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Mehr als nur eine Geschichte

Die Tage des alten Garser Gymnasiums sind gezählt: Warum das emotional bewegt

Alt und neu auf einem Foto vereint: links der Neubau des Garser Gymnasiums, rechts das alte Gebäude.
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Alt und neu auf einem Foto vereint: links der Neubau des Garser Gymnasiums, rechts das alte Gebäude.

Wenn alte Gemäuer sprechen könnten, dann hätte das ehemalige Juvenat und heutige Gymnasium abendfüllende Geschichten zu erzählen. 125 Jahre hat es auf dem Buckel und ist noch mit quirligem Leben erfüllt – doch sein Ende ist besiegelt.

Gars – Trotz seiner langen bewegten Geschichte geht es dem heutigen Gymnasium über kurz oder lang an den Kragen. In den Osterferien des kommenden Jahres rollen voraussichtlich die Bagger an, denn der Abriss des Hauses ist bereits besiegelt. Das Gymnasium wird in einem Neubau untergebracht, der zu Beginn des Schuljahres 2023/24 bezugsfertig sein dürfte. Bis es soweit ist werden die rund 700 Schülerinnen und Schüler im alten Gebäudekomplex unterrichtet, der auf eine wechselvolle Geschichte zurück blicken kann.

Wie in Aufzeichnungen nachzulesen ist, wird bereits 1587 bezeugt, dass unter der Leitung der Augustiner Chorherren in Gars ein Seminar existierte. Nach der Verbannung durch den Kulturkampf errichteten die Redemptoristen 1899 in Gars eine Bildungsanstalt, die sich als Nachwuchsschmiede für geistliche Berufe verstand. „Zwischen 1899 und 1924 durchliefen über 600 Juvenisten das Internat. Rund einhundert dieser jungen Männer ergriffen später den Beruf eines Geistlichen“, so Pater Anton Dimpflmaier, Direktor des Instituts für Lehrerfortbildung und Verwaltungsleiter des Klosters.

Im Dachgeschoß des Gebäudes war einst das Lehrlingswerk untergebracht. Bei den Betriebsmeistern des Klosters erlernten junge Menschen einen Handwerksberuf. Die Räume des Juvenats dienten zeitgleich als Hörsäle für die philosophisch-theologische Hochschule.

Das historische Bild zeigt das Kloster Gars vor 1895.

Was Dr. Dimpflmaier besonders hervor hebt: „Die Einweihung des Juvenats am 13. September 1899 ist eng mit Pater Kasper Stanggassinger verknüpft. Er leitete nämlich als erster Direktor die Einrichtung. Stanggassinger verstarb allerdings wenige Tage später am 26. September mit nur 28 Jahren“. Stanggassinger wurde im April 1988 von Papst Johannes II. seliggesprochen. Das heutige Gymnasium mit seinen unterschiedlichsten Funktionen musste während des Zweiten Weltkrieges sogar als Lazarett und als so genanntes Kinder-Landverschickungslager dienen.

Auch die Landkreisreform im Jahre 1972 ging nicht spurlos an der Garser Schule vorüber. Die Gemeinde Gars ist in den Landkreis Mühldorf eingegliedert worden. „Mit Beginn des Schuljahres 1972/73 eröffnete das Gymnasium als staatliche Lehranstalt seine Pforten“, berichtet Anton Dimpflmaier und ergänzt: „Wir erhielten zunächst die Genehmigung zur Führung der Klassen fünf bis zehn“.

Das Internat und das Tagesheim blieben in klösterlicher Hand. Über ein Dutzend Mädchen wohnten damals als Internatsschülerinnen bei den Schwestern in Au. Das große Interesse am Garser Gymnasium förderte dessen Wachstum, so dass schon bald ein Vollgymnasium samt Erweiterungsbau den jungen Menschen zur Verfügung stand. „Die ersten Abiturprüfungen legten unsere Schüler im April/Mai 1980 ab“, erinnert sich Dr. Dimpflmaier, der nun das Ende des alten Hauses einleiten muss.

Emotionen sind mit dem Abriss verbunden

„Eine Schule ist natürlich kein statisches Gebäude, es sind Emotionen damit verbunden“, gesteht der Verwaltungsleiter. Ganze Schülergenerationen wanderten durch das Gebäude. Gars werde sich im Landschaftsbild verändern wenn Abrissbirnen ihre Arbeit aufnehmen. Pater Dimpfmaier kann dem „Garaus“ des Gebäudes allerdings auch ein großes Plus abgewinnen: „Die barocke Klosteranlage kommt dann wieder besser zur Geltung“.

Dies sei für das Landesamt für Denkmalpflege von Anfang an einsichtig und erstrebenswert gewesen. Auf dem freien Areal soll eine Parklandschaft entstehen. Da klärt Anton Dimpflmaier gleich auf: „Parklandschaft hängt mit Natur und mit Grün zusammen, also nicht ausschließlich mit betonierten Parkplätzen“.

Bevor jedoch tatsächlich der Abriss in Angriff genommen wird geht es noch ans Eingemachte, und dies im wahrsten Sinne des Wortes. Die ehemalige Hauskapelle des Juvenats, heute Musiksaal des Gymnasiums, beherbergt nämlich einen kleinen Schatz wie Musiklehrer Martin Gutensohn gerne verkündet: „Bei uns steht eine Orgel aus dem Jahre 1913. Sie stammt aus dem damals berühmten Orgelbaubetrieb H. Koulen & Sohn“.

Musiklehrer Martin Gutensohn an der über einhundert Jahre alten Orgel, die ins Orgelzentrum nach Valley wandern darf.

Das Musikinstrument sei sogar mit einem Alleinstellungsmerkmal ausgestattet. Das hölzerne Orgelprospekt bemalte nämlich einst Frater Max Schmalzl, der sich in der christlichen Kunst dem Nazarenerstil widmete. Auf schmalen Paneelen sind musizierende Engel, Personen aus dem Alten Testament und Heilige mit besonderem Bezug zur Musik zu sehen. Martin Gutensohn freut sich, dass die Orgel samt Prospekt nach dem Abbau ins Orgelzentrum Valley zu Sixtus Lampl wandern darf.

Dr. Anton Dimpflmaier wird auch die historische Türe, die in den Musiksaal führt, erhalten.

Die historische Türe zum Musiksaal kommt ebenfalls nicht unter den Hammer. „Was mit der Türe genau geschieht wissen wir noch nicht. Sie bleibt jedenfalls dem Kloster erhalten“, bekräftig Pater Dimpflmaier. Von Kirchenmaler Max Schmalzl, der 1930 im Kloster Gars verstorben ist, stammen auch die religiösen Malereien im Musiksaal, die dann für immer verschwunden sein werden.

Doch auch hier gibt es Trost wie Anton Dimpflmaier unterstreicht: „Wir verfügen im Klosterbereich sowie in der näheren und weiteren Umgebung wie etwa in der Pfarrkirche Kraiburg über hervorragend erhaltene Fresken und weitere künstlerische Arbeiten von Frater Max Schmalzl“. Außerdem werde gerade die Deckenmalerei im Musiksaal fotodokumentarisch festgehalten und so gehe sie der Nachwelt nicht verloren.

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