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Wie ein Detektiv auf Spurensuche

Der Herr der Münzen: Warum bei Heinz Günter aus Forsting 50 Millionen Mark rumliegen

Heinz Günther aus Pfaffing untersucht seine Münzen wie ein Detektiv und stößt dabei auf verrückte Geschichten.
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Heinz Günther aus Pfaffing untersucht seine Münzen wie ein Detektiv und stößt dabei auf verrückte Geschichten.

Hatten Sie schon mal 50 Millionen Mark in der Hand? Bei einem Besuch bei Heinz Günther aus Forsting gibt es dazu die Gelegenheit. Der 71-Jährige ist ein leidenschaftlicher Münzsammler. Warum es bei ihm trotzdem nichts zu holen gibt.

Pfaffing/Forsting – Hand auf‘s Herz: Hatten Sie schon einmal 50 Millionen Mark in der Hand? Unsere OVB-Redakteurin bekam von Münzsammler Heinz Günther aus Forsting beim Interview eine 50 Millionen-Mark-Münze in die Hand gedrückt. Sie war leicht wie eine Feder. „Logisch“, erklärte der Münzsammler, „diese Münze ist aus billigstem Material, denn sie stammt aus der Inflation von 1923, sie ist also genau 100 Jahre alt“. Damals war das Geld nichts mehr wert. Die Preise, so ruft der 71-Jährige in Erinnerung, verdoppelten sich innerhalb von Stunden, ein Straßenbahnticket kostete plötzlich 150 Milliarden Mark.

Heinz Günther hat in Forsting rund 200 Münzen zusammengetragen, die besondere Geschichten erzählen. Als Ruheständler hat ihn dieses Hobby gepackt. Vorher arbeitete der gebürtige Westfale für Weltfirmen wie Philip Morris International und die William Wrigley Jr. Company, die für ihre Kaugummis rund um die Erde bekannt sind. Die letzten 15 Jahre seines Arbeitslebens verbrachte er als selbstständiger Marktforschungsberater und seit 2018/2019 genießt er den Ruhestand. „Ich steh morgens auf – und habe Feierabend“, freut er sich heute.

200 Münzen hat Heinz Günther inzwischen gesammelt. „Für Einbrecher kein lohnendes Ziel, aber für Menschen, die an skurrilen Geschichten interessiert sind“, weiß er zu berichten.

Langeweile kennt er keine. Er entdeckte das Münzensammeln für sich und machte sich auf die Suche nach den spannenden Geschichten, die jede einzelne seiner Sammlerstücke erzählen kann. Darauf legt er den Fokus: Günther interessiert nicht der monetäre Wert seiner Sammelobjekte, sondern was sie berichten können aus der Zeit, aus der sie stammen. Skurril, spannend, lustig oder überraschend muss ihre Geschichte sein, dann ist seine Sammelleidenschaft geweckt. „Für Einbrecher lohnt sich deshalb meine Sammlung gar nicht“, macht er schmunzelnd deutlich.

Viele Reisen unternommen

„Geschichte interessierte mich früher kaum, in der Schule schon gar nicht“, verrät der Forstinger. Im Fernsehen sah er vor ein paar Jahren „eine spannende Dokumentation über Karl den Großen“ und die habe sein Geschichtsinteresse geweckt. „Jetzt hast du die Zeit, da kannst du dich mal reinknien“, motivierte er sich selbst. Er habe, dank Corona, inzwischen die deutsche Geschichte weitgehend aufgearbeitet, unzählige Youtube-Videos dazu angeschaut und viel gelesen. Auch Reisen unternahm er gemeinsam mit seiner Frau, die die beiden an geschichtsträchtige Orte führten, wie beispielsweise Augsburg, Aachen, Quedlinburg, Berlin, Potsdam und Wittenberg.

Und dann kam ihm die Idee: „Es wäre nicht schlecht, wenn ich zu den ereignisreichen Zeiten auch jeweils ein eine Münze bekommen könnte, quasi als Meilenstein“, dachte er sich. Bisher hatte er sich für Münzen genauso wenig interessiert, wie für Geschichte. Doch je mehr er dazu forschte, umso spannender wurde es. Mit jedem historischen Zahlungsmittel, das er erwarb, entdeckte er immer neue Blickwinkel auf die alte Geschichte und setzt sie wie in einem Puzzle zusammen.

Über 2000 Jahre alt ist diese römische Münze, die höchst wahrscheinlich im Umlauf war, als Jesus Christus geboren wurde.

Die erste Münze, die den Grundstein für seine Sammlung legte, ist über 2000 Jahre alt. „Mit dieser römischen Münze wurden auch die römischen Soldaten in Judäa entlohnt“, berichtet Günther. „Somit kann es sein, dass sie zu der Zeit in Umlauf war, als Jesus Christus geboren wurde. Die Münze zeigt den ersten römischen Kaiser Augustus, der damals das Römische Reich regierte. Er war auch der Gründer der Stadt Augsburg“, ergänzt er.

Obwohl diese Münze so alt ist, sei ihr ideeller Wert weit höher als der monetäre Wert, macht der Sammler aber auch deutlich. Seine Münze sei aus billigstem Material irgendwo in der heutigen Türkei geprägt worden und habe ihn deshalb trotz ihres hohen Alters nur 100 Euro gekostet. „Es gibt die gleiche Münze allerdings auch in Gold. Sie wurde in Kalkriese bei Osnabrück bei Ausgrabungen gefunden und ist unverkäuflich“, weiß er ebenfalls zu berichten.

Im Internet gebe es verschiedene Händlerplattformen, auf zweien sei er meist unterwegs. So könne er inzwischen auch gut unterscheiden, wie seriös ein Angebot sei. Da gebe es oft Überraschungen, wenn man nicht aufpasst, berichtet er. Für seine Münzen hat er fast ausnahmslos Echtheitszertifikate.

Mit dieser 4-Pfennig-Münze sollten die Menschen in der Weimarer Republik zum Sparen bewegt werden. Sie lehnten das Zahlungsmittel jedoch ab.

Auch für die Münze, die von der Bevölkerung nicht angenommen wurde. Ein Kuriosum! „Mit einer 4-Pfennig-Münze wollte in der Weimarer Republik der Reichskanzler Heinrich Brüning im Jahr 1932 die Bevölkerung aufgrund der miserablen deutschen Wirtschaftslage zu mehr Sparsamkeit bewegen“, schildert Günther.

Deshalb habe damals jeder Angestellte 2 Reichsmark seines Lohnes in der neu eingeführten 4-Pfennig-Münze ausgezahlt bekommen. Die Bürger fällten ein klares Urteil über diese Münze, fand Günther bei seiner Recherche heraus: „Sie nannten die Münze ‚Armer Heinrich‘, ‚Proleten Dollar‘ oder ‚Pleite-Groschen‘.“ Nach einem Jahr wurde die Münze wieder aus dem Umlauf genommen. Der heutige Kaufpreis unter Sammlern beträgt 20 Euro, verrät er schmunzelnd.

Eine der ersten Münzen, die in Wasserburg geprägt wurden, zeigt das Wappentier der Stadt: den gekrönten Löwen.

Neben vielen weiteren Münzen besitzt Heinz Günther auch eine besondere Münze aus Wasserburg. Die erste Münzstätte gab es in der Innstadt um das Jahr 1392, weiß der Forstinger Sammler. „Die Pfennige, die heute dieser Münzstätte zugewiesen werden, zeichnen sich durch das Bild eines gekrönten Löwen aus, der das Wappentier der Stadt ist. Ab 1406 wurden beide Seiten der Münze geprägt. Die Vorderseite zeigt die Initialen der Prägeherren – ,sl‘, für die Herzöge Stephan III. und seinem Sohn Ludwig VII. – die Rückseite zeigt den gekrönten Löwen.“ Im Wasserburger Museum kann man sich diese Münzen auch anschauen, weiß Günther. Er selbst könnte etliche spannende Vorträge über seine eigene Sammlung halten – „und vielleicht mache ich das sogar mal“, überlegt er.

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