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Ist Klimaschutz nicht mehr en vogue?

Klimaschutzkonzept sorgt für hitzige Diskussion: Sind 60 Maßnahmen zuviel für Burghausen?

Vielerorts kämpfte man gegen Hochwasser – im Burghauser Stadtrat ging es gegen das Klimaschutzkonzept.
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Vielerorts kämpfte man gegen Hochwasser – im Burghauser Stadtrat ging es gegen das Klimaschutzkonzept (Symbolbild).

Für einen Temperaturanstieg bei der jüngsten Burghauser Stadtratssitzung sorgte am 12. Juni die Präsentation eines 200-seitigen Klimaschutzkonzeptes. Die Meinungen über die Summe der vorgeschlagenen Maßnahmen gingen so stark auseinander, dass viele Stadträte sich gegen sie stemmten. Letztendlich wurde die Umsetzung des Konzeptes aber doch beschlossen.

Burghausen – Während in Passau noch immer gegen Überschwemmungen gekämpft wird, kämpfte manam 12. Juni im Burghauser Stadtrat gegen die Umsetzung eines neuen Klimaschutzkonzeptes. In dem 200 Seiten starken Programm wurden von Klimaschutzmanagerin Verena Steiner 60 Maßnahmen ausgearbeitet, die der Stadt auf dem Weg zu mehr Klimaneutralität behilflich wären. Der Umfang des Konzepts stieß bei mehreren Mitgliedern des Stadtrats jedoch auf Unverständnis, die zur Entstehung einer hitzigen Diskussion beitrug.

Bürgermeister hält Klimaschutz für eine der großen Aufgaben

„Ich bin überzeugt, dass der Klimaschutz, eine der großen Aufgaben ist, denn unsere Erde existiert nur einmal“, führte Bürgermeister Florian Schneider (SPD) zuerst das Thema ein. „Burghausen braucht diese Maßnahmen, um Energieeinsparungen und eine Reduktion der Treibhausgasemissionen zu erreichen.“ Dieses Ziel müsse die Stadt auf eine ausbalancierte Weise anstreben und auch die finanziellen Möglichkeiten gut im Blick behalten, so der Bürgermeister. „Das Klima schützen zu wollen, eint uns hier in großem Maße“, schickte er der Vorstellung des Konzepts noch voraus, um anschließend feststellen zu müssen, dass dem wohl nicht so ist.

Die Top Ten der Klimaschutz-Maßnahmen

Verena Steiner, die nun seit über einem Jahr als Klimaschutzmanagerin bei der Stadt beschäftigt ist, hat in ihrem umfangreichen Programm eine systematische Analyse der Ist-Situation in Burghausen und dazu einen Katalog von 60 Maßnahmen erarbeitet. Auf Platz eins der Aktionen, die am meisten Treibhausgase einsparen würde, steht dabei der Ausbau der Fernwärme, auf Platz zwei die Erweiterung der PV-Freiflächenanlagen und auf Platz drei der Bau eines Windrads auf dem Gebiet der Stadt.

Auf Platz vier bis sechs befinden sich die Erhöhung des Humus-Anteils in der Landwirtschaft, die energetische Sanierung des Hallenbads, die Sanierung des Gebäudebestands anstatt eines Neubaus von Wohn- und Gewerbegebäuden. Dann reihen sich zwischen Platz sieben und zehn die energetische Nutzung des Gefälles in der Trinkwasserleitung von Österreich nach Burghausen, die Elektrifizierung der City-Bus-Flotte, die Schließung der Lücken im Radwegenetz (einschließlich des Ludwigsbergs und der Kreuzungen) sowie die Schließung von Lücken im Gehwegenetz. Angemerkt sei hier, dass die Platzierung nicht in zeitlicher Aneinanderreihung umgesetzt werden sollten.

„Kommunen leiden unter Auswirkungen des Klimawandels“

Alle Maßnahmen in Steiners Konzept seien auf Partizipation ausgelegt und es bestünde kein Zwang zur Umsetzung. Für die Realisierung von Einzelmaßnahmen seien außerdem weitere Beschlüsse durch den Stadtrat nötig. Auch Bürgermeister Schneider kündigte an, dass nicht alle Maßnahmen nötig sein müssten, manche möglicherweise gar nicht umgesetzt werden können oder die Realisierung wegen fehlender finanzieller Mittel verzögert werden müsse. „Doch das Thema wird nicht aufhören und auch viele künftige Stadträte begleiten“, stellte Schneider fest.

Auch Zweiter Bürgermeister Norbert Stranzinger(CSU) und Dr. Birgit Schwab (FDP) sprachen ihre Zustimmung aus. Wichtig sei laut Schwab jedoch, einen Handlungsplan zu entwickeln sowie einen Vergleich, welche Einsparungen und Gewinne die einzelnen Maßnahmen erzielten. Auch SPD-Fraktionssprecher Franz Kammhuber lobte das Konzept als wichtige Grundlage und Darstellung der Ausgangslage: „Wir sind in der Pflicht durch die Ziele des Bundes. Jeder muss seine Hausaufgaben machen“, sagte er. Burghausen sei nicht die einzige Stadt, die sich auf den Weg zu mehr Klimaneutralität mache. Gunter Strebel (Grüne) hob hervor, dass der Bund und die Länder keinesweg die gleichen Handlungsmöglichkeiten wie die Kommunen hätten: „Kommunen leiden aber unter den Auswirkungen des Klimawandels.“

Parteienpolitisches Geplänkel

Angesichts des Tornados, der vor nicht einmal einem Jahr durch Burghausen wütete, den enormen Bruchschäden, die das Schneechaos Anfang Dezember verursachte und den aktuellen Überschwemmungen, hätte man nicht mit so heftigem Gegenwind aus den Fraktionen gerechnet: AfD-Stadtrat Thomas Schwemmbauer brachte vor, dass es einen „natürlichen Klimawandel“ gebe. „Solange der menschlich gemachte Klimawandel nicht wissenschaftlich erwiesen ist, wird die AfD dem nicht zustimmen“, konstatierte er. Die Stadt lege sich mit dem Klimaschutzkonzept ein weiteres Korsett an, meinte CSU-Fraktionssprecher Bernhard Harrer.

Klimaschutz nicht mehr en vogue?

„Wir machen es wieder ganz besonders gut“, setzte Klaus Schultheiß von der FDP an. „Wir beschließen etwas, das wir uns danach nicht leisten können. Das muss jedem klar sein.“ Schultheiß meinte, die Stadt schieße über das Ziel hinaus und lege sich Fesseln für die Zukunft an und – vor allem, wenn es um Bürokratie geht – auch dem Bürger. UWB-Stadtrat Peter Schacherbauer zerlegte das Klimaschutzkonzept in drei Teile: Politisch sei Klimaschutz nicht mehr en vogue, so Schacherbauer. Die Europawahl habe gezeigt, dass die Bürger andere Ängste und Sorgen als den Klimaschutz hätten.

Auch strukturell und systematisch sei das Konzept bedenklich: Es sei eine Absichtserklärung und zwänge dem Stadtrat künftige Beschlüsse auf. Materiell und inhaltlich habe das Programm deutliche Schwächen, so Schacherbauer. „Klimaschutz muss im Großen und Globalen gedacht werden“, sagte er. Die Transformation der Industrie müsse in den Vordergrund gestellt werden, die Schaffung der Infrastruktur und Bereitstellung von Flächen und Regelungen. Doch die Kriterien des Klimaschutzkonzepts würden die Gewerbeansiedlung und Auftragsgrundlage deutlich verschlechtern.

Bürgermeister Schneider bezeichnete es als Polemik, eine Verbindung zwischen dem Klimaschutzkonzept der Stadt und der Europawahl herzustellen. Nach einem kurzen Schlagabtausch setzte auch Peter Aldozó (Grüne) zu einem Machtwort an: „Geht die Welt unter?“, fragte er und beantwortete dies selbst: „Ja. In manchen Bereichen in Bayern geht sie gerade unter. Ich bin überrascht, dass das Konzept so parteienpolitisch diskutiert wird“, so Aldozó. Die Regierung hat sich das Ziel gesetzt bis 2040 klimaneutral zu werden und um das schaffen zu können, muss jeder seinen Beitrag leisten. Wer, wenn nicht wir? Eine Stadt, die so wohlhabend wie Burghausen ist, sollte als Beispiel vorangehen.“

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