Vorfreude auf das Volksfest
Haager Herbstfest: So rüsten sich der „Hobbyfestwirt“ aus dem Zeilinger-Festzelt und die Brauereifamilie
Es gibt Persönlichkeiten, die verbindet jeder Fan mit dem Haager Herbstfest. Festwirt Herbert Zeilinger gehört dazu und die Familie Kammhuber-Hartinger, Betreiberin der Privatbrauerei Stierberg. Ein Besuch im Brauhaus in Obertaufkirchen, bei dem die Vorfreude aufs Volksfest deutlich zu spüren ist.
Haag /Obertaufkirchen – In der Brauereigaststätte ist ein ständiges Kommen und Gehen: Die Übernachtungsgäste werden an der Rezeption des ebenfalls zum Betrieb gehörenden Hotels oft von der Braumeisterin persönlich bedient: Annemarie Kammhuber-Hartinger (62), eine der ersten Frauen in Bayern in der vor Jahren noch von Männern dominierten Branche, wirkt eine Woche vor dem Anstich des ersten Fasses ganz entspannt. Ihr Bier fürs Haager Herbstfest – das Export Helle aus Stierberg – ist schließlich längst gebraut.
Stammlieferant von Beginn an
Das Grundrezept stammt aus dem Jahr 1908. Damals gründete Michael Kammhuber die Brauerei – aus der Not heraus. Er wollte einen Gasthof eröffnen, doch er hatte keine Schankerlaubnis. Also braute er sein Bier selbst. In den vergangenen über 100 Jahren hat der Betrieb sich intensiv weiterentwickelt, doch eine Konstante zieht sich wie ein roter Faden durch die Firmenhistorie: Die Brauerei Stierberg ist ein Familienunternehmen geblieben – mittlerweile in fünfter Generation.
Seit 2009, als Herbert Zeilinger und Bernd Furch als Hauptinitiatoren das Haager Herbstfest in der heutigen Form ins Leben riefen, ist die Privatbrauerei auch Stammlieferant. Aus den Partnern wurden Freunde, wie Zeilinger (60) betont. Auf die Brauereifamilie könne er sich zu hundert Prozent verlassen. „Ohne sie ginge es nicht“, sagt der „Hobbyfestwirt“, wie er sich schmunzelnd bezeichnet. Denn Zeilinger ist Elektromeister und Vertriebler. Er entschied sich 2008 als Quereinsteiger aus einem „Bauchgefühl heraus“, beim Neustart mitzuwirken. Furch nahm Zeilinger damals spontan mit auf das Volksfest in Dingolfing, das Pate stand für die Haager Großveranstaltung. Furch war es auch, der Zeilinger das Unternehmen Stierberg vorstellte: „Das ist die ideale Brauerei für dich“, habe Furch ihm mitgeteilt.
Akteure aus der Region für die Region
Die Herbstfest-Initiatoren wollten schließlich eine Veranstaltung auf die Beine stellen, bei der Akteure aus der Region für die Menschen in der Region tätig sind. Deshalb fiel auch bei der Entscheidung zu den Brauereien die Wahl auf heimische Anbieter: Neben Stierberg sind auch heuer die Brauereien Unertl, Bräu z’Loh, Bräu im Moos und Gut Forsting dabei.
Für die Familie Kammhuber-Hartinger ist das Volksfest die beste Möglichkeit, Präsenz zu zeigen, sagt der Juniorchef. Es sei die Chance, möglichst viele Stamm-und potenzielle Kunden zu erreichen, unterstreicht seine Mutter den großen Stellenwert. Das Haager Herbstfest sei ein beliebter Treffpunkt für die Menschen aus der Region, ergänzt Zeilinger. „Hier sehe ich Leute wieder, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Das gibt sicherlich auch heuer ein großes Hallo.“
Da mag er angesichts der pandemiebedingten Zwangspause recht haben. Es war auch eine schwere Zeit für die Brauerei Stierberg. Der Umsatz brach 2020 nach Angaben des Familienunternehmens um etwa 30 Prozent ein, weil Feste wie jenes in Haag ausfielen. Kleine Privatbrauereien haben es auf dem Markt heutzutage generell schwer, erklärt Hartinger Junior. (32) Doch es gebe eine Gegenbewegung – hin zu regionalen Produkten mit Tradition. „Dass das so bleibt, darauf bauen wir stark mit unserem Bier, das ein Stück Kulturgut ist.“
Im Extremfall für Inselbetrieb gerüstet
Das Unternehmen nutzte die Corona-Zeit, um zu investieren: unter anderem in eine Modernisierung der Füllerei und einen Bottle-Inspektor. Außerdem wird intensiv an der Energieeffizienz gearbeitet, berichtet Hartinger Junior. Denn eine Brauerei habe einen hohen Strombedarf. Stierberg hat ein eigenes Blockheizkraftwerk, Solaranlage und Aggregate. Der Betrieb sei für den Inselbetrieb gerüstet, das Bier würde also auch im Extremfall eines Blackouts nicht ausgehen.
Das Wasser für das Bier und weitere Getränke kommt aus dem eigenen Brunnen. Es müsse nicht bearbeitet werden. Die aktuellen Lieferprobleme beim CO2, wichtig als Blubberstoff, bereiten der Brauerei zwar Sorgen, doch noch sei es nur eine logistische Herausforderung, die Lieferung zu managen, sagt der Seniorchef (63). Alle Rohstoffe für das Bier – Malz und Gerste – stammen laut Annemarie Kammhuber-Hartinger aus der Region, der Hopfen aus der Hallertau.
Die Bierkeller sind voll, die Versorgung ist gesichert, sagt die Braumeisterin, die den Festeinzug am Freitag, 23. September, kaum noch erwarten kann. Das Haager Herbstfest besuchen traditionell etwa 80.000 bis 90.000 Gäste, der gute Reservierungsstart macht Zeilinger Mut, dass sich die Zelte und der Stadl gut füllen werden.
Mehrere Premieren
Festwirt Herbert Zeilinger sieht sich gut gerüstet für den erwarteten Ansturm: Er baut heuer, weil es mit seinem und dem Festzelt von Neuling Christian Lettl sowie dem Café- und Weinstadl von Petra Bauer-Würdinger nur drei statt vier Locations gibt, ein besonders großes Zelt auf. Es fasst 2340 Plätze im Innern, 800 außen im Biergarten. Zeilinger wird hier von seinen Partnern Manuel Scheyerl und Stefan Staudinger unterstützt.
Die Personalprobleme, die unter anderem beim Mühldorfer Volksfest für Ärger gesorgt hatten, sieht er für sich nicht, obwohl er den Mitarbeiterbestand bei den Bedienungen gegenüber 2017/2018 von 25 auf 50 verdoppeln musste. „Doch wir haben auch während der Pandemie Kontakt gehalten zu unseren Leuten. Unsere Oberbedienungen sind gut vernetzt und habe uns bei der Personalsuche erfolgreich unterstützt“, berichtet er. Die Küche in seinem Zelt betreibt Zeilinger heuer übrigens zum ersten Mal selbst: Sein Sohn, 31, gelernter Koch, steht am Herd.
Eine Premiere feiert auch der Festverein, der heuer die Organisation von Bestandteilen der Veranstaltung übernommen hat: darunter der Festeinzug, der Gottesdienst zum Jubiläum von Soldatenkameradschaft sowie Krankenunterstützungsverein, das Kinderprogramm und das Gesamtmarketing.
