Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Mühldorfs letzter Lebensmittler am Stadtplatz

Seit Jahren geht es bergab – Steht Mühldorfs Bioladen „MiLaMü“ auf der Kippe?

Sabine Abdelli Milamü 5-25
+
Sabine Abdelli und ihrem Ehemann Husseim Abderrahmene. Das „MiLaMü“ unter den Arkaden am Mühldorfer Stadtplatz ist ihr Herzensprojekt.

Der Bioladen „MiLaMü“ ist der letzte Lebensmittel-Laden am Mühldorfer Stadtplatz. Doch die Zukunft des Genossenschafts-Shops ist ungewiss. Wie der Vorstand das Ruder herumreißen will.

Mühldorf – Montag ist für Sabine Abdelli der härteste Tag ihrer Arbeitswoche. Dann müssen die Obst- und Gemüsekisten für mehrere Kindergärten in der Stadt gepackt und ausgefahren werden. „Da bin ich oft schon um 5 Uhr früh auf den Beinen“, erzählt die Leiterin des Bioladens am Stadtplatz. „Ich muss ja nebenbei noch für den Laden herrichten und aufsperren.“ Die gepackten Kisten fährt ihr Mann Husseim Abderrahmene gegen 8.30 Uhr mit dem Lastenfahrrad aus. Bis das alles abgeschlossen ist, steht oft ihre Tochter im Laden, der schon um 8 Uhr öffnet.

Dahinter steht eine Genossenschaft

Dieser Laden ist das „MiLaMü – Lebensmittelpunkt“, so steht es an den Schaufenstern des Bioladens, der vor fünf Jahren am Mühldorfer Stadtplatz eröffnet wurde. Dahinter steht die Genossenschaft „MiLaMü“ mit dem Ziel, die Nahversorgung mit täglich benötigen Lebensmitteln am Stadtplatz zu erhalten. Einen Anteil kann jeder erwerben, auch Nicht-Mühldorfer.

Der Laden ist ihr Lebensmittelpunkt

Sabine Abdelli hat das „MiLaMü“ vor einem Jahr, am 1. Mai, übernommen. Für sie wurde es – so wie es der Schriftzug am Fenster verheißt – tatsächlich zum Lebensmittelpunkt, dem sie ihre ganze Arbeitskraft widmet. Sie steht im Verkauf, in der Küche, serviert im Bistro, managt das Büro und die Bestellungen. Steckt weit mehr Arbeitszeit und Engagement hinein, als es für eine Nur-Angestellte normal ist.

Selbst und ständig

Ich habe immer eine 6-Tage-Woche“, sagt sie und wirkt damit kein bisschen unzufrieden. „Seit Januar hatte ich keinen freien Tag, höchstens ein paar Stunden hie und da, wenn gerade nicht viel los ist.“ Für Urlaub blieb vergangenes Jahr keine Zeit. Sie arbeitet so, wie es Selbstständigen gerne beschreiben: Selbst und ständig! Neben ihrem Mann gehört noch die Tochter bis Sommer als Werkstudentin zum Personal. Die Familie ist die ganze Belegschaft des „MiLaMü“ – ein Familienbetrieb sozusagen. Ab und zu verstärken Praktikantinnen der Fachoberschule das Team.

„Sabine ist ein wahrer Glücksgriff“: Vorstand Stefan Schörghuber weiß, was die Genossenschaft an Ladenleiterin Sabine Abdelli und ihrem Ehemann Husseim Abderrahmene hat. Die beiden werden momentan von FOS-Praktikantin Alina Lübben unterstützt (von links).

Während Corona stimmte der Umsatz

„Sabine ist ein wahrer Glücksgriff“, schwärmt Stefan Schörghuber, einer der Vorstände der Laden-Genossenschaft. „Hätten wir sie schon von Anfang an gehabt, wäre vieles anders gelaufen.“ Angefangen hatte der Laden mit sechs Angestellten, zwei in Vollzeit, die anderen in Teilzeit. Anfangs lief auch alles bestens. „Es war Corona, die Leute konnten nicht verreisen, nicht in Restaurants“, erinnert sich Schörghuber. „Mit dem Geld, das sie nirgends ausgeben konnten, haben sie sich gesunde Bio-Lebensmittel geleistet.“ Der Laden am Stadtplatz lief gut an.

Es bräuchte mehr Kunden und Gäste

Dann war Corona vorbei, es folgten Inflation und höhere Energiepreise, die Menschen sparten wieder mehr. Der Umsatz im Bioladen brach nach den beiden „goldenen“ Anfangsjahren um rund 30 Prozent ein, verrät der Vorstand. „Der Laden hat viele treue Stammkunden, aber er bräuchte einfach mehr Kunden und auch mehr Gäste im Bistro.“ Auch die anfängliche Einkaufstreue der Genossenschaftsmitglieder habe nachgelassen, dazu die große Konkurrenz der Discounter mit weniger streng kontrollierter und nicht regionaler Bioware. Um rentabler zu werden, wurde die Belegschaft nach und nach verkleinert, doch noch immer rechnet sich der Laden nicht von allein, die Teilhaber schießen zu.

Das Jahr der Bewährung

Mit der 2,5-Personen-Besetzung habe man schließlich richtige Konzept gefunden. „Wir haben viel probiert. Es ist die absolut unterste Personalschiene“, sagt Schörghuber. „Jetzt fahren wir auf Sicht, schauen, wie es läuft, es ist das Jahr der Bewährung.“ Seit Ende Januar wird kein Mittagstisch mehr angeboten, die Gästezahlen waren zu wenig konstant. Es gibt im Bistro und auf der Terrasse aber noch immer Frühstück und über den Tag in der Küche frisch zubereitete kleine Speisen in Bioqualität. Neu ist der warme Leberkäse in der Biosemmel. „Der geht wie blöd!“, freut sich Abdelli.

Wie kann es weitergehen?

Mit Sabine Abdellis Familie läuft der Betrieb rund. Trotzdem: Ende des Jahres kommt das „MiLaMü“ auf den Prüfstand, dann läuft der Mietvertrag aus. „Wir werden Bilanz ziehen und müssen ganz genau schauen, wie es weitergehen kann“, sagt Schörghuber. Die drei Vorstände werden zusammen mit Ladenleiterin Abdelli darüber beraten, wie es mit dem „MiLaMü“ weitergehen soll und ob es weitergehen kann. Klären, ob der Mietvertrag für weitere fünf, drei oder auch nur noch für ein Jahr verlängert werden oder ob man zusperren soll. Mit dem Vermieter dürfte es keine Probleme geben, denn das ist die Familie Schörghuber und die signalisiert weiteres Entgegenkommen. Würde der Bioladen schließen, verlöre der Mühldorfer Stadtplatz seinen letzten Lebensmittler mit breitem Sortiment.

„Mir wird nie langweilig“

Ich mache diese viele Arbeit gern, sie ist voll mein Ding und ich wusste, worauf ich mich einlasse“, sagt Sabine Abdelli. „Es ist so abwechslungsreich, mir wird nie langweilig. Ist mal weniger zu tun, verarbeite ich die Obstreste und backe Kuchen für den Laden.“ Sie läuft immer auf vollen Touren, macht aus allem einfach das Beste.

Heuer gibts im Sommer Betriebsurlaub

„Was Sabine leistet, ist auf Dauer nicht machbar, irgendwann ist der Akku leer“, das ist Schörghuber und den Vorstandskollegen bewusst. Sie wollen versuchen, die Belastung mit personeller Verstärkung abzufedern. Wie das gehen kann, ist noch nicht klar. Im Sommer wird das „MiLaMü“ erst einmal zweieinhalb Wochen für Betriebsurlaub geschlossen sein. Dann können Sabine Abdelli und ihr Mann sich einen Urlaub gönnen. „I gfrei mi total“, sagt sie mit breitem Lächeln.

Kommentare