Knapp 100 Besucher bei Bürgerversammlung
Umgehungsstraße stößt auf Skepsis: Eine Frage beschäftigt die Rechtmehringer besonders
Nach vier Jahren fand in Rechtmehring wieder eine Bürgerversammlung statt. Ein großes Thema von vielen: Die geplante Umgehungsstraße. Hier drückt den Leuten der Schuh.
Rechtmehring – Nach vier Jahren fand in Rechtmehring wieder eine Bürgerversammlung mit knapp 100 Besuchern beim „Kirchenwirt“ statt. Um 84 Personen stieg die Einwohnerzahl der Gemeinde in den letzten vier Jahren. An Rücklagen sind knapp vier Millionen Euro vorhanden, die Schulden betragen etwa 440.000 Euro.
Die größten Einnahmen sind die Gewerbesteuer und die Einkommensteuer. Für die kindbezogene Förderung im Kinderhaus gibt die Gemeinde nach Abzug der Einnahmen 360.000 Euro aus. Der Erweiterungsbau kostete insgesamt 1,8 Millionen Euro und wurde 2021 eingeweiht. Die Kosten für die Schulen mit Sachausgaben, Investitionen und Umlagen betragen etwa 330.000 Euro.
36 Kinder in der Mittagsbetreuung
Derzeit besuchen auch die vier Maitenbether Klassen die Rechtmehringer Grundschule, da in Maitenbeth saniert wird. In einem ehemaligen Klassenzimmer findet die Mittagsbetreuung statt, die derzeit 36 Kinder in Anspruch nehmen. Der gemeindliche Eigenanteil beträgt 36.000 Euro. Da sich die Kosten für das angebotene Mittagessen wegen des Wechsels des Caterers mehr als verdoppelt haben, werde sich der Eigenanteil der Eltern wohl auch erhöhen, so Bürgermeister Sebastian Linner.
Untersuchung für Brunnenstandort
Derzeit wird ein zweiter möglicher Brunnenstandort untersucht, westlich von Homberg soll dieser entstehen. Der Wasserpreis hat sich von 0,97 Euro auf 1,25 Euro erhöht. Linner signalisierte, dass dieser demnächst Richtung 1,50 Euro je Kubikmeter gehen könnte. Und das bei hervorragender Qualität. Man solle sich vor Augen führen, wie viel ein Träger Trinkwasser in Flaschen koste. Demgegenüber sei das „Gemeindewasser“ nicht teuer. Ein Landwirt gab dem Gemeinderat mit, dass sich die Gemeinde überlegen soll, einen zweiten Wasserpreis einzuführen für Großabnehmer wie vor allem Landwirte. Sonst würden sich die Landwirte wieder selber Brunner bauen.
Bei der Hackschnitzelheizung betragen die Ausgaben 53.000 Euro bei Einnahmen von nur 35.000 Euro. Das bedeutet eine Preiserhöhung für die Wärme. In den vergangenen Jahren sind von der Gemeinde Photovoltaikanlagen von 90 kw/p auf den Dächern von Schule und Kläranlage installiert worden inklusive einem Speicher. Insgesamt sind es 120 kw/p, wenn die bereits vor 14 Jahren durch eine private Initiative installierte Photovoltaik-Anlage von 30 kw/p dazugezählt wird.
Die Gemeinde nimmt am Energieeffizienznetzwerk teil mit dem Ziel, den CO2-Ausstoß vor allem im Gebäudebereich bis 2026 um 20 Prozent zu reduzieren. Die gemeindliche Fahrzeugflotte ist hier nicht mit eingerechnet. Auch hier soll der CO2-Ausstoß reduziert werden. Die Turnhallenbeleuchtung wurde beispielsweise auf LED umgerüstet.
Das Gewerbegebiet soll abermals erweitert werden, da alle bisherigen Grundstücke schon veräußert sind und es weitere Anfragen gibt, erklärte der Bürgermeister in der Versammlung. Es geht um die Fläche neben dem Kreisverkehr und um eine Fläche am nordöstlichen Ende des bisherigen Gewerbegebietes. Das Baugebiet an der Königinstraße ist fertig, weitere gemeindliche Bauplätze stehen nicht zur Verfügung. Das Gebäude des ehemaligen Postwirtes wurde erworben und das baufällige Gebäude muss abgebrochen werden, berichtete der Rathauschef.
Warum die öffentliche Straße zwischen Kirchenweg und dem Kindergarten/Stechlring noch nicht hergerichtet oder geteert ist, wollte eine Anwohnerin wissen. Dies sei damals zugesagt worden. Linner meinte, dass die Gemeinde hier dran wäre. Es würden verschiedene weitere Komponenten eine Rolle spielen.
Unterführung für Fußgänger
Die geplante Umgehungsstraße wird von der Kreisstraße Richtung Maitenbeth kurz vor der Ortschaft Holzkram - künftig ein weiterer Kreisverkehr - in einem langgezogenen Rechtsbogen am Waldrand entlang nördlich des Friedhofs führen, um dann noch im Wald auf die bisherige Kreisstraße Richtung Haag zu stoßen. Auf Rückfrage sagte Linner, Richtung Fislarn soll für Fußgänger und Radfahrer eine Unterführung entstehen. Autos müssten die neue Straße queren. Die Grundstücksfragen sind grundsätzlich gelöst, so Linner. Es sind neben verschiedenen Privatgrundstücken auch Grundstücke der Kirche betroffen. Diese signalisierte, dass sie etwaige Restgrundstücke auch veräußern würde, sodass die anderen Grundstückseigentümer dann auch mit entsprechend anderen Flächen entschädigt werden könnten.
Die ersten Aussagen von Linner zu den Baukosten lagen bei etwa drei Millionen Euro, in der Bürgerversammlung sprach Linner nun von vier Millionen Euro. 60 Prozent davon trägt der Freistatt und 10 Prozent der Landkreis. Bauherr wird die Gemeinde sein, erklärte der Rathauschef.
Einige Bürger äußerten sich skeptisch. Sie sprachen sich dafür aus, die Ortsdurchfahrt für LKW über 7,5 Tonnen zu sperren. Eine Sperrung sei nicht zu machen, erklärte Landrat Max Heimerl in der Bürgerversammlung. Die Ortsdurchfahrt sei für 40-Tonner nicht geeignet, so Linner. Warum soll man für benachbarte Speditionen eine Umgehungsstraße bauen, waren Anmerkungen der Bürger. Die Frage, ob eine Verkehrszählung vorgenommen wurde, bejahte Linner. Die Zahlen würden die grundsätzliche Notwendigkeit einer Umgehungsstraße belegen, ohne Details zu nennen. „Es fehlt dazu der grundsätzliche politische Wille, den Verkehr und die LKW zu reduzieren, war sich eine Anwohnerin sicher. Damit meinte sie nicht unbedingt die Kommunalpolitik, sondern die höhere Politik.
Entscheidung steht noch aus
Ob der Landkreis Mühldorf auch dem MVV beitrete, wollte eine Bürgerin wissen. Heimerl verwies auf die Kosten von etwa zwei Millionen Euro im Jahr, da der Landkreis die Differenz zwischen den „normalen“ ÖPNV-Tarifen und dem für den Fahrgast niedrigeren MVV-Tarifen ausgleichen müsse. „Und deswegen fährt noch kein zusätzlicher Bus“, so der Landrat. Es gelte zu überlegen, ob die zwei Millionen Euro nicht lieber in zusätzliche ÖPNV-Angebote stecke. Die Entscheidung fällt wohl im nächsten Jahr, meinte Heimerl.
Nach der Vorgehensweise des widerrechtlich aufgestellten Zauns in Hochhaus fragte ein Anwohner mit Nachdruck. Er hätte dazu eine Besprechung mit einer Mitarbeiterin des Landratsamtes gehabt. Fazit dieser Besprechung war, dass der Zaun nicht erlaubt sei, so der Anwohner. Doch am nächsten Tag seien Handwerker angerückt und hätten den Zaun fertiggestellt, meinte der Anwohner. Daraufhin habe er sich beim Landratsamt beschwert. Dieselbe zuständige Mitarbeiterin im Landratsamt habe dem Anwohner mitgeteilt, sie wisse von nichts. Der Anwohner machte der Mitarbeiterin des Landratsamtes in der Versammlung deswegen heftige Vorwürfe. Heimerl erklärte, er wolle der Sache nachgehen. Der betroffene Anwohner monierte auch, dass die Strafen im Landkreis Mühldorf für solche Delikte viel zu niedrig seien, im Vergleich zu anderen Landkreisen.
Erneuerbare Energien ausbaufähig
Zu den erneuerbaren Energien meinte Heimerl, dass 1,8 Prozent der Fläche als Vorrangfläche für Windkraft-Anlagen auszuweisen sei. Auch die Böschungen an der Autobahn sei hier hervorragend geeignet. Die Eigenversorgung mit Strom liegt im Landkreis bei etwa 115 Prozent, bei Wärme etwa bei 40 Prozent. Zudem verwies Heimerl auf den Solarpotenzial-Kataster des Landkreises, in dem unter anderem freie Dächer aufgeführt seien.
Der Landrat erläuterte die Situation der Innkliniken mit einem Defizit von ca. 22 Millionen Euro (wir berichteten). Über elf Millionen müsse der Landkreis Mühldorf tragen. Dies sei ein wesentlicher Grund für die Erhöhung der Kreisumlage. Für die Gemeinde Rechtmehring beträgt die Kreisumlage etwa 1,6 Millionen Euro.
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Generell erhöhen sich die direkten Ausgaben – beispielsweise beim Wohngeld – zulasten der Investitionen in Infrastruktur, wie Straßen oder Schulen. Wenn jegliche Formen von Migration zusammengenommen werden würden, bringe der Landkreis derzeit etwa 2.600 Menschen unter. Einige Flüchtlinge würden laut Landrat auch in Rechtmehring leben, wobei Heimerl zum genauen Wohnort und den Zahlen keine genaueren Angaben machte.