Seit 10 Jahren in Reichertsheim
Subkultur mitten auf dem Land: Das sind die Zukunftspläne für Fichters Kulturladen
Moop Mama, Simon Pearce oder Grammy-Gewinnerin Gaby Moreno: Sie alle sind oder waren schon einmal in Fichters Kulturladen in Ramsau (Reichertsheim) zu Gast. Nun feiert die Bühne auf dem Land ihr 10-jähriges Bestehen. Inhaber Christian Wimmer über Zukunftspläne und Prominente, die neben dem Maibaum auftreten.
Reichertsheim/Ramsau – In Fichters Kulturladen wuseln die Musiker der Band Moop Mama x Älice herum und machen sich bereit für ihre Probe. Christian Wimmer, Inhaber von Fichters Kulturladen, steht mit Schürze in der Küche. Er füllt einen ausgehöhlten Hokkaido-Kürbis mit Frühlingszwiebeln, setzt den zuvor abgeschnittenen Deckel wieder darauf und schiebt das Essen in den Ofen. Dann nimmt er sich eine Flasche Spezi aus dem Kühlschrank und setzt sich damit nach draußen vor den Laden. Zeit für ein Gespräch über zehn Jahre Kultur und Kreativität auf dem Land.
Ehemaliger Edeka in Kulturladen umgewandelt
2014 hat der 43-Jährige die leerstehenden Räume mitten in Ramsau zu einem Kulturzentrum auf dem Land umfunktioniert. Für das Jubiläum treten von 9. bis 20. Oktober verschiedene Künstler auf. Früher sei in den jetzigen Veranstaltungsräumen ein Edeka-Laden und ein Kolonialwaren-Geschäft seiner Großmutter gewesen, sagt Wimmer. Heute können bis zu 199 Personen stehend oder 110 Personen sitzend Musikern, Bands oder Kabarettisten zuhören.
Zu der Idee des Kulturladens ist Wimmer laut eigenen Angaben über das 40-jährige Bestehen des Sportvereins Ramsau vor zwölf Jahren gekommen. Damals habe er die Jubiläums-Veranstaltungen organisiert und dafür die alten Räume des Lebensmittelgeschäftes entrümpelt. „Ich wollte jedoch etwas anderes machen, als es sonst bei vielen Festzelten üblich ist. So hat es damals auch einen Kunst- und Lebensmittel-Markt gegeben“, erklärt der 43-Jährige. Dabei habe auch das allererste Sternschnuppen-Konzert, eine Musikveranstaltung für Kinder, stattgefunden.
Auch im Rahmen des Jubiläums wird es das Kindersingen wieder geben. Neben Freunden des Kulturladens wie Moop Mama, Ami und Wolly Warning oder Quadro Nuevo kommen zur Feier auch neue Acts mit Künstlern wie Kabarettist Simon Pearce, Helmfried von Lüttichau (früher „Hubert und Staller“) oder Keller Steff Big Band.
10 Jahre Fichters Kulturladen in Ramsau: Das Programm
Mittwoch, 9. Oktober: Moop Mama x Älice „Wieder Laut“
Donnerstag, 10. Oktober: Ami und Wally Warning
Freitag, 11. Oktober: Keller Steff – Big Band
Sonntag, 13. Oktober: Frühschoppen mit Maxjoseph
Donnerstag, 17. Oktober: Quadro Nuevo
Freitag, 18. Oktober: Simon Pearce „Hybrid“
Samstag, 19. Oktober: Helmfried von Lüttichau (Ausverkauft)
Sonntag, 20. Okotber: Sternschnupe „Bayerische Kinderlieder“
Tickets gibt es unter fichters-tickets.de zu kaufen.
Wenn Wimmer an die vergangenen zehn Jahre zurückdenkt, könne er „Tausend Highlights“ aufzählen, sagt er begeistert. Bei ihm spielten neben der Band Pam Pam Ida auch Granada oder Fiva aus Österreich. Besonders im Kopf gebliebenen ist ihm ein Konzert der Grammy-Gewinnerin Gaby Moreno. „Als sie den ersten Ton sang, war das gesamte Publikum überwältigt. Und dieses Gefühl hielt 90 Minuten an“, erinnert sich der 43-Jährige. Auch an ein Konzert von Moop Mama während dem zweiten Corona-Sommer denkt Wimmer gerne zurück. „Die Bühne war draußen aufgebaut. Zu Beginn regnete es, die Menschen standen unter Schirmen und es kam keine richtige Stimmung auf“, sagt der Inhaber. Damals fanden Konzerte wegen der Pandemie nur sehr selten statt. „Als der Regen schließlich aufhörte, fühlte es sich wie ein Befreiungsschlag an. Man sah den Gästen an, wie sehr sie sich freuten, mehr Platz zu haben und etwas tanzen zu können“, erklärt der Ramsauer.
Wie für viele gastronomische und kulturelle Gewerbe waren die Pandemie-Jahre auch für Fichters Kulturladen eine Herausforderung. „Wir waren irgendwie doppelt abgestraft“, sagt Wimmer. „Wir konnten keine Konzerte veranstalten. Da uns die Menschen zudem nicht als Restaurant auf dem Schirm hatten, konnten wir auch nicht mit Essen zum Mitnehmen punkten“, erinnert er sich. „Vor Corona war der Kulturladen immer voll. Danach, mit steigender Inflation und mit dem Anfang des Ukraine-Krieges ist es schwieriger geworden“, erklärt der 43-Jährige. Mittlerweile würden die Leute nur mehr zu ihnen bekannten Bands gehen und nicht rein deswegen kommen, weil etwas los ist“, meint Wimmer.
„Falle in die Subkultur-Szene“
Die Zeiten derzeit seien unsicher, sagt der Ramsauer. Zweifel an seinem Kulturladen seien bei ihm deswegen an der Tagesordnung. „Ich hinterfrage oft das, was ich hier tue“, sagt er. Schließlich könne er nicht das bieten, was große Spielstätten in größeren Orten bezahlen könnten. „Ich falle mit meinem Angebot schon etwas in die Subkultur-Szene. Das spricht nicht alle Menschen gleichermaßen an, wobei wir versuchen, jedes Genre abzubilden“, erklärt Wimmer.
Was Fichters Kulturladen jedoch besonders mache, sei die Atmosphäre. „Das schätzen sowohl unsere Gäste als auch die Künstler“, sagt Wimmer. Das bestätigt auch Sängerin Älice. Seit etwa eineinhalb Jahren gehört sie zur Besetzung der zehnköpfigen Band Moop Mama. „Es ist wunderschön hier und eine willkommene Abwechslung, auch mal vor weniger Leuten zu spielen“, sagt die Hamburgerin. Als „Nordlicht“ sehe sie zudem nicht alle Tage einen Maibaum, erklärt sie schmunzelnd. Die Band sei zwei Tage vor ihrem Konzert angereist, um noch zu proben. „Ich bin schon etwas nervös, aber freue mich auf den Auftritt“, sagt sie.
Mehr lokale Bands und feste Öffnungszeiten
In Zukunft will Wimmer auch lokalen Bands eine Bühne bieten. „Bisher musste ich ihnen oft absagen. Aber das soll sich ändern“, sagt er. Ab Ende November soll der Kulturladen zudem feste Öffnungszeiten bekommen und donnerstags bis samstags ab 17 Uhr geöffnet haben. Auch wenn manche Ramsauer den Kulturladen etwas kritischer sehen würden, werde er im Dorf größtenteils akzeptiert. „Bisher gab es auch keine Beschwerden wegen Lärmbelästigung“, so der 43-Jährige. Zudem würden Vereine im Fichters ihre Jahreshauptversammlungen abhalten.
Seit fünf Jahren wird Fichters Kulturladen durch einen Förderverein betrieben. „Nur durch die ehrenamtliche und spenden-basierte Mithilfe des Fördervereins lässt sich ein so kleiner Veranstaltungsort kostendeckend betreiben“, erklärt Wimmer.



