Freispruch für vermeintlichen „Dealer“
Versuchter Suizid: Burghauser Schülerin berichtigt Angaben zur Herkunft der Tabletten
Am Amtsgericht Altötting wurde am 11. Oktober gegen einen Burghauser verhandelt, der beschuldigt wurde, einer 15-Jährigen Ecstasy und verschreibungspflichtige Medikamente verkauft zu haben.
Altötting; Burghausen – Vor dem Amtsgericht Altötting musste sich heute (11. Oktober) ein 26-Jähriger wegen der Zeugenaussage einer 15-jährigen Schülerin aus Burghausen verteidigen. Er habe dem Mädchen Tabletten verkauft, die das Mädchen bei einem missglückten Selbstmordversuch eingenommen hatte. Für den Angeklagten ging die Verhandlung am Ende gut aus, denn die inzwischen 16-Jährige stellte richtig, dass sie bei der polizeilichen Vernehmung einen falschen Namen genannt hatte. Der Beschuldigte kam also mit einem Freispruch davon – für den Besitz einer geringen Menge Betäubungsmittel wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt.
Tabletten-Deal auf Burghauser Burg
Gegenüber einem Polizeibeamten der Polizeiinspektion Burghausen hatte das 15-jährige Mädchen kurze Zeit nach ihrem Selbstmordversuch angegeben, den Angeschuldigten am 5. März auf der Burg in Burghausen getroffen zu haben. Dort habe er ihr für 13 Euro eine Ecstasy-, drei Xanax- und eine Tilidin-Tablette verkauft, die sie noch am gleichen Nachmittag eingenommen habe. Nachdem sie wegen ihres schlechten Zustandes von ihrer Mutter ins Krankenhaus Altötting gebracht wurde und dort eine Nacht auf Intensivstation verbringen musste, äußerte sich das Mädchen zuerst nur gegenüber ihrer Mutter. Nur auf deren Drängen habe sie dann die Aussage bei der Polizei gemacht.
„Man musste ihr alles aus der Nase ziehen“
Der zuständige Polizeibeamte sagte vor Gericht als Zeuge aus, dass das Mädchen nur widerwillig Aussagen gegen den Angeklagten gemacht habe. Eigentlich seien Mutter und Tochter nur wegen einer Anzeige gegen den Ex-Freund des Mädchens bei der Inspektion vorstellig geworden. Aus Sicht des Beamten war das Motiv für die Anzeigeerstattung wohl Eifersucht. Die Beschuldigung des vermeintlichen „Tabletten-Verkäufers“ sei erst im Nachhinein und unter Druck geschehen. „Treibend für ihre Aussage war auf jeden Fall die Mutter. Man musste dem Mädel alles aus der Nase ziehen“, sagte der Beamte.
Beschuldigten auf Fotos nicht erkannt
Gegenüber einem Beamten der Kriminalpolizei Mühldorf wollte die 15-Jährige dann nichts mehr sagen. „Die Mutter hat versucht, auf sie einzureden und das Mädl wirkte genervt“, so der Kripo-Beamte. „Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schaute nach oben. Auch bei der Vorlage eines Fotos hat sie den Beschuldigten nicht erkannt.“ Zu ihrer Zeugenaussage beim Amtsgericht kamen Mutter und Tochter mit etwas Verspätung. Zuerst wurde die Mutter des Mädchens in den Zeugenstand gerufen. „Es ist ganz schwierig mit ihr gewesen“, sagt diese über ihre Tochter. Das Mädchen habe den vermeintlichen Tabletten-Verkäufer wohl durch ihren Exfreund kennengelernt.
Mutter beschuldigt Angeklagten
Als das Mädchen vom Alter des Beschuldigten erfuhr, habe die Schülerin „geschockt“ reagiert, so die Mutter. Ihr gegenüber habe das Mädchen erzählt, dass sie mehrmals mit ihrem Exfreund in der Wohnung des Angeklagten gewesen sei. „Dass Du Drogen an Minderjährige verkaufst – also wirklich!“, beschuldigte die Mutter den Angeklagten vor allen Anwesenden. „Ich deale nicht! Hallo!“, verteidigte sich der 26-Jährige sofort. Während des Vortrags der Zeugin zeichnete sich Erstaunen und Verblüffung auf dem Gesicht des Beschuldigten ab. Wiederholt sagte der Angeklagte, das Mädchen gar nicht zu kennen.
„Ich deale nicht!“
Auch die Vorwürfe gegen ihn hatte der Angeklagte alle abgestritten und unterstrichen, dass er die Burghauser Burg seit dem kürzlichen Versterben seiner Mutter nicht mehr aufsuchen könne. „Sie hat das Burgfest und die Burg geliebt. Ich kann da nicht hingehen, ohne dass mir die Tränen kommen“, sagte er aus. Der 26-Jährige, der wegen einer psychischen Erkrankung regelmäßig stationär behandelt wird, gab an, seit dem Tod der Mutter unter Depressionen zu leiden. Er konsumiere gelegentlich Marihuana und habe vor längerer Zeit auch Partydrogen ausprobiert, aber er verkaufe keine Betäubungsmittel.
„Es war wirklich echt dumm“
Der 16-jährigen Schülerin selbst war ihre Nervosität anzumerken, als sie in den Zeugenstand gerufen wurde. Sie gab an, nicht mehr zu wissen, ob sie nüchtern war, als sie die Tabletten kaufte und wollte sich auch nicht erinnern, ob es sich bei dem Angeklagten um den Verkäufer handelte. Nach einem freundlichen, aber bestimmten Hinweis durch Richter Günther Hammerdinger, dass er ihr diese Geschichte nicht glaube, knickte das Mädchen schließlich ein, und gab zu, dass sie den Namen des Angeklagten nannte, als sie „drauf war.“ „Danach hatte ich Schiss, das nochmal zu ändern und dann habe ich das durchgezogen. Es war wirklich echt dumm“, sagte sie.
„Beinahe einen Unschuldigen verurteilt“
Tatsächlich wirkte die Stimme des Mädchens danach entspannter und ruhiger. Die 16-Jährige berichtigte schließlich auch, dass der Handel nicht auf der Burghauser Burg, sondern am Altöttinger Bahnhof stattgefunden habe – möglicherweise sogar einen Tag vorher. Auf den Hinweis des Staatsanwaltes Thomas Putschbach, dass man anhand ihrer Aussage beinahe einen Unschuldigen verurteilt habe, und sie dafür belangt werden könnte, gab das Mädchen auch Informationen zum „Snapchat“-Profil des „echten“ Verkäufers.
Freispruch für einen Tatbestand
„Dann ist es heraußen“, schloss Verteidiger Erhard Frank aus Burghausen in seinem Plädoyer. „Die Mutter hat ihre Tochter zur Rede gestellt, und dann sind Kinder geneigt, irgendetwas zu sagen. Mein Mandant hat es immer bestritten, und jetzt stellt sich raus, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass er sich strafbar gemacht hätte.“ Nach der Verkündung des Freispruchs bezüglich des Verkaufs von Betäubungsmitteln, wurde der Angeklagte aber wegen eines nachweislichen Besitzes geringer Mengen Betäubungsmittel verurteilt. Dafür muss der 26-Jährige nun 900 Euro Geldstrafe zahlen. Auf die Einlegung von Rechtsmitteln wurde verzichtet.