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12 Städte im Überblick

„Bedauerliche“ Situation: Woran es bei inklusiven Spielplätzen in Deutschland scheitert

Deutsche Städte „kümmern sich noch nicht genug um inklusive Angebote für Kinder“, sagt der Sozialverband VdK Deutschland. Eine neue Norm soll helfen.

Svenja Gluth grinst über beide Ohren und schubst das Karussell auf dem Spielplatz Onkel Rudi in Hamburg an. Möglich ist das nicht überall. „Ich habe noch nie so einen tollen inklusiven Spielplatz gesehen“, sagt die 30-jährige Rollstuhlfahrerin in einem Instagram-Video. Hier habe sie wirklich an jedes Spielgerät gekonnt.

„Es sollte unbedingt viel mehr solcher inklusiven Spielplätze geben“, findet Gluth und bedauert, dass ihre Tochter an diesem Tag nicht dabei war. Auch andere Nutzer in den Kommentaren unter ihrem Video finden, dass es viel zu wenig inklusive Spielplätze gibt. Aber stimmt das? BuzzFeed News Deutschland, ein Portal von Ippen.Media, hat sich das genauer angeschaut.

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Inklusive Spielplätze Wie sieht es in zwölf deutschen Großstädten aus?

BuzzFeed News Deutschland fragt zwölf deutsche Großstädte an, wie viele inklusive Spielplätze es bei ihnen gibt, wie viele in Planung sind und was sie daran hindert, mehr inklusive Spielplätze zu bauen. Die meisten antworten uns ausweichend oder geben wie Hannover an, dass sie „explizit inklusive Spielplätze“ nicht erfassen.

Frankfurt, München und Kiel betonen, Spielplätze schon seit Jahren mit „inklusiven Elementen“ zu planen. Bremen spricht davon, dass 90 Prozent der Spielplätze „ein Element der Barrierefreiheit“ aufweisen. Köln ist stolz auf 99 Prozent und Dresden darauf, dass alle Spielplätze über einen Zugang für Mobilitätseingeschränkte verfügen.

Lediglich fünf Städte nennen uns drei bis vier konkrete Beispiele für „inklusive Spielplätze“, bei einer Gesamtzahl von 180 bis 750. Neben der Finanzierung habe die Stadt vor allem ein „Flächenproblem“, erklärt Erfurt.

Wie inklusiv sind Deutschlands Spielplätze? Die Antwort ist ernüchternd.

Auch an der Definition von Inklusivität hapert es: Berlin findet, das Spielplatzwesen sei „vom Charakter her bereits inklusiv ausgerichtet“. Düsseldorf und Hamburg schreiben, dass Barrierefreiheit nicht bedeute, „dass jeder jedes Spielangebot gleich nutzen kann“. So sei das Karussell vom Spielplatz Onkel Rudi nicht automatisch inklusiv, weil es Kinder mit Gleichgewichtsproblemen nicht nutzen könnten.

Dresden bezeichnet den Hamburger Spielplatz, den Svenja Gluth so lobt, als „Leuchtturmprojekt“, das viel Geld koste und dessen Konzept sich nicht auf andere Spielplätze übertragen lasse. „Bisher ist Inklusion auf Spielplätzen keine messbare Größe“, kritisiert die Stadt. Das werde sich hoffentlich bessern, wenn bald eine neue DIN-Norm zu inklusiven Spielplätzen erscheine.

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VdK krisitert deutsche Städte – „kümmern sich nicht genug“

„Die Situation bei inklusiven Spielplätzen in Deutschland ist nicht zufriedenstellend“, sagt Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK BuzzFeed News Deutschland. Aussagen wie die, dass 99 Prozent der Spielplätze in Köln für Mobilitätseingeschränkte zugänglich sind, ist ein Null-Aussage“, ärgert sie sich. Entscheidend sei die Nutzbarkeit der Spielplätze, nicht die Zugänglichkeit.

Deutsche Städte und Kommunen „kümmern sich noch nicht genug um inklusive Angebote für Kinder“. Und das, obwohl der „Aufbau einer solchen Infrastruktur für Kinder mit Behinderungen immer wichtiger“ werde. „Da nun endlich die längst überfällige schulische Inklusion vorangetrieben wird, werden Kinder mit Behinderungen glücklicherweise vermehrt Teil von gemischten Freundeskreisen. Und die brauchen einen Ort zum gemeinsamen Spielen“, so Bentele.

Die Situation bei inklusiven Spielplätzen in Deutschland ist nicht zufriedenstellend.

Verena Bentele, VdK-Präsidentin

„Der Verweis auf vermeintliche Probleme bei der Messbarkeit von Inklusivität, wie es die Stadt Dresden anführt, erschließen sich uns als Sozialverband VdK nicht“, sagt Bentele. In Artikel sieben der UN-Behindertenrechtskonvention sei die gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen Leben für Kinder mit Behinderung „menschenrechtlich verbrieft“. Es gebe aus Sicht des VdK keine Notwendigkeit, auf neue Normen zu warten. „Die bestehenden Normen müssen lediglich konsequent umgesetzt werden.“

Das Problem sei, dass viele Kommunen, die Spielplätze anlegen, immer noch zu wenig darüber wüssten, wie man diese Normen umsetze. Dabei seien sie als öffentliche Körperschaften besonders an die Konvention gebunden. „Dieser Verantwortung müssen sie gerecht werden“, fordert Bentele.

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Inklusive Spielplätze: Neue DIN-Norm soll Abhilfe schaffen

Der Spielplatzprüfer Ulrich Paulig hat es sich zur Aufgabe gemacht, Deutschlands Spielplätze inklusiv zu machen. Er ist Teil des Expertenteams, das die neue Norm DIN/TS 18034-2 entwickelt hat, mit der Städte Spielplätze leichter auf Inklusivität prüfen können sollen. Sie ist seit dem 26. Januar 2024 erhältlich, bestätigt ein Sprecher des Deutschen Instituts für Normung (DIN).

Bisher seien nur wenig Prozente aller Spielplätze Deutschlands inklusiv. Selbst in der Vorreiterstadt Nürnberg liege die Zahl bei 300 öffentlich zugänglichen Spielplätzen im unteren einstelligen Bereich. Dabei sei es viel mehr eine Frage des Konzeptes und habe mit Fläche weniger zu tun, so Paulig. „Inklusiv ist wie schwanger“, erklärt der Spielplatzfachmann. „Ein bisschen gibts nicht.“

Ulrich Paulig hat es sich zur Aufgabe gemacht, Deutschlands Spielplätze inklusiv zu machen.

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„Wir müssen uns von Behinderungen lösen und Fähigkeiten und Fertigkeiten betrachten“

Paulig ist ganz in seinem Element, als er eine seiner 15 Brillen mit unterschiedlichen Sehbehinderungen aus der Schreibtischschublade zieht. Er hält sie vor die Webcam seines Computers. Das Bild unseres Videotelefonats wird schlagartig unscharf. „So sehen zehn Prozent Restsehvermögen aus“, sagt Paulig und betont, wie wichtig beispielsweise Kontrastfarben auf Spielplätzen seien. „Wir müssen uns von Behinderungen lösen und Fähigkeiten und Fertigkeiten betrachten“, fordert Paulig bei BuzzFeed News Deutschland.

Er hofft, dass es die neue Norm für Kommunen jetzt einfacher mache. „Wir geben den Städten ein Regelwerk an die Hand, um in sechs Stufen zu überprüfen, wie inklusiv ein Spielplatz ist“, sagt er. „Inklusion muss selbstverständlich werden. Wir machen niemandem einen Vorwurf nach dem Motto: Warum habt ihr nicht. Aber jetzt gibt es eine neue Norm, jetzt gibt es die Aufforderung zum Tanzen. Jetzt muss auch getanzt werden!“

Inklusive Spielplätze „bringen Vorteile für uns alle“

Svenja Gluth findet es „bedauerlich“, dass nur so wenige Spielplätze in Deutschland inklusiven Charakter haben. „Es geht nicht nur um das Recht von Kindern mit Behinderung, mitzuspielen, sondern auch um die Möglichkeit für Eltern und Großeltern mit Behinderungen, ihren Kindern Teilhabe zu ermöglichen“, sagt die Rollstuhlfahrerin BuzzFeed News Deutschland.

Svenja Gluth (hier mit Tochter) macht sich für Barrierefreiheit stark – auch bei Spielplätzen.

Natürlich könne nicht jeder Spielplatz einfach umgebaut werden. Gerade beim Austausch von alten Spielgeräten oder der Neuplanung, erwarte sie jedoch schon, dass Städte auf Inklusivität achten und damit die Teilhabe aller Menschen ermöglichen. „Das bringt Vorteile für uns alle“, ist sie sich sicher.

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Rubriklistenbild: © Shotshop/IMAGO

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