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Pater vom Kloster Gars

Doktortitel mit 90 Jahren: Warum Augustin Schmied 65 Jahre an seiner Dissertation schrieb

Dr. theol. Augustin Schmied hat mit 90 Jahren seine Doktorarbeit fertiggestellt  nach 65 Jahren Arbeit.
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Dr. theol. Augustin Schmied hat mit 90 Jahren – nach 65 Jahren Arbeit – nun seine Doktorarbeit fertiggestellt.

Frisch gebackener Doktor mit 90 Jahren: Pater Augustin Schmied vom Kloster Gars hat vor wenigen Tagen seine Doktorarbeit abgegeben - nach 65 Jahren. Warum das so lange gedauert hat – und wie ihn sein Bücherregal nicht nur geistig, sondern auch körperlich fit hält.

Gars - Den Rummel um seine Person findet Augustin Schmied, frisch gebackener Doktor der Theologie, eigentlich etwas übertrieben. Andere seiner Altersgenossen, so betont der 90-jährige Redemptoristenpater, würden doch auch Leistungen erbringen. Sie besteigen hohe Berge oder betreuen ihre Urenkel. Und 95-Jährige seien am Leben, die den Zweiten Weltkrieg und das Konzentrationslager überstanden haben. Dass ein heute 90-Jähriger sein im Jahr 1958 begonnenes Doktoratsstudium nach 65 Jahren jetzt erfolgreich zum Abschluss brachte, darf aber dennoch als außergewöhnlich wenn nicht sogar als einmalig bezeichnet werden.

Am Donnerstag, 11. Mai, konnte der Ordensmann bei der „defensio“ an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Innsbruck seine im November 2022 verfasste Doktorarbeit erfolgreich vorlegen. Für die heutigen Studenten sei er wohl kein Vorbild, meint Pater Schmied schmunzelnd, denn normalerweise brauche niemand sechs Jahrzehnte um eine Doktorarbeit anzufertigen. Einen Doktor-Titel hat der Redemptorist aber bereits seit 2008 in der Tasche. Damals verlieh ihm die katholisch-theologische Fakultät der Universität Erfurt für seine Verdienste die Ehrendoktorwürde. .

Augustin Schmied wurde am 26. Oktober 1932 in Deutsch Wernersdorf Kreis Braunau/Böhmen geboren. Nach dem Abitur, das er in Günzburg ablegte, trat er 1952 in Gars dem Redemptoristenorden bei. „Zwei meiner Onkel gehörten bereits diesem Orden an. Wahrscheinlich gab dies für mich den Ausschlag ebenfalls Redemptorist zu werden“, glaubt Schmied. Im Jahre 1957 wurde der Ordensmann in Gars zum Priester geweiht. Weil er für ein Lehramt an der damaligen Hochschule in Gars vorgesehen war, begann Schmied 1958 in Innsbruck unter dem berühmten Jesuiten und Konzils-Theologen Karl Rahner (1904 bis 1984) sein Doktoratsstudium.

Keine Zeit für die Doktorarbeit

In diesen Studienjahren erfüllte Pater Schmied souverän alle notwendigen Voraussetzungen für die Promotion. Lediglich die Abgabe der Doktorarbeit stand noch aus. Betreut und erstbegutachtet wurde die Arbeit später vom Rahner-Experten Professor Roman Siebenrock. Bereits 1961 rief der Orden Pater Schmied wieder zurück nach Gars, um dort an der Philosophisch-Theologischen Hochschule die Vorlesungen im Fach Dogmatik zu übernehmen. Da blieb keine Zeit mehr für die Fertigstellung der Doktorarbeit. Später ging es nahtlos über in die Dozententätigkeit am Institut für Lehrerfortbildung in Gars. „Das Thema der Dissertation hatte ich natürlich immer irgendwo im Hinterkopf“, bekräftigt Augustin Schmied, obwohl er sich dem Projekt, das er über Jahrzehnte als Buchmanuskript führte, oftmals gar nicht widmen konnte. Aufgrund seiner vielen Aufgaben wurde die Doktorarbeit aufgeschoben, aber niemals aufgehoben.

Das Thema „nie aus den Augen verloren“

Der heute 90-Jährige war unter anderem lange Jahre als Schriftleiter von „Theologie der Gegenwart“, einer renommierten Fachzeitschrift für aktuelle theologische Fragestellungen tätig. Er blieb so weiterhin theologisch-wissenschaftlich am Puls der Zeit. Schmied wurde außerdem als theologischer Berater des in Würzburg angesiedelten Studienprogramms „Theologie im Fernkurs“ eingesetzt. Auch Lehrtätigkeiten an den Philosophisch-Theologischen Hochschulen in Hennef und in Sankt Augustin nahm der Pater wahr. Wie der Ordensmann erklärt: „Das von meinem Doktorvater Karl Rahner vorgeschlagene Thema für eine Dissertation Fides Implicita verlor ich niemals aus den Augen. Erst in jüngster Zeit konnte ich tatsächlich etwas Abschließendes verfassen“. Seine Dissertation erscheint demnächst in Buchform. Eine akademische Feier in Innsbruck findet zu einem späteren Zeitpunkt statt.

Vorbild Clint Eastwood?

Nach getaner und erfolgreicher Arbeit wird dem Senior im Kloster Gars trotzdem nicht langweilig. Der belesene Herr interessiert sich für Belletristik und hier besonders für Hans-Magnus Enzensberger. „Ich meditiere gerne und unternehme Spaziergänge in unserem wunderbaren Klostergarten“, so Schmied der augenzwinkernd verrät: „Am Bücherregal in meinem Zimmer wird´s dann sportlich. Ich mache Klimmzüge, oder zumindest recke und strecke ich mich ordentlich“. Einem Tässchen Kaffee zur rechten Zeit ist der freundliche Pater auch nicht abgeneigt. Und für Clint Eastwood scheint sich Dr. theol. Schmied ebenfalls ein bisschen zu begeistern. Der Grund dafür: Wie der Garser weiß, lässt der 92-jährige amerikanische Schauspieler sein Alter gerne hinter sich und macht weiterhin einfach das, was er am besten kann. Gibt es da etwa Parallelen zwischen den beiden älteren Herren? Der Redemptorist, mit einer großen Portion Humor gesegnet, lächelt bei dieser Frage und schweigt. Was ihm aber noch wichtig ist: „Selbstverständlich bete ich mehrmals am Tag, ich bin also nach wie vor gut beschäftigt“.

Thema der Doktorarbeit: fides implicita.


Pater Schmied durchleuchtete in seiner Dissertation die Bedeutung der „fides implicita“, also des einschlussweisen Glaubens für den Glaubensvollzug. Gewöhnlich wird im christlichen Glauben vor allem auf  ausformulierte christliche Grundüberzeugungen verwiesen (zum Beispiel das Apostolische Glaubensbekenntnis). Aber christlicher Glaube zeigt sich auch dann als „ganzer Glaube“, wenn dieser in den vielfältigen Formen der Liturgie gefeiert wird, wenn er – auch fragend und zweifelnd – ins Gebet genommen wird, wenn aus christlichem Geist heraus heilend und heilsam auf die Menschen zugegangen wird. Hier ist ein „Fehlen“ des ausdrücklichen, satzhaften Bekenntnisses kein Minus. Diese Sicht auf den Glauben weitet diesen auf vielfältige Lebensvollzüge, die offen sind für das Geheimnis Gottes in der Welt.

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