesetzt werden.“
Heimerl weiter: „Aktuell überfordern die anhaltend hohen Zahlen an Asylbewerbern und der Zustrom an Flüchtlingen aus der Ukraine unsere Landkreise, Städte und Gemeinden. Zusätzlicher Wohnraum, Kita-Plätze, Schulen, Integration: In Summe ist das nicht zu leisten, um gleichzeitig den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden.“
Aussichten für 2025
Wie geht es 2025 weiter? Dazu wollten die Pressesprecher der Staatsanwaltschaft und der Bundespolizei keine Aussagen treffen, dies hänge von zu vielen Faktoren ab.
Bundespolizist Polte erinnert daran, dass die Grenzkontrollen zu Österreich bis zum 15. März „aus migrations- und sicherheitspolitischen Gründen verlängert“ wurden.
Das Landratsamt Mühldorf geht, so Sprecher Haserer, aktuell „mindestens von einem gleichbleibenden Zuzugsgeschehen wie in 2024“ aus.
Urteil gegen Todesfahrer beschäftigt Bundesgerichtshof
Eines ist dagegen sicher: Der Horror-Unfall auf der A94 bei Ampfing geht 2025 in eine Verlängerung. Der Anwalt des 25-jährigen syrischen Schleusers hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Jetzt muss der Bundesgerichtshof die Urteilsgründe überprüfen und das werde „voraussichtlich mehrere Monate“ dauern, so Oberstaatsanwalt Vietze.