Eheleute genießen echtes Japan-Feeling
Garten- statt Beinschere: Wieso ein Garser den Fußball gegen die Bonsaizucht eingetauscht hat
Harald Thanhäuser züchtet seit 27 Jahren Bonsaibäume. Durch Zufall entdeckte er in einem Buchladen Lektüren zum Thema, das ihn so faszinierte, dass der 67-Jährige sogar seinen Urlaub nach den Miniformaten ausrichtet.
Gars – Harald Thanhäuser ist seit nunmehr 27 Jahren seiner Leidenschaft, den Bonsaibäumen, verfallen. „Früher habe ich für mein Leben gern Fußball gespielt – und das 40 Jahre lang. Als meine Knochen den Sport nicht mehr schmerzfrei zuließen, musste ich mir eine andere Freizeitbeschäftigung suchen“, erzählt der 67-Jährige. Einem Zufall sei es zu verdanken, dass ihm beim Stöbern in einem Buchladen ausgerechnet ein Band über Bonsai in die Hände fiel. Wie der ehemalige Verwaltungsangestellte zugibt: „Mit Bonsai hatte ich bis dato überhaupt nichts am Hut.“ Trotzdem nahm er das Buch nach dem Motto „probieren geht über studieren“ mit. „Meine Anfänge“, so räumt der Garser ein, „waren ziemlich holprig und ernüchternd.“ Er ist allerdings mit der Gabe der Geduld gesegnet und Geduld braucht ein Bonsaianer in hohem Ausmaß.
Neben Fingerspitzengefühl und handwerklichem Geschick ist Kreativität gefragt
Thanhäuser holte sich seine Testbäumchen aus der näheren und weiteren Umgebung. Der japanische Begriff Bonsai heißt übersetzt „Baum in der Schale“. Wie der Hobbygärtner weiß, lässt sich eigentlich jeder Baum in Miniformat züchten. Die ersten zehn Jahre werkelte er ganz alleine vor sich hin. „Natürlich habe ich mir jede Menge Literatur angeschafft, anders wäre es nicht gegangen“, betont der 67-Jährige, der sich vor 17 Jahren den Bonsaifreunden Alztal anschloss. „Von da an ging es mit meinem Hobby richtig bergauf. Man hört, sieht und lernt viel von den anderen Bonsaibegeisterten. Das ist eine feine Sache“, freut sich Thanhäuser.
Neben Fingerspitzengefühl und handwerklichem Geschick ist jede Menge Kreativität gefragt, um einen Baum in Form zu bringen. Was der Garser jedoch unterstreicht: „Als Künstler sehe ich mich auf keinen Fall“, obwohl seine rund 60 Pflanzenkunstwerke im Garten schon dekorativ und gepflegt ausschauen. Ehefrau Anneliese weiß jedenfalls fast immer wo ihr Gatte zu finden ist. In der Tat ist es so, dass die Minibäumchen viel Aufmerksamkeit benötigen. Luft, Licht, Wasser und Dünger alleine reichen nicht.
Harald Thanhäuser dokumentiert die einzelnen Arbeiten
Bei den Kunstwerken müssen Tätigkeiten wie abmoosen, Zweige drahten, Totholz bearbeiten und Blätter schneiden durchgeführt werden. Da ist ein Bonsaianer schon etliche Stunden pro Tag beschäftigt. Der Garser führt außerdem ein elektronisches Tagebuch in dem er akribisch die einzelnen Arbeiten an seinen Pflanzen dokumentiert.
Selbst der Urlaub richtet sich bei den Thanhäusers nach den Minibäumchen. Im Sommer treten sie jedenfalls keine Reise an, denn da ist der „Herr des Bonsaigartens“ zu beschäftigt. Steigt das Ehepaar dann doch mal in den Flieger, so übernimmt Haralds Cousine das Gießen der Pflanzenkunstwerke. Aber auch in fremden Ländern denkt der Pensionär an seine Bonsais und erzählt: „Von Lanzarote habe ich mir mal wunderbare Lavasteine mitgenommen, weil Bonsai auf Lavagestein sehr gut aussieht.“
Was noch gut im heimischen Thanhäuser-Garten aussieht, ist ein Teich, in dem sich Kois tummeln. „Diese Fische gefallen mir und sie gehören genauso zu Japan wie die Bonsai-Kunst“, sagt der Garser. Die japanischen Gärten wären für Harald Thanhäuser durchaus ein lohnendes Urlaubsziel und Anneliese stellt klar: „Außer Bonsai und Gärten möchte ich mir in Japan aber auch noch andere Sehenswürdigkeiten anschauen.“ Bis eine solche Reise tatsächlich Wirklichkeit wird genießen die Eheleute ihr privates Japan-Feeling daheim in oberbayerischer Gartenidylle. huc/BS