Zwei Großbrände in einem Monat im Landkreis Mühldorf
Nach Feuer in Garser Sägewerk: „Ein Drittel der Holzwerke nicht versichert“ – Woran das liegt
Groß ist der Schock, wenn es plötzlich brennt. Besonders anfällig sind Sägewerke. Zwei davon waren in nur einem Monat im Landkreis Mühldorf – in Gars und Schwindegg – betroffen. Dennoch sind viele Holzwerke nicht versichert. Warum das so ist und warum eine Lösung so schwer zu finden ist.
Gars/Schwindegg – Zwei Blitzeinschläge, ein Holzwerk in Vollbrand und rund 150.000 Euro Schaden: Das ist die Bilanz des Großbrands bei einem Sägewerk in Gars-Bahnhof am Montagabend (27. Mai). Ausgelöst worden war das Feuer wohl durch einen Blitzeinschlag, wie die Polizei erklärte. Die Ermittlungen der Brandfahnder der Kriminalpolizeistation Mühldorf unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft Traunstein würden aber noch andauern, teilten die Beamten mit.
Erst am 6. Mai hatte es in Schwindegg im Holzwerk Obermeier wegen eines technischen Defekts gebrannt. Firmenchefin Ingrid Obermeier-Osl steckt „immer noch mittendrin“ in der Aufarbeitung, wie sie auf Anfrage berichtet. „Aber immerhin sind wir wieder so weit, dass der Betrieb bei uns weitergehen kann und die Produktion gewährleistet ist“, sagt die Unternehmerin.
Sie hatte noch Glück im Unglück, weil sie eine Feuerversicherung abgeschlossen habe. „Doch bei einem Drittel der Sägewerke ist es nicht so“, weiß Obermeier-Osl. „Aber nicht, weil sie keine Prämie abschließen wollen, sondern, weil kleine, beziehungsweise mittelständische Unternehmen keine Feuerversicherung bekommen“, erklärt sie. Ein echtes Dilemma, das einen riesigen Rattenschwanz nach sich ziehe. Die Banken würden keine Kredite ausgeben, wenn die Betriebe keine Police hätten, bedauert Obermeier-Osl. So würden bei Holz- oder Sägewerken größere Anschaffungen ausbleiben.
Gespräche mit Wirtschaftsministerium
Deswegen habe sie in ihrer Funktion als Vizepräsidentin der IHK München und Oberbayern auch schon beim Bayerischen Wirtschaftsministerium vorgesprochen, um auf diesen Missstand hinzuweisen. Wie genau dieser behoben werden könnte, weiß Obermeier-Osl noch nicht. „Wir sind gerade dabei, das Problem anzugehen“, erklärt sie. Bei dem Gespräch seien unter anderem auch Geschäftstreibende aus dem Recycling- und Müller-Handwerk dabei gewesen.
Die IHK-Vizepräsidentin bringt das Problem anhand eines Beispiels auf den Punkt: „Auf Wertstoffhöfen brennt es alle paar Wochen mal. Das liegt unter anderem daran, dass Bürger den Müll unsachgemäß entsorgen, wie beispielsweise Kinderturnschuhe, die mit Blinklichtern ausgestattet sind. Die Sneaker werden weggeworfen, in der Müllpresse werden die darin enthaltenen Lithium-Batterien zusammengedrückt und fangen dadurch an zu brennen“, erklärt sie. „Ein Feuer ist also keine Seltenheit – und deswegen haben die Betreiber so große Schwierigkeiten, eine Versicherung zu bekommen – oder eben nur gegen enorm hohe Auflagen. Das kann sich ja kein kleiner Betrieb leisten“, beanstandet sie. Deshalb setzt sie sich für eine Lösung ein und will auch den Staat in die Verantwortung nehmen lassen.
„Wo gehobelt wird, fallen Späne – und diese Späne fangen leicht Feuer“
Manfred Körber ist Vorstandssprecher des Vereins „Interessengemeinschaft Bayerischer Versicherungsmakler (IGBV)“ und Vorstand der mk secur Versicherungsmakler AG. Er erklärt, warum sich die Sachlage rund um die Feuerversicherungen bei Holzverarbeitungsbetrieben nicht so einfach darstellt.
Herr Körber, warum bekommen kleine beziehungsweise mittelständische Holzverarbeitungsbetriebe keine oder nur schwer eine Feuerversicherung?
Körber: „Versicherungsunternehmen sind Wirtschaftsunternehmen und als solche ihren Eigentümern verpflichtet. Versicherungen funktionieren als ‚Gemeinschaft gleichartiger Risiken‘, bei denen durch die Vielzahl der Einzelnen ein Ausgleich stattfindet. Jeder bezahlt seine Prämie für das kalkulierte Risiko. Im Schadenfall trägt somit die Versichertengemeinschaft den Schaden. Das funktioniert bei sogenannten leichten Risiken in der Regel gut und es bleibt meistens ein Überschuss, der den Gewinn darstellt“, erklärt Körber.
„Bei Holzverarbeitungsbetrieben ist das Feuerrisiko erfahrungsgemäß sehr hoch. Das liegt in der Natur der Sache – nach dem Motto ‚Wo gehobelt wird, fallen Späne‘ – und diese Späne fangen leicht Feuer. Bricht in einem Holzunternehmen, zum Beispiel in einem Sägewerk, ein Brand aus, ist dieser oftmals verheerend. Bedingt durch die Bauart vieler Sägewerke wird das betroffene Gebäude mit Inhalt meist komplett zerstört. Die Schadenhäufigkeit bei Holzverarbeitung ist hoch und auch die Schadensummen. Insofern erklärt sich die Zurückhaltung der Versicherungswirtschaft bei derartigen Betrieben“, weiß der Vorsitzende.
Welche Versicherungsprämie würde jährlich für einen mittelständischen Holzverarbeitungsbetrieb anfallen?
Körber: „Die Kalkulation für die Feuerversicherung ist abhängig von der jeweiligen Versicherungssumme der Gebäude und Inventarwerte. Je höher diese Summe ist, umso höher ist auch die Prämie. Wenn man beispielhaft davon ausgeht, dass bei einem mittelständischen Sägewerk der Gebäudewert bei zwei Millionen Euro liegt und die Inventarsumme (also Technik, Holzvorräte und fertige Erzeugnisse) ebenfalls zwei Millionen Euro beträgt, dann wird eine Jahresprämie von nicht unter 25.000 Euro zu bezahlen sein. Das Ganze ist auch davon abhängig, wie der Betrieb beschaffen ist, welche Brandschutzmaßnahmen, zum Beispiel Sprinkleranlagen, umgesetzt werden und ob im Betrieb Vorschäden waren.
Wie stehen Sie zu der Forderung, dass der Staat Feuerversicherungen subventionieren sollte?
Körber: Es ist leicht, als Funktionär nach „dem Staat“ zu rufen, aber damit würde man die Last auf die Schultern der Steuerzahler verteilen, was unseres Erachtens nicht richtig sein kann. Viel wichtiger ist der Umstand, dass Schadenverhütungsmaßnahmen ein, wenn nicht sogar der wichtigste Baustein im Risikomanagement eines Unternehmens sein sollten. Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen hilft auch die Versicherungswirtschaft gerne. Jeder Schaden, der nicht eintritt, ist ein Gewinn für alle Beteiligten.

