Neue Richtlinien im To-go Geschäft
Abzocke mit Mehrweg-Pflicht? Für Mühldorfs Gastro beginnt das neue Jahr mit Bauchschmerzen
Ab Januar muss fast überall, wo es Getränke oder Essen zum Mitnehmen gibt, auch eine Mehrweg-Verpackung angeboten werden. Das stößt manchen Gastro-Unternehmern vor Ort sauer auf.
Mühldorf - „Der kleine Unternehmer wird sowieso nur noch abgezockt. Der Kunde wird es ablehnen, da bin ich mir sicher.“ Der Erhartinger Bäckermeister und Cafébetreiber Toni Eicher ist sauer angesichts der ab Januar 2023 für den To-go Bereich geltenden Mehrwegpflicht. Das bedeutet, dass Restaurants, Bistros oder Cafés, aber auch Bäckereiketten, Fast-Food-Restaurants oder Tankstellen neben den Einwegbechern auch alternative Mehrwegvarianten anbieten müssen. Teurer darf das Mehrweggeschirr - bei möglicher Pfandabgabe - allerdings nicht sein, wie das Landratsamt Mühldorf informiert.
Rechnet sich nicht!
„Wie soll sich das rechnen? Soll der Verkäufer bei den Energiekosten und Stundenlöhnen neben den Anschaffungskosten auch noch das Reinigen zahlen?“, stellt Eicher in den Raum. Die Idee findet er im Sinne der Umwelt gut. Dennoch glaubt der erfahrene Unternehmer zu wissen, dass sich das System bei den Kunden niemals durchsetzt - bei seiner Kundschaft zumindest. Die Einführung von Mehrwegbechern aus Bambus und Edelstahl, die man vor fünf Jahren im Geschäft angeboten habe, sei nur von wenigen Kunden angenommen worden. „Diejenigen, die einen Mehrwegbecher gekauft haben, nehmen nach einigen Tagen wieder den Pappbecher, weil sie ihn vergessen haben. Wenige bringen den Becher wieder zurück - aber fragen Sie nicht, wie diese teilweise aussehen!“
Müllvermeidung sieht anders aus!
Ähnlich sieht das der Geschäftsführer der Breintner Total Tankstelle in Mühldorf, Dietmar Breintner, der sich dieser Tage ein Pfandbecher-System einrichten lässt, das ihn monatlich rund 40 Euro kosten wird: „Denken Sie nur an die Pendler, die beispielsweise nach München fahren. Werden die den Mehrwegbecher kaufen und dann wieder abgeben? Die werfen den eher aus Gewohnheit weg.“ Der Müll werde seiner Ansicht nach nicht weniger werden. Am Mehrwegsystem vorbei kommt Breintner allerdings nicht, sonst winken ihm satte 10.000 Euro Bußgeld - wie er selbst zugeben muss und das Landratsamt Mühldorf auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen auch bestätigt.
Seit Corona mehr Außer-Haus-Geschäft
Zu den Ausnahmen wie beispielsweise Imbisse, Dönerläden, Kioske und Spätkaufläden, in denen insgesamt nur fünf Beschäftigte oder weniger arbeiten und die eine Ladenfläche von 80 Quadratmetern nicht überschreiten, zählt die Total Breintner Tankstelle nicht. Wo es bei ihm allerdings nur um Kaffeebecher geht, müssen andere der Branchenkollegen mit Essen für unterwegs mitunter tiefer in die Tasche greifen. „Natürlich wurde das Außer-Haus-Konzept im Zuge der Pandemie von vielen Restaurants weiterentwickelt“, erklärt Dehoga-Kreisvorsitzender Holger Nagl die gestiegene Bedeutung des To-go Geschäfts. Die Mehrwegpflicht werde einen großen Umbruch in der Branche bedeuten, ist sich Nagl, der selbst den Landgasthof Hammerwirt in Mühldorf betreibt, sicher.
Vorrätige Verpackungen aufbrauchen
„Es ist ganz einfach: Wer liefert oder ein To-go Geschäft haben möchte, muss sich dem stellen“, so Nagl, auch wenn er zugeben muss, dass innerhalb der Branche Mehrweg heiß diskutiert wird. Allerdings sind für ihn noch zu viele Fragen offen. Abgesehen von der Kundenakzeptanz und der Wirtschaftlichkeit kann sich Nagl nicht wirklich vorstellen, wie das System praktisch funktionieren soll. „Wie soll das Geschirr in großem Umfang zurückgehen? Das ist mir rätselhaft.“ Eigentlich müsse es über ein überregionales Pfand-System, ähnlich der Pfandflaschen gehen. „Das sehe ich nicht im Ansatz“, schüttelt Nagl mit dem Kopf. Also kann das Geschirr nur zurück ins Geschäft laufen. Dort, wo es wegen des Betriebskonzepts nicht ins Gewicht fällt, wie bei ihm im Landgasthof, könne man die Entwicklung noch entspannt beobachten. Nagl werde die vorrätigen Verpackungen aufbrauchen und sich erst dann eines der unterschiedlichen Systeme auf dem Markt aussuchen.
Kein Pfand, dafür Geschirrverkauf
Romina Nikolaides, die Inhaberin des Mühldorfer Restaurants Alexis Zorbas, ist da schon einen Schritt weiter. „Bei uns macht das Außer-Haus-Geschäft bei Abholung bis zu 40 Prozent aus“, so Nikolaides. Eine tragfähige Lösung muss also her. Statt Pfand auszugeben, möchte sie allerdings möglichst günstiges Mehrweggeschirr samt Inhalt verkaufen; die Speisen to go werden dann insgesamt etwas teurer. „Gebrauchte Pfandschalen weiterzugeben, ist meiner Ansicht nach unhygienisch“, erklärt Romina Nikolaides, die fest davon ausgeht, dass die meisten Gastronomen eher auf Verkauf setzen werden.
Viele Ausnahmen - auch bei Lieferdiensten
Bleibt die Frage, was für die Lieferdienste, deren Geschäftsmodell der To-go Betrieb ist und die sich möglicherweise im großen Stil umbauen müssen, nun ansteht? „Für Lieferdienste, die unabhängig von einem einzelnen Restaurant tätig sind, gilt die Mehrwegpflicht nicht direkt“, verlautbart das Landratsamt. Essen-auf-Rädern-Geschäfte wie beispielsweise der Mühldorfer Lieferdienst Pap‘s Pizza begreifen sich selbst eher als Imbiss to go - hier sollte die Mehrwegpflicht auch nicht zutreffen. „Das wäre bei unserer kleinen Ladengröße nicht zu bewerkstelligen“, erklärt ein Mitarbeiter auf Nachfrage. Ausnahmen bestätigen also die Regel.
Burger weiterhin in Einwegverpackung
Ausnahmen auch beim Fast Food? Was erwartet die Kunden beispielsweise bei McDonald‘s in Mühldorf, wo stets reger Betrieb herrscht? Zumindest bei Getränken und Eis sei ab Ende Dezember 2022 alternativ eine Mehrwegverpackung zu erhalten, teilt McDonald‘s Deutschland auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen mit. Die zwei Euro Pfand gebe es bei Rückgabe des Geschirrs im Restaurant zurück. Was passiert jedoch mit Burgern, Wraps und Co? Hier greift das Mehrwegsystem offenbar nicht. Ähnliches verlautbart übrigens auch Burger King Deutschland auf Nachfrage; hier - und somit auch am Mühldorfer Standort - nutze man seit Januar 2023 für Getränke, Shakes und Eis das Recup-System. „An weiteren nachhaltigen Verpackungslösungen wird gearbeitet.“
Pfandsystem am Stadtplatz gängig
Vorbildlicher agiert man dagegen in neuen, aber auch alteingesessenen Geschäften rund um den Mühldorfer Stadtplatz - auch solche, die eigentlich die Mehrwegpflicht gar nicht tangiert. Seit zwei Jahren bietet beispielsweise die Metzgerei Magg Rebowl-Pfandschalen für den Mittagstisch für unterwegs an. Zumindest rund 25 Stammkunden greifen regelmäßig auf das Fünf-Euro-Pfandsystem zurück, sagt Mitarbeiterin Roswitha Mannewitz. Manche würde allerdings der teils zerkratzte Zustand einiger Schüsseln abschrecken. Auch diese Seite gehört eben zum Mehrwegsystem.
Im 2021 eröffneten Bistro MiLaMü ist Recup beziehungsweise Rebowl einziges Außer-Haus-Geschäftsmodell: „Für uns und unsere Kunden ist das nichts Neues. Es funktioniert gut“, ist MiLaMü-Mitarbeiterin Birgit Bachmeier überzeugt. Einen großen Mehraufwand in der Küche sieht sie nicht - auch wenn ab und an das Geschirr ungewaschen abgegeben wird.

