Was nach dem Einstieg des Brause-Riesen passiert
Red Bull, Roglic, Raubling: Das Rezept für das beste Radsport-Team der Welt?
Mit der sensationellen Verpflichtung von Primoz Roglic hat das Raublinger Radsport-Team Bora-hansgrohe den Angriff auf den Sieg bei der Tour de France erklärt. Jetzt steigt auch noch Red Bull als Mehrheitseigner ein. So sieht die Strategie für den Angriff auf die Weltspitze aus.
München – Das grüne Licht aus Wien war am Ende keine große Überraschung mehr. Es hatte sich schon geraume Zeit angedeutet, dass von Österreichs Wettbewerbsbehörde keine Widerstände gegen den Einstieg von Red Bull in den Radsport kommen würden. Und so ist es nun also klar, dass der Brausehersteller aus Fuschl bald das Sagen hat, bei Bora-hansgrohe, Deutschlands wichtigstem Radrennstall.
Red Bull übernimmt 51 Prozent
Jeweils 51 Prozent wird Red Bull an der, bislang alleine von Teamchef Ralph Denk geführten RD pro cycling GmbH & Co. KG sowie der RD Beteiligungs GmbH übernehmen. Über die Folgen wird im Hintergrund wohl noch längere Zeit verhandelt.
Klar ist immerhin schon jetzt: Denk selbst wird an Bord bleiben. „Ich werde das noch lange machen, ich kann ja nichts anderes“, scherzte er. Und nicht nur er, auch die bisherigen Geldgeber Bora, hansgrohe und Ausrüster Specialized werden den Weg in die neue Zeit mitmachen, wie Denk betont. Während sein Team auf Mallorca an den Grundlagen für die Saison schuftete, hatte Denk viele Gespräche mit den Partnern geführt. Die Daumen gingen nach oben.
Die Konsequenz der neuen Ehe ist leicht vorstellbar. Natürlich werden sich die Finanzen des Rennstalls spürbar verbessern. Bislang wurde das Budget der Raublinger auf knapp 20 Millionen Euro geschätzt. Zum Vergleich: Visma-Lease a Bike, das Ensemble von Tour-de-France-Champion Jonas Vingegaard, kann mit mehr als dem Doppelten wirtschaften. Die Verhältnisse werden sich nun verschieben. Was Visma-Manager Merijn Zeeman aber rundum positiv findet. „Es ist ein wichtiges Signal für andere große Unternehmen“, sagte der Niederländer im Gespräch mit dem Global Cycling Network (GCN). „Es hängt alles von ihrer Strategie ab, aber es ist wirklich gut für unseren Sport, dass sich große Unternehmen engagieren.“
Dabei ist nicht zu erwarten, dass das neue Radsport-Bündnis geradewegs um die großen Namen buhlen wird. Umso mehr als Spitzenkräfte wie Vingegaard, Remco Evenepoel oder Wout van Aert noch längere Zeit vertraglich gebunden sind. Die übergeordnete Idee ist ein Scouting-System, mit dem man sich die weltweit besten Radsport-Talente angeln will. Die Basis dafür hat man längst gelegt. Das „Auto Eder“ Junior-Team des Rennstalls ist für Ralph Denk schon jetzt „das Beste der Welt.“ Die erfolgreiche Nachwuchsarbeit soll nicht nur eine wesentliche Voraussetzung dafür gewesen sein, dass Red Bull sich gerade Bora hansgrohe herauspickte. Bei näherer Betrachtung ist sie schon ein erster Arbeitsnachweis der neuen Partner. Im Jugendbereich sind die Österreicher schon seit drei Jahren als Förderer an Bord.
Doch dabei wird es gewiss nicht bleiben, wenn es an die gemeinsame Personalplanung für die Zeit ab 2025 geht. „Ab und zu kann man ja auch etwas Verrücktes machen, so wie wir es ja schon getan haben“, sagte Denk mit Blick auf die jüngste Verpflichtung von Primoz Roglic. Mit dem Slowenen peilen die Raublinger ja schon jetzt den Toursieg an. .
Das ist per se schon eine große Errungenschaft in einer Szene, die sich immer mehr auf ein bis zwei Spitzenteams zu verengen schien. Nicht zuletzt der explodierenden Gehälter wegen. Im Schnitt 400 000 Euro sollen auf der World Tour derzeit in die Taschen der Fahrer fließen. In der Summe „rund 70 Prozent der Budgets“, wie Denk sagt. Nun findet er sich wohl bald selbst in der Topkategorie wieder. Gegen die Folgen, ein breiteres Spitzenfeld, hätte er nichts. „Das kann dem Radsport nur gut tun“, sagte er, „so wie es ja auch langweilig ist, wenn der FC Bayern zehn Mal hintereinander Meister wird.“