Radtour der Missbrauchs-Betroffenen
„Broken-Heart“-Stele in Maitenbeth: So macht Peter Schwenk das Leid durch Missbrauch sichtbar
Seit knapp 50 Jahren lebt Peter Schwenk als freischaffender Künstler in Maitenbeth. Im Moment arbeitet er an einer Stele mit dem Titel „Broken Heart“. Ein Kunstwerk zum Gedenken an die Betroffenen des sexuellen Missbrauchs durch Pfarrer Ludwig Axenböck. Sie wird am 16. Juni eingeweiht.
Maitenbeth – Wer in Peter Schwenks Garten nach Blumen sucht, wird nicht fündig werden. Stattdessen scheinen hier Kunstwerke aus Stahl und Aluminium aus dem Boden zu wachsen. Handgemacht von Schwenk selbst. Der 78-Jährige ist einer der wenigen, der es geschafft hat: Seit knapp 50 Jahren lebt er von seinem Einkommen als freischaffender Künstler. Hier in Maitenbeth wohnt und arbeitet er seit 1972. Derzeit an einer Stele mit dem Titel „Broken Heart“. Ein Kunstwerk zum Gedenken an die Betroffenen des sexuellen Missbrauchs durch Pfarrer Ludwig Axenböck. Am Sonntag (16. Juni) soll sie eingeweiht werden.
Drei Wochen hat Schwenk an dem „gebrochenen Herzen“ gearbeitet. Wie die meisten seiner Kunstwerke ist es aus Stahl. „Ich war immer schon weniger Maler und mehr Bildhauer“, sagt er über sich selbst. Als freischaffender Künstler zu leben, sei schon immer sein Traum gewesen. Bereits als Kind habe er das plastische Arbeiten geliebt und kleine Schiffchen gebaut. Als junger Erwachsener habe er dann an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert, genau zwischen 1968 und 1970. Verrückte Zeiten seien das gewesen. „Mit den Motorrädern sind sie damals durch die Gänge gefahren“, erzählt er schmunzelnd.
„Kleiner Alt-68er“
Schwenk selbst bezeichnet sich ebenfalls als „kleinen Alt-68er“. Hippie, diese Bezeichnung passe nicht zu ihm, habe es damals schon nicht. „Aber natürlich sind wir demonstrieren gegangen und standen wegen der Notstandsgesetze auf der Straße“, erinnert sich der 78-Jährige. Eine Zeit, die den Maitenbether merklich geprägt hat, genau wie die Jahre kurz nach seinem Studium. „Damals hieß es bei uns in der Szene, wir Künstler dürfen uns nicht im Elfenbeinturm einschließen. Nicht, wenn die Welt so in Aufruhr ist“, erzählt er. Stattdessen müssten sich Künstler auch sozial einbringen und engagieren.
Vom Lehrer, zum Kindergartenleiter, zum Künstler
Getreu dem Zeitgeist suchte sich Schwenk deshalb eine Stelle als Fachlehrer für Kunst und Werken. Vier Jahre lang unterrichtet er, dann gründet er gemeinsam mit einer Elterninitiative einen eigenen Kindergarten und leitete diesen. Ebenfalls getreu dem Zeitgeist sollte der Kindergarten anti-autoritär sein. Die Kunst verlässt Schwenk aber trotzdem nicht. Im Gegenteil: Sie ist Teil seiner Pädagogik. „Ich habe sehr viel künstlerisch mit den Kids gearbeitet“, sagt er. Für das ein oder andere Kind sei diese Arbeit sogar ein bisschen therapeutisch gewesen, meint er.
Nach zehn Jahren zieht er sich dann aber aus der Pädagogik zurück. Die Meinung der Gesellschaft habe sich damals wieder verändert – „Wir Künstler durften wieder nur Künstler sein“, sagt er. Seitdem widmet er sich nur noch der Kunst, gründete ein Künstlerkollektiv und baut vor allem zu Hause im Garten.
„Broken Heart“ als Mahnmal der Erinnerung
Die Werke des vierfachen Vaters könnten dabei kaum unterschiedlicher sein. Kleine Figuren, riesige Statuen, Kugeln mit unterschiedlichen Mustern. Das Material ist ähnlich, die Ausführung jedoch jedes Mal anders. Schwenk spricht von „Phasen“, in denen er immer wieder seinen Stil verändere. Seine Inspiration nimmt er dabei von „Kopf und Herz“, wie er sagt.
Die Idee zur „Broken Heart“-Stele hatte er nach einem Gespräch mit seinem Nachbarn Helmut Bader, der seinen Missbrauch durch Pfarrer Ludwig Axenböck im Sommer vergangenen Jahres öffentlich machte. „Seine Geschichte hat mich wahnsinnig empört“, sagt Schwenk. Als einziger Bewohner der Pfarrer-Axenböck-Straße habe er entsprechend die Umbenennung sehr begrüßt, doch er habe „mehr tun“ wollen. Schließlich schlug der Künstler vor, als Erinnerung eine Art Mahnmal zu errichten. Daraus entstand schließlich das Werk „Broken Heart.“ Ein gebrochenes Herz, aus der eine Blume der Hoffnung erwächst.
Radtour der Missbrauchsbetroffenen startet am 16. Juni
Vom Münchner Domplatz bricht am Sonntag, 16. Juni, gegen 9.30 Uhr eine Gruppe von Missbrauchsbetroffenen sowie Begleiterinnen und Begleitern zu einer Radreise durch den Südosten des Erzbistums München und Freising auf, wie die Erzdiözese München-Freising in einer Pressemitteilung erklärt.
Die Tour führt am Sonntag weiter von Poing nach Maitenbeth. Dort wird um 15 Uhr bei der Pfarrkirche die „Broken-Heart“-Stele von Generalvikar Christoph Klingan eingeweiht. Die Tour führt danach weiter nach Edling und Wasserburg. Am Montag, 17. Juni, geht es von Wasserburg aus weiter nach Babensham und Schnaitsee. Endstation an diesem Tag ist in Garching an der Alz. Am Dienstag, 18. Juni, geht es von Garching aus weiter nach Tacherting, Seebruck und Unterwössen.
Am Mittwoch, 19. Juni, fahren die Missbrauchsbetroffenen mit Begleitern weiter nach Prien und Rosenheim. Am Donnerstag, 20. Juni, führt die Tour von Rosenheim nach Niklasreuth und endet am Freitag, 21. Juni, am Schliersee. Wer die Missbrauchsbetroffenen aus Solidarität auf dem Rad begleiten möchte, ist herzlich dazu eingeladen.




