Kita-Ohrfeige erhitzt die Gemüter
Watschn-Diskussion geht weiter: „Einfach falsch“ oder „Hat null mit Gewalt zu tun“
Sie ist verboten, sie ist eindeutig unter Gewalt zu verorten und dennoch ist sie immer noch salonfähig: die Ohrfeige, der Klaps, Watschn in der Kindererziehung. Unsere Redaktion haben wieder viele Zuschriften erreicht, die völlig konträr mit dem Thema umgehen.
Kaum ein Thema hat die Gemüter in letzter Zeit unserer Leser so erregt, wie die Ohrfeige, die ein Bub in einer Kita im Kreis Ebersberg von seiner Erzieherin bekommen hat. Zuvor hat der sechsjährige provoziert, der Kindergärtnerin sind die Nerven durchgegangen. (Unser Partnerportal merkur.de und ovb24.de berichteten ausführlich)
Viele Leser haben den Artikel kommentiert, in den Sozialen Netzwerken und per Mail - und das teils mit sehr unterschiedlichen Ansichten. Auch die Leserumfrage zeigt: die Ansichten, ob der Klaps oder die Ohrfeige keinem schaden, oder eben doch, liegen nah beieinander:
Gesetzeslage ist eindeutig
Dabei ist die Debatte darüber grundsätzlich nichtig. Einem Kind eine Ohrfeige verpassen, fällt unter Gewaltanwendung und ist in Deutschland gesetzlich verboten: Jede Form körperlicher Bestrafung, einschließlich einer Ohrfeige oder eines Klapses auf den Po, ist gemäß § 1631 BGB unzulässig. Eine Ohrfeige erfüllt den Straftatbestand der Körperverletzung nach § 223 StGB2. Dies gilt sowohl für das eigene als auch für fremde Kinder.
Dennoch findet diese Diskussion statt, im Leserforum, bei Facebook, per Mail. Viele haben selbst Gewalterfahrungen in ihrer Kindheit gemacht und sind der Meinung, dass diese durchaus gerechtfertigt waren. Andere wiederum können diese Haltung nicht verstehen.
Ein Ausschnitt aus den Leserbriefen:
Maria:
Niemand verhält sich immer perfekt, blöde Dinge können passieren. Sie sollen nicht, aber sie können. Das Ganze gehört gemeinsam friedlich geklärt und jede Seite gehört ernst genommen und angehört. Konsequenzen müssen erfolgen (für Kind und Erzieherin), das steht außer Frage. Aber ohne jegliche Kommunikation von ihrer Seite wirft das leider kein gutes Licht auf die KiTa. Man sollte zumindest gesprächsbereit bleiben.
Claudia Fehrenbach:
Ich bin grundsätzlich gegen Gewalt jeglicher Art in der Erziehung u bei Kindern. Trotzdem würde ich die Erzieherin nicht verurteilen. Wie beschrieben war es im Affekt. Klar sie ist erwachsen u Fachkraft, und doch immer noch ein Mensch mit Emotionen, die positiv wie negativ in uns verankert sind. Wurde sie z. B. angespuckt, kann dies ausnahmslos jedem von uns passieren. Eine Handlung im Affekt nicht der gutmütigste Mensch kann da garantieren, dass es ihm nicht passiert. Und nochmal, ich bin absolut gegen Klaps etc…jedoch stehe ich nicht hinter völlig antiautoritärer Erziehung, damit meine ich, das Grenzen klar gesetzt werden müssen. Wenn nicht von Erwachsenen von wem sollen Kinder es lernen? Man sieht mittlerweile, zu welch respektlosen Verhalten das führt u das ein ganzes Leben. Zunehmend Kinder, die psychologische Hilfe benötigen (siehe Fallzahlen)u auch vor fremden kaum noch Respekt zeigen. (...)
Andreas Katozka
Schadet sicher nicht! Ich bin zwar sehr wenig geohrfeigt worden und auch meist sehr harmlos, aber jede einzelne hab ich sicher erbettelt. Ich finde diese laissez-faire Erziehung für vollkommen daneben. Kinder müssen Grenzen wissen und akzeptieren lernen. Aber das ewige sinnlose Rumgebettel an den Kindern hat noch nie geholfen. Allerdings, wir reden von harmlosen Ohrfeigen, von einer Watschn! Keine Schläge wo man danach grün und blau ist. Das bleibt selbstverständlich verachtenswert und bringt sicher nichts Positives. Die Ohrfeige, bei kleineren Kindern der Klaps auf den Po, helfen bestimmt zu erkennen, dass man den Bogen überspannt hat und den vorherigen Warnsignalen nicht geglaubt hat. Das ewige bitte bitte sei lieb und brav finde ich eher lächerlich und inkonsequent. Kenne kein Beispiel wo es funktioniert hat. Dennoch sollte der Konflikt immer erst mit „bereden“ anfangen und die Ohrfeige wirklich das letzte Mittel sein!
Tanja Hellfeuer
Und wie das schadet. Ich selber bin zum Glück gewaltfrei aufgewachsen. Aber man muss nicht Mediziner sein um zu wissen, dass eine Erwachsenenhand einen großen Schaden an Kindes Körper anrichten kann. z. B. bei einer Ohrfeige. Auch wen es „nur“ leicht ist. Der Nacken fangt das alles auf und es kann zu Spätfolgen kommen. Egal wie man es dreht und wendet oder sich schönredet. Nein. Einfach nein. Und diejenigen, die es in ihrer Kindheit selber erfahren mussten und heute sagen „Ja mei. War halt so“ die kennen es eben nicht anders und haben leider damit leben gelernt.
Klaus
Wenn mich ein Kind anspucken würde, bekäme es einen Klaps auf den Mund. Natürlich schmerzfrei. Ein Erwachsener bekäme Schmerzen.
Anna Katharina Haberl
Ich habe immer mal wieder Watschen bekommen und es hat weder mir noch der Beziehung zu meiner Mutter geschadet. Dennoch finde ich es einfach falsch. Mit Watschen erreicht man vor allem, dass ein Kind Angst bekommt und warum sollte ich wollen, dass mein Kind Angst vor mir hat? Ich möchte meinem Kind vor allem Liebe und Sicherheit geben.
Reinhard Zellhuber
Ich persönlich finde eine Ohrfeige nicht schlimm, denn eine Ohrfeige hat absolut 0,00 mit Schlagen und Gewalt zu tun. Eine Ohrfeige ist dazu da, einem Kind, das auf Worte absolut null reagiert und nur noch mehr rumbrüllt oder nur noch mehr die Eltern beschimpft, wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Was sollte denn ein Elternteil machen, dessen Kind in Kiga oder Schule von anderen Kindern so einiges aufschnappt und sich dann völlig daneben benimmt, aber das über Worte nur lacht, oder wie gesagt einfach weitermault oder schreit, soll man dann als Eltern einfach gar nicht reagieren, so dass das Kind das als Freibrief wertet? Da ist eine Ohrfeige dann einfach dazu da, um auch mal zu zeigen, dass nicht alles durchgeht und alles nach dem Willen des Kindes geht. Schaut doch nur mal in die Städte wie sich da Kinder heutzutage aufführen, die zeigen noch nicht mal Respekt gegenüber der Polizei, geschweige denn dass die in Bussen oder Bahn ältere Menschen hinsetzen ließen, lieber sitzen sie zu zweit auf nem Viererplatz und legen gegenüber ihre dreckigen Füße auf die Sitze und beschlagnahmen so zu zweit 4 Plätze… (...) eines muss man schon ganz klar sagen, die früheren Generationen hatten bei weitem mehr Anstand und a normalere Einstellung, unterstützten und halfen sich gegenseitig viel mehr und besser als heute, wenn da die Eltern, a Oma, a Opa, a Nachbar oder a Bekannter Hilfe brauchten wurde ganz selbstverständlich geholfen, was heute teilweise gar nicht mehr gemacht wird.
Marie-Claire Wegener
Und ihr glaubt ernsthaft, dass das alles nur ein Erziehungsfehler ist? Das ist so selbstgerecht, dass es beschämend ist. Wie sich hier alle ergötzen, was tolles aus ihren Kindern geworden ist. Ich finde es ist ein Versagen von beiden Seiten. Die Eltern haben es offensichtlich nicht besser können oder waren überfordert und die Betreuerinnen, ist ja nicht nur eine, haben wohl zu spät interveniert. Doppelt blöd für das Kind. Ich habe selbst solche Kinder erlebt und das Versagen von allen Beteiligten gesehen. Da wird lieber hinter verhohlener Hand gelästert, von allen Muttis und Vätern, als dass einer mal versucht Hilfe anzubieten oder ähnliches. Seid froh, dass eure Kinder diese Probleme nicht hatten, hört auf zu zu behaupten, zwei drei ‚Watschn‘ hätten das Problem gelöst, weil Erziehung mehr ist als Regulierung. Aber immer schön mit dem Finger auf andere zeigen, die vielleicht Probleme haben, die ihr nicht mal erahnen könnt um sich selbst zu erhöhen
Wie sind Eure Erfahrungen?
Ohrfeige, Watschn - gar Prügel oder andere Strafen? Wie habt Ihr das in Eurer Kindheit erlebt? Wurdet Ihr liebevoll erzogen oder leidet Ihr noch heute unter der Erziehung Eurer Eltern?
Viele Erzieherinnen berichten von auffälligen, lauten und nicht selten komplett unerzogenen Kindern, ein Phänomen, das es so früher nicht gab. Woran liegt das Eurer Meinung nach? Schreibt uns an leserbriefe@ovb24.de (Kennwort „Watschn“), mit Eurem Namen und Eurem Wohnort und am besten noch mit einem Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt Namen und Wohnort anschließend in einem entsprechenden Artikel. Anm. der Red.: Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften entsprechend zu kürzen oder die Veröffentlichung gegebenenfalls ohne Angabe von Gründen zu verweigern. (si)