Die faszinierende Geschichte der Haager Legende
„Mystisch“? Alois Unertl über die Geheimnisse der berühmten Biermarke
Vom ersten Augenblick seiner Geburt an lebt Alois Unertl in der Brauerei. Heute ist er zwar in Rente, aber er kann das Bierbrauen einfach nicht lassen. Was den Haager daran so fasziniert und warum er trotz jungen Jahren den Familienbetrieb „Schlag auf Schlag“ übernommen hat.
Haag – Vom ersten Augenblick seiner Geburt an lebt er in der Brauerei. Heute noch als Rentner ist er der erste Berater seines Hauses. Das Haager Herbstfest besucht er jeden Tag und ist bei allen ein gefragter Gast: Alois Unertl. „Losgegangen ist es daheim, da bin ich auf die Welt gekommen“, erzählt Alois Unertl und deutet auf die Wohnküche in der Brauerei, in der er heute noch lebt.
Naturgemäß wuchs er mit dem Weißbier auf und knüpfte früh Kontakte mit der Brauerwelt, vor allem auf Kundenbesuchen: „Der Vater hat mit dem Wirt geredet und die Mutter mit mir Englisch gelernt.“ Er sollte was lernen, war das Anliegen der Eltern besonders im Entscheidungsjahr 1964, als Moy die eigene Weißbierproduktion aufnahm und den Bezug von „Unertl“ einstellte: „50 Prozent vom Ausstoß waren weg.“
„Mystik und Bierbrauen hängen zusammen“
Alois Unertl besuchte das Gymnasium. Zuhause half er mit Bruder Wolfgang immer schon mit und da erlebte er seine erste Faszination vom Bier, wenn die Maische bei bestimmten Temperaturen Farbe und Geruch verändert. Alois Unertl ist überzeugt: „Mystik und Bierbrauen hängen zusammen.“ Schon als Schüler stand er früh auf, um den Sudprozess einzuleiten. Wenn sein Vater dann kam, ging er zur Schule. So absolvierte er bereits in frühester Jugend „automatisch“ unter Anweisung seines Vaters die Lehre.
Nach dem Abitur ging es zu Praktika und zum Studium der Brauwissenschaft nach Weihenstephan. Der Vater drängte darauf, die Regelstudienzeit einzuhalten. Ganz unverhofft wurde nun auch noch seine Freundin Betty, die Sprachen studierte, schwanger. Dann ging es Schlag auf Schlag: Heirat, Studienabschluss, Bierbrauen, bis der Vater eines Tages sagte: „Zieh den Anzug an, wir gehen zum Notar.“ Alois Unertl wurde Geschäftsinhaber der Brauerei. Der Aufstieg zum Erfolg schien besonders durch zwei Glücksfaktoren vorprogrammiert: „Es war ein großes Glück, dass meine Frau Freude am Geschäfts- und Gesellschaftsleben hatte.“ Daneben konnte das bodenständige Unternehmen in Haag auf die anlaufende Weißbierwelle aufspringen.
Persönlicher, freundschaftlicher Bezug zur Kundschaft
Für Alois Unertl zählten immer die kleinen Schritte: „Klasse statt Masse.“ Bei der Verkaufsstrategie unterstrich er den persönlichen, meist freundschaftlichen Bezug zur Kundschaft. Und schon kamen weitere Lieferadressen, unter anderen der Sailerwirt am Ammersee und der „Fischmeister“ in Ambach. Das Unertl-Weißbier ging nach München und wurde 1979 von den Naturkostläden entdeckt: „Da waren wir durch unsere Bügelflaschen plötzlich von den Alternativen gefragt.“
Zum Erfolg trug seiner Meinung nach auch der außergewöhnliche Name Unertl bei: „Der macht uns unverkennbar.“ Es folgte der Ruf nach Unertl-Weißem aus Hamburg und Berlin, was zur Folge hatte, dass nun auch der Großhandel reagierte und das Haager Bier in sein Sortiment aufnahm. Ein Extrem bildet ein Wirt im österreichischen Ötztal, wo auf 3080 Meter Höhe „Unertl“ konsumiert wird. Für kurze Zeit ging der Export sogar nach Amerika, doch Alois Unertl betont: „Unser Rückgrat ist unsere Gegend, Bier braucht Heimat.“
Sorgen um die Zukunft seines Unternehmens braucht er sich nicht zu machen, seit einigen Jahren ist Sohn Lois Unertl, der den gleichen Ausbildungsweg zurückgelegt hatte, Braumeister und Geschäftsführer. Wenige aber wissen um ein wichtiges Geheimnis des Geschmackserfolges, das Alois Unertl so beschreibt: „Es ist das Haager Wasser, das ist ideal für unseren Biertyp.“ Einmal habe ihn ein namhafter Großbrauer auf der Versammlung des Brauerbunds gefragt: „Sie sind zwar eine kleine Brauerei, aber sie kennt jeder; wie haben sie das gemacht?“ Alois Unertl überlegte kurz, um dann zu antworten: „Das weiß ich selber nicht. Und wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen nicht sagen.“