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Jubiläumsjahr für Burghauser Familie in Spitalvorstadt

Von Bärten und Streichen: Die 150-jährige Geschichte der Burghauser „Bader Bauer Dynastie“

Der ehemalige Badersalon am Platzl in Burghausen wurde 1874 von Roman Bauer eröffnet, dem Ururgroßvater von Roman Bauer junior (r.) und dem Uropa seines Vaters Roman Bauer senior (l.).
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Der ehemalige Badersalon am Platzl in Burghausen wurde 1874 von Roman Bauer eröffnet, dem Ururgroßvater von Roman Bauer junior (r.) und dem Uropa seines Vaters Roman Bauer senior (l.).

Seit 150 Jahren ist die Bauer-Familie nun in der Burghauser Altstadt ansässig – und über Generationen hinweg wurde in ihrem Badersalon nicht nur Haare geschnitten, sondern auch Geschichte gemacht: Ein Mitglied der Bader-Dynastie sorgte sogar dafür, dass der Wöhrsee nicht in fremde Hände kam, sondern von der Stadt gekauft werden konnte. Ein Rückblick.

Burghausen – Am 15. Oktober 2024 ist es so weit: Die Familie Bauer feiert ihr 150-jähriges Jubiläum in der Spitalvorstadt. Viele Jahrzehnte haben Mitglieder der „Bader Bauer Dynastie“ sich für die Gesundheit und das Wohlergehen der Burghauser eingesetzt – und nebenbei die Stadtgeschichte mitgeprägt. Bereits im Juli wurde dies mit einem Fest am „Bader-Bauer-Platzl“ zelebriert, bei dem sich auch die drei Bürgermeister die Ehre gaben. Ein Rückblick auf die bewegte Geschichte der Familie und ein Einblick in das Leben einer herausragenden Persönlichkeit.

Vom Bader zum Wöhrseeretter – Die „Legende“ Roman Bauer II.

Mit welchem Mitglied der Familie sollte ein Rückblick auf die Geschichte der Bauers sonst beginnen, als mit dem damals stadtbekannten Roman Bauer II.. Sein Vater hatte als erster „Roman“ eine Namenstradition begründet, die über fünf Generationen weitergeführt werden konnte. Als Sohn eines Batallionsbüchsenmachers, der noch auf der Burg arbeitete, hatte Roman Bauer I. seinen Badersalon im Jahr 1874 eröffnet. Aber zu zurück zu seinem Sohn, der in Burghausen nicht nur für seine Handwerkskunst als „niederer Chirurg“ und Friseur, sondern auch für seinen ausladenden Schnurrbart und seinen herzlichen Humor bekannt war.

Auf einen seiner unvergesslichsten Streiche blickt sein Enkel Roman Bauer Senior (74) noch heute mit Amüsement zurück: Kahlrasiert und ohne Schnurrbart, war sein Großvater inkognito zu einem Ball auf dem Lohneranwesen in Burghausen erschienen. Während sich die Gesellschaft noch darüber brüskierte, dass sich „ein Unbekannter“ auf dem Sitzplatz von „Roman Bauer“ breitmachte, lachte sich der unerkannte Bader ins Fäustchen. Still und heimlich genoss er seinen Schabernack, bis er sich den erzürnten Nachbarn und Freunden endlich zu Erkennen gab: Die Versammlung brach in schallendes Gelächter aus.

Das Haus der Bader-Familie und Roman Bauer der II.

Die heldenhafte „Wöhrsee-Rettung“

Doch Roman Bauer II. war nicht nur für seine Streiche bekannt, sondern auch für seine herausragenden Bemühungen um seine Stadt. Für sie wurde er im Jahr 1963 auch mit der goldenen Ehrennadel ausgezeichnet – und noch heute wären viele Burghauser dankbar, wenn sie noch wüssten, dass sie ohne Roman Bauer II. möglicherweise keinen Zugang zum Wöhrsee mehr hätten: Bei einem Besuch im Badersalon hatte ihm ein Kunde aus München berichtet, dass der geliebte See versteigert werden sollte. Weil es für den Bader absolut nicht gar nicht in Frage kam, dass künftig Ferienhäuser von Münchnern um den See gebaut werden sollten, machte er sich auf zum Rathaus, wo er der Stadt nahelegte, den See selbst zu kaufen. Was wäre nur aus dem schönen Wöhrsee geworden, wenn der Bader diesen Gang nicht getan hätte?

Der Brand im Jahr 1911 zerstörte einige Häuser in der Burghauser Spitalvorstadt.

Und: Ein tierischer Namensstreit

Roman Bauer II. war aber nicht nur besorgt um seine Stadt – sondern auch um das Ansehen seines Namens. Kurt Weber, ein fescher, junger Turnlehrer am Gymnasium, spazierte häufig mit seinem Hund am Badersalon und dem gegenüberliegenden Schlachthof vorbei. Dort, wo sich zahlreiche Vierbeiner jeder Art herumtrieben und um Abfälle rauften, kam es nicht selten dazu, dass der Lehrer seine Dogge maßregeln musste. Als der Bader vor der Tür seines Geschäftes aber hören musste: „Roman, da komm her. Roman, kusch dich. Roman! Schämst Du Dich nicht?“, war er nicht gerade begeistert.

So besuchte er den jungen Lehrer, um ihn zu bitten, einen anderen Namen für seine Dogge zu erwägen. Doch Kurt Weber sah dies gar nicht ein und blieb stur , weshalb der Bader wütend aus der Wohnung des Lehrers stürmte und kurzerhand seinen Kater in „Kurt“ umtaufte. Es verwundert nicht, dass der Lehrer zusammenzuckte, wenn er von da an durch die Spitalvorstadt spazierte und hören musste: „Kurt! Du Mistviech, Du elendiges! Du taugst ja hinten und vorne nix! Du Pfundhammi, Du greisliga!“ Nach zahlreichen gegenseitigen Verleumdungen endete der Streit schließlich vor dem Bürgermeister und den Stadtparteien – und die beschlossen kurzerhand, dass die Tiere ab sofort neue Namen erhalten sollten.

Ein Blick in die Burghauser Spitalgasse: Im Jahr 1959 war hier alles überschwemmt.

Über Generationen hinweg: Die Bauers in der Spitalvorstadt

Im Badersalon der Bauers wurde aber nicht nur Streiche ausgeheckt, sondern auch für das Wohl und die Gesundheit der Burghauser gesorgt: Es wurden Zähne gezogen, Wunden versorgt, Aderlässe durchgeführt und viele Krankheiten geheilt. Auch wenn der Beruf in den 1950ern zunehmend ausstarb und das Arbeitsspektrum von medizinischen Berufen übernommen wurde, waren Bader gerade während der beiden Weltkriege von essenzieller Bedeutung für die Gesundheitsversorgung einer Stadt. In der Spitalvorstadt, die im Mittelalter mit einer eigenen Stadtmauer vom Stadtkern und nach außen hin abgetrennt war, befanden sich früher auch ein Krankenhaus, ein Badhaus, eine eigene Mühle und ein Bräuhaus.

Das Baderhaus während des Hochwassers 1899 (Pegel 9,28 m). Roman Bauer sen. kann sich noch an jene in den Jahren 1954 und 1959 erinnern.

Vom Damensalon zur Anwaltskanzlei

Nachdem die Tätigkeit der Bader in die Hände von Medizinern gelegt wurde, eröffnete Roman Bauer II. einen Damensalon, den er dann in die Hände seines Sohnes weitergab – während sich seine Söhne im Krieg verdienen mussten. Sein Enkel, Roman Bauer senior (74), der sich noch zum staatlich geprüften Masseur ausbilden ließ, ist bislang der letzte „Bauer“, der in der Gesundheitsbranche tätig war. Sein Sohn Roman (49) hat nämlich eine völlig neue Richtung eingeschlagen und betreibt heute eine Anwaltskanzlei im ehemaligen Badersalon seiner Ahnen. Seine Mandanten können noch heute Erinnerungsstücke an die Zeit in seinen Räumlichkeiten bestaunen.

Auch wenn sich der Berufsmantel geändert hat – eine gewisse Gelassenheit und Ruhe ist wohl allen „Roman Bauers“ gemein, sagt Helga Bauer, die Frau von Roman Senior. Gerade wenn es um Krankheit und Tod geht, solle ihre „Romans“ einen kühlen Kopf bewahren – genau wie ihre Vorväter. Während Senior inzwischen seine Rente genießt und sich in Ruhe seinem neuen Hobby, der Malerei widmet, kümmert sich Junior um das gewerbliche Recht. Noch vor kurzem wohnten drei Generationen der Familie unter einem Dach – was die Zukunft bringt, ist noch ungewiss. Ganz sicher ist damit zu rechnen, dass die „Romans“ Burghausen treu bleiben werden, doch was die Jüngste der Dynastie, die 10-jährige Laura, einmal machen möchte – das steht noch in den Sternen.

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