Einblick ins „InnKlinikum“ Altötting-Mühldorf
Ohne Mühldorfs Notaufnahme geht es nicht – Senioren besuchen Krankenhaus und staunen
Die Mühldorfer Senioren hatten sich eine Führung durchs heimische „InnKlinikum“ erhofft. Daraus wurde leider nichts. Was sie trotzdem an bemerkenswerten Neuigkeiten erfuhren.
Mühldorf – 20 wissbegierige Senioren nutzten die Gelegenheit, einen genauen Blick auf die Klinik Mühldorf zu werfen. Möglich machten das die Stadt mit ihrer Seniorenreferentin Claudia Hausberger und Christine Matschi, Vorsitzende des Mühldorfer Seniorenforums.
Neubau soll im Sommer eröffnet werden
Gleich bei der Begrüßung musste Wolfgang Richter, medizinischer Klinikvorstand, die Besucher ein wenig enttäuschen. „Eine Führung durch das Krankenhaus ist leider aus Gründen des Patientenschutzes nicht möglich“, teilte er mit. „Dafür lade ich Sie jetzt schon für Sommer zum Tag offenen Tür ein, wenn unser Neubau eröffnet wird.“ Mit diesen Worten geleitete er die Senioren zu den Fahrstühlen und es ging hoch in den Konferenzraum in der 4. Etage, wo Kaffee und Kuchen vorbereitet waren.
Seinen Vortrag startete Richter mit einem Rückblick auf das Jahr 2020, in dem die Klinik Mühldorf wegen Covid zum reinen Corona-Versorger wurde. „Der Weg da heraus war ein schwerer, aber zum Glück spielt das Seuchenhaus-Image von damals heute keine Rolle mehr in den Köpfen“, so Richter. „Die Patientenzahlen steigen wieder.“
„Alles, außer Herzinfarkt, Schlaganfall und Geburten“
Ebenfalls 2020 wurde die Fusion der Kliniken Mühldorf und Altötting zum „InnKlinikum“ Altötting-Mühldorf in die Tat umgesetzt. Auch das sei kein leichtes Unterfangen gewesen, denn keine Klinik wollte etwas von ihren Leistungen hergeben. Doch mittlerweile sei der Standort Mühldorf als Fachklinik für planbare Behandlungen wie orthopädische Eingriffe etabliert – Richter formulierte es etwas salopp: „Wir machen alles, außer Herzinfarkt, Schlaganfall und Geburten.“ In diesen Fällen sei jeder Patient in der nur 12 Kilometer entfernten Klinik Altötting als Schwerpunktversorger bestens versorgt. Er gab zu bedenken, dass die Menschen für besondere Einkaufswünsche kilometerweite Wege auf sich nähmen. Nur das Krankenhaus solle gleich um die Ecke sein.
Klinik ist für Reform gewappnet
Die Krankenhausreform ist nach seiner Ansicht von der Grundidee richtig: „Es muss Umbauten geben, Deutschland hat zu viele Klinikbetten und zu wenig medizinisches Personal.“ Das „InnKlinikum“ habe im Laufe der Fusion schon so viele der geforderten Strukturänderungen erledigt, dass es die Reform im Gegensatz zu umliegenden Kliniken nicht mehr fürchten müsse. „Wir sind supergut aufgestellt, weil wir die Aufgabenbereiche in den Häusern bereits verteilt haben. Wir müssen nur noch an kleineren Schräubchen drehen.“
Richter zählte auf, welche „Spezialitäten“ und Schwerpunkte die Klinik Mühldorf ihren Patienten aktuell zu bieten hat. Da wäre die Spezialisierung in der Adipositas-Chirurgie von schwer Übergewichtigen mit 2 und 4 Operationen pro Woche. Schilddrüsen werden 300-mal pro Jahr operiert. Im Verbund mit den Kliniken Südostbayern werden 75 Tumor-OPs im Jahr gemacht. Diese Zahlen seien nötig, um die gesetzlichen Standards zu erfüllen. Mühldorf wurde außerdem zum Lungenzentrum entwickelt, „in diesem Fachbereich haben wir zurzeit die meisten Patienten im Haus.“
„400 Hüften, 300 Knie“
Bestens aufgestellt sei auch die Orthopädie. „400 Hüften- und 300 Knieendoprothesen haben wir pro Jahr in Mühldorf, Schultern sind etwas weniger“, konnte der Klinikvorstand vermelden. Dabei müsse ein Hüftoperierter gerade mal vier bis fünf Tage im Krankenhaus bleiben. Die Akut-Geriatrie sei ein weiterer wichtiger Baustein, ebenso die Urologie und die 10 Intensivbetten am Klinikum Mühldorf.
Künftig Zentrum in Südostbayern
Neu für die Senioren war die Mitteilung, dass das Krankenhaus Mühldorf im Bereich „Weaning“ das Zentrum in Südostbayern werden soll. „Weaning“ ist das Entwöhnen der Patienten von der künstlichen Beatmung. Zu diesem Zweck werden etwa nach der OP beatmete Patienten auch aus Münchner Kliniken nach Mühldorf verlegt.
Mühldorfer Notaufnahme bleibt
Das immer wieder aufflammende Gerücht, die Mühldorfer Notaufnahme könnte schließen, entkräftete der Klinikvorstand eindrücklich. „2024 hatten wir in der Notaufnahme Mühldorf 70 Patienten pro Tag, in Altötting 111 Patienten“, verriet er aus internen Zahlen. Und betont, dass es auch in Zukunft ohne die Notaufnahme in Mühldorf nicht geht: „Würde Mühldorf wegfallen, dann bräche in Altötting das Chaos aus.“
Zu viele „falsche“ Patienten
Es bestehe auch weiterhin absoluter Bedarf an der Mühldorfer Notaufnahme. Im Jahr 2024 suchten 25.347 Menschen die Notaufnahme in Mühldorf auf (39 Prozent mehr als im Jahr 2020), 42.535 die in Altötting (48 Prozent mehr). Größtes Problem beider Notaufnahmen seien die Patienten, die gar nicht dorthin gehörten. Die mit ihren kleineren Wehwehchen statt zum Hausarzt ins Krankenhaus gehen, „weil die ja eh da sind“. 2024 lag ihr Anteil an der Gesamtpatientenzahl bei 24.683 – das ist über ein Drittel.
„Das freundlichste Klinikum Südostbayerns“
Für die Zukunft hat sich Wolfgang Richter ein besonderes Ziel für das „InnKlinikum“ gesetzt: „Ich habe den Ehrgeiz, dass wir das freundlichste Klinikum Südostbayerns werden! Ein freundliches Lächeln, ein Gruß und ein nettes Wort kosten nichts und helfen doch so viel.“ Dieses vollmundige Versprechen sollten die Bürger bei ihren Aufenthalten im Krankenhaus ruhig prüfen. Er forderte seine Zuhörer auch dazu auf, als nun bestens informierte „Botschafter“ nach außen zu tragen und weiter zu erzählen, mit welch hoher Qualität das Klinikum seinen Patienten zu bieten habe. Es gelte noch immer das millionenhohe Klinikdefizit abzubauen, je mehr Patienten kämen, um so leichter gehe das.
Schmerztherapie ein Opfer der Wirtschaftlichkeit
Eine der wenigen Fragen, die an den Klinkvorstand gestellt wurden, war die nach der geschlossenen Schmerztherapie. Richter bedauerte die Schließung sehr, aber die Abteilung sei der Wirtschaftlichkeit zum Opfer gefallen. „Patienten gibt es zuhauf, aber die Kassen vergüten die Behandlung in der Schmerztherapie miserabel, wir haben damit jährlich eine halbe bis eine Million Euro verbrannt“, stellte er fest. Das sei für die Klinik nicht mehr zu leisten gewesen.
